Marktausblick

BayernLB ist skeptisch für deutsche Aktien

Die Bayerische Landesbank rechnet zunächst mit Kursrückgängen im Dax. Nach Ansicht von Chefvolkswirt Jürgen Michels sind die Schätzungen für die Unternehmensgewinne zu hoch.

BayernLB ist skeptisch für deutsche Aktien

BayernLB ist skeptisch
für deutsche Aktien

Chefvolkswirt Michels: Gewinnschätzungen sind zu hoch

jh München

Die Bayerische Landesbank rät Investoren vorerst zur Zurückhaltung auf dem deutschen Aktienmarkt. Jürgen Michels, der Chefvolkswirt der BayernLB, sagte am Montag in einem Pressegespräch, die Schätzungen für die Gewinne der Unternehmen hierzulande im kommenden Jahr seien noch etwas zu optimistisch: "Das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist nicht so niedrig, wie es aktuell geschätzt wird." Das KGV für den Dax steht derzeit etwa bei 11. Michels hält das gemessen an den von ihm erwarteten künftigen Gewinnen für einige Prozentpunkte zu niedrig.

Deutlich zuversichtlicher hatte sich in der vergangenen Woche die DZ Bank geäußert. "Der Dax ist geradezu ein Schnäppchen", sagte Chef-Aktienstratege Sven Streibel mit dem Hinweis auf eine historisch niedrige Bewertung. Michels rechnet dagegen nach der Rally seit Ende Oktober mit einer Korrektur der Kurse. Er begründet dies unter anderem damit, dass sich die Konjunktur in den USA möglicherweise abkühle: "Ein Cooling down ist nicht eingepreist."

Jähes Ende möglich

Zudem verweist er darauf, dass Anleihen dank der Zinswende wieder eine Alternative zu Aktien seien. Eine Aktienrally zum Jahresende sei zwar möglich, fügte Michels hinzu. "Die könnte mit der Sitzung der Fed im Dezember aber jäh enden." Der nächste Termin der US-amerikanischen Notenbank steht am 13. Dezember an.

Eine Belastung auch für deutsche Aktien erkennt Michels in den USA nicht nur in der Abkühlung der Konjunktur, sondern ebenso wegen der Präsidentschaftswahlen im kommenden Jahr. Der Volkswirt erinnert an den "presidential election cycle". Von der Mitte des Jahres vor einer Wahl bis zur Mitte des Wahljahres hätten sich die Aktienmärkte in der Vergangenheit relativ schwach entwickelt.

"Als Beimischung interessant"

Alles in allem empfiehlt Michels, sich erst im Verlauf des ersten Halbjahres 2024 oder an dessen Ende zu positionieren. "Dann könnte für Investoren die Aktie als Beimischung wieder interessant werden." Die Research-Abteilung der BayernLB nimmt an, dass der Dax im November 2024 bei 16.900 Punkten steht. Verglichen mit dem aktuellen Niveau wäre das ein Anstieg um etwa 5,5%. Zunächst wird der Index aber nach Einschätzung der Landesbank bis Februar um etwa 400 Punkte auf 15.600 nachgeben.

Zinssenkung erwartet

Die erwartete Erholung in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres begründet Michels mit der ersten Zinssenkung der Fed, die er für Mitte 2024 erwartet. Mit dem ersten Schritt in diese Richtung werde die Europäische Zentralbank (EZB) dann am Jahresende 2024 folgen. Trotz der Signale aus der EZB, die Leitzinsen weiter zu erhöhen, falls dies notwendig sein sollte, rechnet Michels nicht damit.

Aus seiner Sicht müsste die Zentralbank nur nachlegen, wenn die Löhne weiterhin deutlich stiegen. Aktuell gehe die Höhe der Lohnforderungen aber zurück. Zudem seien die Effekte der restriktiven Geldpolitik angekommen: Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage schwäche sich ab, die Arbeitslosigkeit nehme leicht zu.

Ölpreis als Risiko

Selbst wenn sich der Konflikt im Nahen Osten verschärfen sollte und der Preis für Rohöl stark stiege, "würde die EZB eher stillhalten". Denn dann käme zum Preisschock die Bremswirkung höherer Zinsen hinzu. Dagegen könnte aus Michels' Sicht die Fed die Zinsen in einem solchen Szenario eher erhöhen, da die USA ein Nettoexporteur von Öl seien.

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