Bond-Sturm hinterlässt Spuren
Bond-Sturm hinterlässt Spuren
Renditen auf hohen Niveaus – Am Primärmarkt greifen die Anleger aber schon wieder zu
Die Verschuldungslage von Euro-Staaten macht den Anlegern Sorge. Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing rechnet mit anhaltend hohen Renditen der Anleihen. Die gute Nachricht: Staaten – im aktuellen Fall Italien – werden ihre Bonds los.
kjo Frankfurt
An den Staatsanleihemärkten der Eurozone ist ein Stück weit Ruhe eingekehrt – aber keine Normalität. Die Renditen der Anleihen mit langer Laufzeit bleiben auf den jüngst erreichten Hochs. So lag die 30-jährige Bundrendite bei 3,43% nach 3,42% am Vortag. Das ist der höchste Stand seit dem Jahr 2011.
Anleger sorgen sich um die die Verschuldungslage vieler Euro-Staaten. Die Haushaltslage ist in vielen Ländern angespannt. Die Refinanzierungssituation für die Staaten könnte damit in Zukunft schwieriger werden, wenn Marktteilnehmer bei künftigen Bondkäufen dauerhaft höhere Renditen einfordern. Auch Käuferstreiks könnten damit in angespannten Marktlagen auftreten.
Am Dienstag hatten Turbulenzen an den Anleihemärkten auf die Aktienmärkte übergegriffen und für heftige Kursverluste gesorgt. Gleichzeitig der Gold als sicherer Hafen auf einen Rekordstand geklettert. Am Mittwoch legte der Preis weiter zu – ein Indiz für die anhaltende Unsicherheit.
„Nicht nur ein Aufflackern“
Christian Sewing, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, geht davon aus, dass die Anleiherenditen in den kommenden Monaten hoch bleiben werden. „Ich glaube nicht, dass es nur ein Aufflackern ist“, sagte Sewing auf einer Bankenkonferenz in Frankfurt mit Blick auf die jüngsten Entwicklungen. „Es ist im Grunde ein Spiegelbild von teilweise politischer Unsicherheit, von fehlenden Reformen, von steigender Verschuldung.“
Betroffen waren von den jüngsten Verwerfungen nicht nur die Bundesanleihen. Die 30-jährige britische Staatsanleihe (Gilt) erreichte mit Werten um 5,68% den höchsten Stand seit Mai 1998. Auf diesem Renditeniveau bewegten sich die 30-jährigen Gilts auch noch am Mittwoch. Die britischen Kreditkosten sind damit die höchsten unter den G7-Staaten. Darin spiegeln sich die Sorgen über die Inflationsentwicklung in Großbritannien wider, die ebenfalls die höchste in der G7 ist.
„Es sprechen mehrere Faktoren dafür, dass die bearishe Dynamik am langen Ende an Schwung verliert. Die 30-jährigen Frankreich-Renditen stabilisierten sich oberhalb von 4,5%, und auch zehnjährige Bundrenditen fanden bei 2,8% Unterstützung“, sagt Hauke Siemßen, Zinsstratege bei der Commerzbank. Siemßen zufolge halten immer mehr Anleger die Realrenditen auf derzeitigen Niveaus für attraktiv, und nicht zuletzt stehe die Risikostimmung angesichts fallender Aktienkurse eher unter Druck. „Wir würden daher Bunds bei zehnjährigen Renditen über 2,8% kaufen.“
Große Orderbücher
Am Primärmarkt greifen die Anleger denn auch bei den höheren Renditen beherzt zu. Das zeigte sich bei einer Anleihetransaktion in Italien, die via Syndikat an den Markt kam. Es gab zwei Tranchen von Anleihen. Für eine siebenjährige Anleihe der Italiener über 13 Mrd. Euro gingen Orders von mehr als 110 Mrd. Euro ein. Das Papier handelte gestern mit einer Rendite von 3,21%.
Immer wieder wird an den Märkten befürchtet, dass die Staaten die Langläufer nicht platzieren könnten. Vor diesem Hintergrund werden die Akteure am Primärmarkt, der nun seine Sommerpause beendet, in den kommenden Tagen die neuen Transaktionen genau im Blick behalten. Gute Zeichen kamen diesbezüglich nun ebenfalls aus Italien. Mit der zweiten Anleihe gingen die Italiener an das lange Laufzeitenende. Sie wählten die 30-jährige Fälligkeit. Das Papier kam im Volumen von 5 Mrd. Euro. Hier wurden die Orderbücher beim Stand von mehr als 108 Mrd. Euro geschlossen.
Weitere Hinweise über den Investorenappetit auf Euro-Langläufer gibt es bereits in Kürze. So stehen in dieser Woche noch Transaktionen in langlaufenden Staatsbonds von Spanien und Frankreich auf dem Programm.
Spanische und französische Bonds
Spanien wird unter anderem mit der Fälligkeit 2037 am Markt erwartet. Besonders im Blick haben die Anleger aber Frankreich. Die Franzosen werden am Donnerstag noch am Primärmarkt der Staaten aktiv. Frankreich hat die Laufzeiten 2035, 2042 und 2056 angekündigt. Die Experten der Commerzbank erwarten hier ein Volumen von insgesamt 11 Mrd. Euro. Es ist zudem der letzte Lackmustest vor dem Vertrauensvotum in Frankreich.
„Abseits neuer Daten bleibt für die Staatsanleihemärkte der Eurozone die politische Lage in Frankreich der wichtigste Treiber. So haben die Führungspersönlichkeiten des rechtspopulistischen Rassemblement National, Jordan Bardella und Marine Le Pen, nach ihrem Gespräch mit Premierminister Bayrou erneut klargestellt, dass ihrer Ansicht nach kein Weg an Neuwahlen vorbeigeht“, hält Sophia Oertmann, Zinsanalystin bei der DZ Bank, fest. Für Le Pen würde dies laut Oertmann vermutlich bedeuten, dass sie ihren Sitz in der Nationalversammlung nicht verteidigen könnte, da ein Abschluss des Berufungsverfahrens gegen ihr Verbot zur Ausübung politischer Ämter nicht vor Sommer 2026 erwartet wird. Der Europaabgeordnete Raphaël Glucksmann (S&D) forderte hingegen, dass Bayrou die Vertrauensabstimmung absagen sollte, falls er ernsthaft über das Budget verhandeln wolle.
Die vorherrschenden Fiskalsorgen dürften laut Oertmann weiterhin der Hauptgrund für die steigenden Renditen der Staatsanleihen sein. „Dies begründet auch die zuletzt starke Zunahme der Kurvensteilheit im Segment zwischen 10 und 30 Jahren Laufzeit“, sagt Oertmann. Auf der Bundkurve liegt der 10/30-Spread aktuell bei um die 63 Basispunkten und damit auf dem höchsten Niveau seit Mitte 2019.
Primärmarkt nach Sommerpause
Auch am Primärmarkt der Unternehmensanleihen in Europa läuft das Geschäft nun nach der Sommerpause wieder an. So kam etwa InterContinental Hotels mit einer Anleihe, ging dabei aber an das mittlere Marktende und wählte die fünfjährige Frist. Platzierungsschwierigkeiten gab es für den Titel nicht. Der Bond im Umfang von 850 Mill. Euro traf auf Orders von fast 5 Mrd. Euro. John Deere kam mit der Fälligkeit 2028 und generierte für den 500 Mill. Euro schweren Bond ein Ordervolumen von mehr als 1,8 Mrd. Euro.
Bei den Staaten trat im Euro Litauen mit zwei längerfristigen Anleihen auf. Das Land wählte die zehn- und die 20-jährige Laufzeit. Beide Papiere zusammen kamen auf ein gemeinsames Orderbuch von mehr als 2,7 Mrd. Euro. Die Nachfrage fiel damit geringer aus im Vergleich zu den häufiger auftretenden Emittenten wie etwa Deutschland, Frankreich oder Spanien. Bei den neuen litauischen Bonds gab es ein etwas stärkeres Interesse für das zehnjährige Papier.