Bondinvestoren fahren gut mit SAP
Von Mirko Maier *)Bis Mitte des Jahres war es ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Siemens, nun ist es entschieden, SAP ist an der Börse seit Sommer wieder das wertvollste deutsche Unternehmen. Die jüngsten politischen Krisen und weltwirtschaftlichen Turbulenzen trugen hierzu bei. Das Softwarebusiness scheint als krisenresistenter eingeschätzt zu werden als das schwankungsanfällige Industriegeschäft, was sich auch in den sehr stabilen Ratings der SAP-Anleihen seitens der Ratingagenturen widerspiegelt. Dies erscheint uns aus zweierlei Gründen nachvollziehbar. Zum einen hat SAP sein Produktportfolio auf die Cloud ausgerichtet. Damit wird der Anteil margenstarker Lizenzerlöse am Umsatzmix zwar immer kleiner, doch die Einnahmen der Cloudlösungen verteilen sich ratierlich über mehrere Jahre, was den Anteil verlässlich wiederkehrender Erlöse zunehmen lässt.Einen weiteren Grund für den stabilen Wachstumskurs bei SAP sehen wir auch im stetig zunehmenden Digitalisierungsgrad der Unternehmen. Das Internet der Dinge, Industrie 4.0, Big Data, künstliche Intelligenz, etc. sind Innovationsthemen, deren Wert durch den verstärkten Einsatz von Software geschaffen wird. Weltweit bilden über 400 000 Unternehmen, von den größten aus dem Kreis der Fortune 500 bis hin zum Mittelständler, Teile ihrer Geschäftsprozesse mithilfe der Software von SAP ab. Bei der gerade erst beginnenden Digitalisierung der Unternehmen hat SAP folglich mehr als nur einen Fuß in der Tür. Hohe MarkterwartungenDie vom Enthusiasmus des CEO geschürten hohen Markterwartungen konnte SAP im dritten Quartal des laufenden Geschäftsjahres 2018 nicht ganz erfüllen. Im Jahresvergleich stieg der Konzernumsatz um 8 % auf 6 Mrd. Euro. Dabei kompensierte das mit Cloudlösungen erzielte Umsatzplus von 40 % die mit minus 9 % rückläufige Entwicklung der Lizenzerlöse. Die Wartungseinnahmen stehen mit plus 3 % für hohe Kundentreue. Die im Fokus des SAP-Managements stehenden sogenannten wiederkehrenden Umsätze aus Cloud- und Wartungserlösen betragen damit nunmehr 68 % vom Gesamtumsatz. Vor fünf Jahren betrug der Anteil noch lediglich 54 %. Dieser Anstieg hat die Planungssicherheit der Konzernumsätze auch aus Investorensicht erfreulich verbessert.Die vorigen Jahre von SAP standen im Zeichen von verstärkten Investitionen in die Cloud. Das Entwickeln von Produkten, der Bau von Rechenzentren und der Ausbau der Vertriebsmannschaft lastete bis 2017 schwer auf der operativen Marge. Die Trendwende bei der Margenentwicklung wurde für 2018 avisiert. Diesen vor langer Zeit aufgestellten Fahrplan arbeitet SAP planmäßig ab. Ihre Ziele für 2018 haben die Walldorfer zum dritten Mal in Folge angehoben. Für das Gesamtjahr 2018 peilt SAP nun Konzernerlöse von 25,2 bis 25,5 Mrd. Euro an (+7,5 bis 8,5 %), wozu die Clouderlöse mit 5,2 bis 5,3 Mrd. Euro (+37 bis 39 %) überproportional beitragen sollen. Das operative Ergebnis (Ebit adj.) wird mit 7,4 bis 7,5 Mrd. Euro avisiert, was zwar ein knapp zweistelliges Plus darstellt, für die vom Kapitalmarkt mit Argusaugen beobachtete operative Marge aber keine Verbesserung bedeutet. Dies dürfte auch zur schwachen Kursreaktion beigetragen haben. Übernahmen von etablierten Konkurrenten mit interessantem Kundenstamm oder jungen Unternehmen mit innovativer Technologie gehören zur Wachstumsstrategie in der Softwarebranche. Wenngleich nicht so aggressiv wie mancher Konkurrent, ist auch SAP hier aktiv.SAP nutzt für die Finanzierung größerer Übernahmen regelmäßig den Euro-Bondmarkt über Neuemissionen. Nach Successfactors (3,4 Mrd. Dollar) und Ariba (4,3 Mrd. Dollar) folgte Ende 2014 mit Concur für rund 8,3 Mrd. Dollar bzw. 6,5 Mrd. Euro die bislang größte Übernahme der Firmengeschichte. Zu deren Finanzierung trug die im April 2015 erfolgte Euro-Bond-Neuemission im Volumen von insgesamt 1,8 Mrd. Euro (drei Tranchen, eine davon fix, Laufzeiten von zwei, fünf und zehn Jahren) bei.Im Frühjahr 2018 folgte dann mit Callidius Software für 2,4 Mrd. Dollar bzw. ca. 2 Mrd. Euro der bislang letzte größere Zukauf. Zur Finanzierung emittierte SAP drei Euro-Bonds, davon ein Floater, jeweils im Volumen von 500 Mio. Euro, mit Laufzeiten von drei, acht und zwölf Jahren. Das Initial Price Target lag bei Mid Swap von +10 bis +23 Basispunkten (BP), was dem Niveau der Kreditkurve A entsprach. Verglichen zur Vergleichsgruppe Oracle, IBM und Microsoft bot die Neuemission einen attraktiven Spreadaufschlag (u. a. +25 BP vs. Oracle 07.2025, IBM 11.2025 +20 BP). Ausgewogene FälligkeitenSAP hat sechs Euro-Anleihen mit fixen Kupons im Volumen von 4,4 Mrd. Euro und drei Floater im Volumen von 1,9 Mrd. Euro ausstehen. Die Fälligkeiten verteilen sich nahezu ratierlich bis 2030, wovon 2023 und 2027 mit jeweils 1 Mrd. Euro größere Volumina zur Rückzahlung anstehen. Dieses Jahr steht noch im November eine Fälligkeit im Volumen von 500 Mill. Euro an. CDS-Notierungen sind nicht vorhanden.Die externen Ratingagenturen Moody’s und Standard & Poor’s bewerten SAP mit “A2” und stabilem Ausblick bzw. “A” und positivem Ausblick klar im Investment-Grade-Bereich. Die Ratings erachten wir für ungefährdet. Ungeachtet kleinerer Zukäufe dürfte sich SAP nun wieder bei größeren Zukäufen vorerst in Zurückhaltung üben. Das operative Ertragsniveau erachten wir für stabil und der operative Cash-flow dürfte sich u. E. weiterhin im Bereich des in den vergangenen Jahren erreichten Niveaus von 4 bis 5 Mrd. Euro bewegen. Die ausstehende Nettoverschuldung (Verz. Fremdkapital abzüglich liquide Mittel) ist aktuell mit 3,4 Mrd. Euro weit vom Hochpunkt in 2014 mit 8,2 Mrd. Euro entfernt. Wir gehen davon aus, dass SAP im Verlauf von 2019 die Nettoverschuldung deutlich abbauen kann, sofern keine größeren Übernahmen getätigt werden.Die Verzerrungen durch das Bondkaufprogramm der EZB haben zwar abgenommen, doch die Spreads der ausstehenden SAP-Bonds liegen weiterhin deutlich unterhalb der relevanten Marktkurve “A”. Mittlere Laufzeiten rangieren teilweise gar auf dem Niveau der mit “AAA” benoteten Euro-Anleihen des US-Konkurrenten Microsoft. Auf deutsche Emittenten fokussierte Bondinvestoren scheinen das im Vergleich zu zyklischen Branchen stabile Geschäftsmodell zu honorieren, was sich auch in der relativen Bewertung der Bonds widerspiegeln dürfte. Investoren sind mit SAP gut gefahren. Mit der 2014 emittierten Anleihe mit der Laufzeit 2027 beträgt der Total Return seit Jahresanfang immerhin 0,4 % (iBoxx Gesamtmarkt: -0,03 %). Ein Engagement in ausstehende SAP-Anleihen erscheint angesichts von Renditen (Yield-to-Maturity) zwischen minus 0,2 und plus 1,3 % insbesondere bei den längeren Laufzeiten bis 2027 und 2030 noch interessant. Steht wieder eine größere Übernahme an, dürften die damit einhergehenden Neuemissionen attraktivere Renditen bieten.—-*) Mirko Maier ist Senior Analyst für Technology bei der Landesbank Baden-Württemberg.