GELD ODER BRIEF

BMW fällt in der Gunst der Anleger zurück

Von Stefan Kroneck, München Börsen-Zeitung, 12.7.2019 BMW war einst der Liebling der Analysten. Research-Häuser empfahlen die Stammaktie mehrheitlich zum Kaufen. Über lange Zeit übertrumpfte das Papier in der Kursentwicklung den Dax. Doch das ist...

BMW fällt in der Gunst der Anleger zurück

Von Stefan Kroneck, MünchenBMW war einst der Liebling der Analysten. Research-Häuser empfahlen die Stammaktie mehrheitlich zum Kaufen. Über lange Zeit übertrumpfte das Papier in der Kursentwicklung den Dax. Doch das ist Vergangenheit. Der Münchner Autokonzern ist in der Gunst der Anleger zurückgefallen. Seit Anfang 2016 öffnete sich eine Schere zwischen dem deutschen Leitindex und dem Titel. Der Anteilschein rutschte ab. Seitdem büßte die Aktie 30 % an Wert ein, während der Dax ein Viertel zulegte. Dieser Trend hält an. Seit Anfang 2019 ging der Titel um 10 % in den Keller. Bei einem Kurs von 65,43 Euro (Donnerstag) kommt BMW auf eine Marktkapitalisierung (inklusive stimmrechtloser Vorzugsaktien) von 42,7 Mrd. Euro.Der angekündigte Rücktritt von Vorstandschef Harald Krüger vor einer Woche löste keine Gegenbewegung der Aktie aus. Offensichtlich hängt nach Ansicht der Investoren die Kursentwicklung nicht davon ab, wer den Konzern führt. Jedenfalls gibt es vom Markt für einen Nachfolger, den BMW üblicherweise aus den eigenen Reihen rekrutiert, derzeit keine Vorschusslorbeeren. Produktionsvorstand Oliver Zipse werden die besten Chancen nachgesagt, den scheidenden CEO zu beerben. Zipse ist aus dem gleichen Holz geschnitzt wie Krüger, der zuletzt mit empfindlichen Rückschlägen in der Profitabilität kämpfen musste. Viele Gründe für KursverfallDie Gründe für den Kursverfall sind vielfältig. Es ist eine Mischung aus externen und internen Faktoren. 2018 endete die Rekordfahrt des Konzerns in Bezug auf das Ergebnis. Als BMW Ende September vorigen Jahres ihr Gewinnziel kappte, reagierten die Anleger vergrätzt. Die Stammaktie brach um 5,9 % ein. Hohe Belastungen infolge des Handelskonflikts zwischen den USA und China (höhere Zölle) und ein Preisdruck in der Branche aufgrund der aufwendigen Umstellung auf das Abgasprüfverfahren WLTP setzten zu. Der Rückgang des Jahresnettogewinns um 17 % auf 7,2 Mrd. Euro sorgte dafür, dass die Konzernverwaltung die Dividende erstmals seit zehn Jahren kürzte. Diese sank für 2018 um 50 Cent auf 3,50 Euro je Stammaktie. Die Ausschüttungssumme fiel um 0,3 Mrd. auf 2,3 Mrd. Euro zurück. BMW überwies damit 32 (30) % des Überschusses an die Aktionäre.Für 2019 zeichnet sich ein erneuter Rückgang der Dividende ab. Zur Bilanzvorlage im März warnte der Vorstand vor einem weiteren Dürrejahr. Steigende Aufwendungen für Forschung und Entwicklung in den Zukunftsfeldern Elektroautos und autonomes Fahren dämpfen die Marge im Kerngeschäft. Als BMW Anfang April nach Börsenschluss einräumte, dass eine Rückstellung für eine drohende EU-Kartellstrafe von “über 1 Mrd. Euro” die Umsatzrendite im laufenden Jahr auf bis zu 4,5 (i.V. 7,2) % drücken könnte, büßte die Aktie am darauffolgenden Handelstag 2 % ein. Als BMW Anfang Mai berichtete, dass die gebuchte Rückstellung von 1,4 Mrd. Euro dazu führte, dass die Kernsparte im ersten Quartal einen operativen Verlust von 310 Mill. Euro verbuchte, ging der Titel zeitweise um 3,5 % in den Keller. Nach einer kurzweiligen Kurserholung, die die Aktie Mitte April bis auf 77,75 Euro hievte, sackte das Papier Anfang Juni auf bis zu 61,14 Euro ab. Dieses Niveau markierte ein 52-Wochen-Tief. Ziele gesenktDer Kursrückgang spiegelt auch den wachsenden Druck auf die Autoindustrie weltweit wider. Eine nachlassende Branchenkonjunktur infolge der US-Handelspolitik und die Folgen strengerer Abgasnormen in der EU dämpfen die Profitabilität der Hersteller. Um die künftig neuen EU-Richtwerte für den CO2-Ausstoß einzuhalten, intensivieren insbesondere die deutschen Autobauer ihr Angebot von Elektroautos. Das kostet viel Geld.Bernstein Research senkte dieser Tage ihr Kursziel für BMW um 10 Euro auf 75 Euro, bekräftigte aber ihre Einstufung mit “Market Perform”. Das US-Analysehaus begründete den Schritt mit der Gefahr rückläufiger Gewinne als Folge “notwendiger Maßnahmen”, um die CO2-Ziele einzuhalten. Allerdings geht Bernstein Research davon aus, dass BMW dank ihres profitablen Geschäfts in den USA und in China dabei besser abschneidet als der Wettbewerber Daimler. Ähnlich sieht das die Deutsche Bank. Das Institut senkte zwar ihr Kursziel für die Aktie jüngst um 5 Euro auf 80 Euro, hielt aber an der Kaufempfehlung fest. Dank neuer Modelle bestehe für BMW die Chance, gegenüber Daimler aufzuholen.Zurückhaltender äußerte sich die Schweizer Großbank UBS. Sie bestätigte ihre Einstufung für den Titel mit “Neutral” bei einem Kursziel von 74 Euro. Der sich abzeichnende positive Trend bei den Margen könnte wieder abebben, befürchtet die UBS. Rendite im BlickBMW-Finanzvorstand Nicolas Peter stellte zuvor ein besser laufendes zweites Halbjahr in Aussicht. Er begründete dies vor allem mit der Markteinführung neuer Modelle. Das kann den Absatz ankurbeln und damit das operative Ergebnis.Dies ist den Anlegern aber zu vage. Sie wollen wissen, wann BMW wieder die Renditezielspanne von 8 bis 10 % des Umsatzes erreicht. Hierauf konnte Krüger zuletzt aber keine konkrete Antwort geben. In Bezug auf die elektrifizierten Fahrzeuge betonte er wenige Tage vor seinem angekündigten Rückzug, dass die Skaleneffekte bei wachsenden Fertigungsstückzahlen zu sinkenden Herstellungskosten pro Fahrzeug führten. In Kombination mit den Erträgen aus dem Verkauf neuer Modelle, ausgestattet mit Plug-in-Hybriden und herkömmlichen Verbrennungsmotoren, komme die Kernsparte wieder in den Korridor. Eine Angabe zum Zeitpunkt machte er nicht.Mit dieser Zurückhaltung untermauert BMW die Befürchtung von Investoren, dass es noch eine Weile dauern könnte, bis der Konzern auf das Renditeniveau der Jahre 2014 bis 2017 zurückkehrt. Ungewissheit ist aber Gift für die Börse. Das kann den weiteren Kursverlauf der Aktie beeinflussen.