GastbeitragAnlagethema im Brennpunkt (334)

Sachanlagen gehören in ein Stiftungsportfolio – trotz Comeback des Zinses

Gerade Stiftungen sollten aufgrund ihres sehr langfristigen Anlagehorizonts den Vorteil von Anlagen mit Sachwertcharakter nutzen, um höhere Renditen zu erzielen.

Sachanlagen gehören in ein Stiftungsportfolio – trotz Comeback des Zinses

Gastbeitrag: Anlagethema im Brennpunkt (334)

Sachanlagen gehören in ein Stiftungsportfolio – trotz Comeback des Zinses

Die Anlage von Stiftungsvermögen ist von drei wesentlichen Zielsetzungen geprägt: der Erwirtschaftung ausreichender Erträge zur Finanzierung des Stiftungszwecks, der Erhaltung des Stiftungskapitals und der Ausrichtung auf Ewigkeit. In der Folge von Null- bzw. Negativzins mussten viele Stiftungen ihre Anlagestrategie anpassen und konnten sich nicht mehr allein auf die Zinserträge ihrer festverzinslichen Wertpapiere verlassen, sondern benötigten alternative Ertragsquellen. So wurden im liquiden Bereich die Aktienquoten erhöht und im illiquiden Bereich vermehrt auf Immobilien oder Anlagen in Infrastruktur oder Private Debt gesetzt.

Die Zinsen sind jedoch zurückgekehrt und traditionelle festverzinsliche Wertpapiere stellen nach Jahren niedriger oder sogar negativer Renditen wieder eine attraktive Anlageklasse dar. Angesichts von 3–4% Zinsen für Festgeld oder Anleihen guter Bonität aus dem Euroraum wie Staatsanleihen oder Pfandbriefe können Stiftungen mit solchen Anlagen wieder auskömmliche ordentliche Erträge erzielen.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob Stiftungen generell wieder verstärkt auf klassische Anleihen setzen sollten. Auch wenn Termingelder und kurzlaufende Anleihen derzeit attraktiv erscheinen, besteht bei einem voraussichtlich wieder sinkenden Zinsniveau ein nicht unwesentliches Wiederanlagerisiko. Fraglich ist, ob bei der von uns erwarteten strukturell höheren Inflation und erhöhter Inflationsvolatilität in der kommenden Dekade mit kurzfristigen Zinsanlagen ein dauerhafter Kaufkrafterhalt und damit ein realer Erhalt des Stiftungskapitals möglich ist.

Gerade Stiftungen sollten aufgrund ihres sehr langfristigen Anlagehorizonts den Vorteil von Anlagen mit Sachwertcharakter nutzen, um höhere Renditen zu erzielen. Aktien bieten langfristig ein höheres Renditepotenzial, weisen aber bekanntermaßen auch höhere Schwankungen auf. Gerade Anlagestrategien, die auf planbare und verlässliche Dividendenzahlungen ausgerichtet sind, können hier vorteilhaft sein.

Bis vor kurzem war jedoch nur ein Teil des Aktienmarktes für Stiftungen attraktiv. Aktien von wachstumsstarken Unternehmen, etwa aus dem KI-Bereich, blieben außen vor, da diese in der Regel keine Dividenden ausschütten. Zudem werden auf dem US-Aktienmarkt generell Aktienrückkäufe gegenüber Dividenden bevorzugt – ein Nachteil für Stiftungen im Hinblick auf regionale Diversifikation und Beteiligung an den erfolgreichsten Unternehmen. Die Stiftungsreform schaffte hier Abhilfe. Seit 1. Juli 2023 können Stiftungen neben den ordentlichen Erträgen aus Dividenden auch realisierte Kursgewinne grundsätzlich für den Stiftungszweck verwenden.

Illiquide Anlagen wie z. B. Infrastrukturinvestitionen dürften bei einem langfristigen Anlagehorizont weiterhin ihr höheres Renditepotenzial ausspielen. Zwar stehen deren Bewertungen aufgrund des Zinsanstiegs derzeit etwas unter Druck, dennoch weisen sie einen nachhaltigen Renditevorteil gegenüber liquiden festverzinslichen Anlagen auf. Die oftmals an die Inflationsrate gekoppelten Erträge führen insbesondere in einem Umfeld strukturell höherer Inflationsraten zu einem natürlichen Vorteil. War dieses Segment bisher eher institutionellen Anlegern vorbehalten, so haben nach der Überarbeitung der Eltif-Regelung nun auch kleinere Stiftungen Zugang zu diesen illiquiden Anlagen.

Nach dem Comeback der Zinsen trägt der Rentenanteil eines Portfolios wieder erkennbar positiv zum Gesamtertrag eines Stiftungsportfolios bei. Dennoch sollten neben den reinen Diversifikationsvorteilen auch die Renditevorteile sowie der Sachwertcharakter anderer Assetklassen in einem Umfeld mit strukturell höherer Inflation und deutlich steigenden Staatsverschuldungen für langfristig orientierte Stiftungen berücksichtig werden.

Oliver Brunner

Leiter Portfoliomanagement Multi Asset Income & ESG bei Berenberg