Bei Springer ist ein Verkauf an KKR attraktiv
Von Dieter Kuckelkorn, FrankfurtIm Aktionariat von Axel Springer stehen einschneidende Änderungen an. Der amerikanische Finanzinvestor KKR hat am 12. Juni für den Free Float ein Übernahmeangebot von 63 Euro je Aktie unterbreitet, das um etwa 40 % oberhalb des letzten von der Ankündigung des KKR-Interesses an Springer noch unbeeinflussten Aktienkurses liegt. KKR bietet damit für 55 % der Aktien, da die Verlegerwitwe Friede Springer (42,6 % der Aktien) und der CEO Mathias Döpfner (2,8 %) ihre Aktien behalten, der Free Float 44,8 % beträgt und die Springer-Enkel, die 9,8 % halten, wohl noch nicht über einen Verkauf entschieden haben. Präsentiert wurde die Ankündigung zeitgleich mit einer Gewinnwarnung. Die Schätzungen des Managements für Umsatz und Gewinnwachstum wurden nach unten korrigiert. Klare StoßrichtungDie Analysten haben auf die Ankündigung reagiert, indem sie ihre Kursziele auf die genannten 63 Euro oder leicht unter diesem Wert nach oben korrigierten. Der von Bloomberg ermittelte Durchschnitt der Kursziele von 16 Banken liegt aktuell bei 60,54 Euro. Auch wenn sich viele Analysten mit einer konkreten Empfehlung zur Annahme des Angebots noch zurückhalten, solange es noch keine Angebotsunterlagen gibt, die Stoßrichtung der Meinungen der Analysten zeichnet sich bereits ab: Mehr als die 63 Euro, die von KKR geboten werden, sind für die Aktionäre auf Sicht von zwölf Monaten wohl nicht drin.Dass KKR das Angebot noch weiter erhöht, ist angesichts der hohen Prämie und der niedrigen Annahmeschwelle von nur 20 % eher unwahrscheinlich. Aktuell raten 13 Analysten dazu, die Aktie zu halten. Es gibt nur eine einzige Kaufempfehlung und zwei Häuser legen ihren Kunden nahe, die Aktie zu veräußern.Eines der letztgenannten Häuser ist die Nord/LB. Analyst Holger Fechner hat sich bereits festgelegt: “Angesichts der derzeit erwarteten Geschäftsentwicklung, die durch die abermalige Anpassung der Prognose untermauert wird, ist das Kursniveau um die 63 Euro für kurz bis mittelfristig agierende Anleger lukrativ.” Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des Empfehlungshorizonts rate er zum Verkauf der Aktie. Allerdings könnten sehr langfristig denkende Investoren an die Zielrenditen von KKR denken und bei dem Medienkonzern am Ball bleiben. Sie sollten allerdings an die durchschnittliche Haltedauer der Beteiligungen von KKR denken, die bei acht Jahren liege. Hohe Renditen erwartetWas die erwähnten Zielrenditen betrifft, so spielt Fechner offenbar darauf an, dass Private-Equity-Investoren wie KKR gewöhnlich Renditen von mindestens 15 % gemessen an der Internal Rate of Return verlangen. Woher derartige Renditen bei Springer kommen sollen, ist allerdings unklar. Um ein klassisches Leveraged Buy-out scheint es sich – noch fehlen die Unterlagen – nicht zu handeln. Von einem Squeeze-out und Delisting ist (noch?) nicht die Rede (vgl. BZ vom 14. Juni). Eine Holding, an die die Dividenden gehen und die die Verschuldung aufnimmt, ist bislang auch nicht angekündigt worden – ebenso kein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Eine bei Private Equity übliche Abwälzung der Verschuldung auf das Kaufobjekt ist bei börsennotierten Unternehmen kaum zu machen und auch “Superdividenden” sind eher unrealistisch, weil Axel Springer erklärtermaßen stärkeres Wachstum generieren soll. Stärkung des WachstumsSomit läuft es darauf hinaus, dass die wachstumsstarken Sparten – also im Wesentlichen die Digitalaktivitäten und das digitale Kleinanzeigengeschäft – ausgebaut werden sollen, wobei aber die sonst bei Private-Equity-Engagements übliche Vorgehensweise der Abspaltung der schwächeren Aktivitäten – hier das klassische Verlagsgeschäft – ausgeschlossen wird. KKR könnte Finanzmittel für Akquisitionen beisteuern und als stabiler Ankerinvestor dazu beitragen, dass sich das Management weniger stark auf die Erzielung kurzfristig höher Gewinne konzentrieren kann.Somit ermöglicht der KKR-Einstieg wohl die Fortsetzung der bisherigen Wachstumsstrategie von CEO Döpfner, die aber bei den Anlegern nicht besonders gut angekommen war: Gegenüber dem Hoch vom Februar 2018 von etwas mehr als 73 Euro ist der Kurs bis unmittelbar vor der Bekanntgabe der Einstiegspläne von KKR auf rund 46 Euro gesunken. Anpassung der ErwartungenDie neuerliche Anpassung der Erwartungen des Vorstands für das Gesamtjahr nach unten wird übrigens mit der konjunkturellen Lage und der geplanten Digitalsteuer in Frankreich begründet. Die Korrektur betrifft nicht nur das laufende Jahr 2019. Nach Angaben von Chief Financial Officer Deutz soll die Wachstumsstrategie im kommenden Finanzjahr 2020 zu einem weiteren deutlichen Rückgang des Ergebnisses führen. Für die nächsten Jahre ist von “erheblichen Investitionen in Mitarbeiter, Produkte, Technologie und Marken” die Rede.Die Analysten der Deutschen Bank nahmen das zum Anlass, ihre Schätzungen für das bereinigte Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) gegenüber ihren bisherigen Erwartungen für 2019 um 3 % und für 2020 um 13 % nach unten zu korrigieren. Für die beiden Geschäftsjahre liefe das dann auf einen Rückgang des adjustierten Ebitda um jeweils 3 % hinaus. Die Zahlen für 2021 sollen nach den Vorstellungen des Managements dann deutlich besser aussehen – bis dahin kann allerdings noch viel geschehen.Ob die Umsetzung der Wachstumsstrategie des Vorstands mit Blick auf die zukünftige Entwicklung des Aktienkurses Anlegern eine bessere Perspektive bietet als ein Verkauf der Aktie zum gegenwärtigen Kurs oder im Rahmen des Angebots an KKR, darf daher bezweifelt werden.