Kreditwürdig

Chancen und Risiken im High-Yield-Bereich

Im aktuellen Kreditwürdig beleuchtet Carsten Lüdemann von der DekaBank die Chancen und Risiken im High-Yield-Bereich. Die Renditen stuft er als attraktiv ein.

Chancen und Risiken im High-Yield-Bereich

Kreditwürdig

Chancen und Risiken im High-Yield-Bereich

Von Carsten Lüdemann*)

Für europäische Unternehmen sind die Aussichten aktuell nicht sonderlich günstig. Die Konjunktur läuft nur schleppend und die jüngsten Umfragen bei Einkaufsmanagern und zur allgemeinen Konjunkturstimmung geben wenig Anlass für Hoffnung auf baldige Besserung. Besonders traurig sieht es in Deutschland aus, wo der Gesamteinkaufsmanagerindex nochmals kräftig nachgegeben hat und auf den niedrigsten Stand seit mehr als drei Jahren gestürzt ist. Denn nun ist auch noch dem Dienstleistungssektor, der die Lage in den vergangenen Monaten noch stabilisieren konnte, die Puste ausgegangen. Der Einkaufsmanagerindex deutet für das dritte Quartal eine leichte Schrumpfung der Wirtschaft in Euroland an, für Deutschland Schlimmeres.

Gleichzeitig steht die Europäische Zentralbank (EZB) im Kampf mit ausufernden Inflationsraten weiterhin kräftig auf der Zinsbremse. Zwar sind die Energiepreise nach ihrem dramatischen Ausbruch wieder in etwa auf Vorkriegsniveau gefallen, doch nachlaufende Effekte und vor allem sehr hohe Lohnsteigerungen bereiten der EZB unverändert große Sorgen. Der Höhepunkt des Leitzinszyklus dürfte wohl erreicht sein, aber eine Zinswende ist noch lange nicht in Sicht. Für Unternehmen bleiben die Finanzierungskosten demnach noch für geraume Zeit recht hoch. Die EZB will damit Investitionen, die die Inflation weiter anheizen würden, ausbremsen. Aber für Firmen, die ihren laufenden Betrieb finanzieren oder gar Fälligkeiten prolongieren müssen, laufen die Zinskosten davon. Dies gilt insbesondere für Unternehmen mit schwacher Reputation aus dem High-Yield-Bereich. Denn sie müssen zusätzlich zum allgemein hohen Zinsniveau noch saftige Risikoaufschläge bieten, um Investoren die erhöhten Ausfallgefahren zu kompensieren.

Spreads sind erstaunlich niedrig

Tatsächlich sind die Risikospreads angesichts der trüben Konjunkturaussichten vergleichsweise niedrig. Der Bloomberg Index für europäische High-Yield-Bonds weist aktuell einen Asset-Swap-Spread von etwa 440 Basispunkten (BP) aus und liegt damit deutlich unterhalb des langfristigen Durchschnitts von 560 BP seit dem Jahr 2000. Trotz der zuletzt negativen Wirtschaftsentwicklung ist der Spread seit diesem Frühjahr um gut 100 BP gesunken. Im vergangenen Sommer, als die Sorgen um die Energieversorgung hohe Nervosität ausgelöst hatten, notierten die Spreads noch weitere 100 BP höher.

Bisher hat sich das schwache Umfeld noch nicht sonderlich negativ auf die Ergebnisse vieler europäischer Unternehmen ausgewirkt. So sind die Geschäftsberichte zum zweiten Quartal beispielsweise gar nicht so schlecht verlaufen. Vor Beginn der Berichtssaison war ein deutlicher Rückgang der Gewinne im Vergleich zum Vorjahresquartal um über 10% erwartet worden. Dieser hat sich aber im Verlauf – auch durch Sondereffekte – spürbar verbessert. Zudem ging ein Großteil der nachlassenden Gewinne auf Firmen aus dem Energiesektor aufgrund der starken Preisrückgänge für Energie und Grundstoffe zurück. Gemessen an den Markterwartungen haben die Unternehmen bei den Gewinnen letztlich leicht positiv überrascht, bei den Umsätzen lief es noch etwas besser. Aus Anlegersicht waren die zahlreichen „beat and raise“, das Übertreffen der Schätzungen der Geschäftsleistung für das vergangene Quartal und Anheben der Guidance für zukünftige Zeiträume, erfreulich wenngleich das Anheben in vielen Fällen relativ gering ausfällt. Hierdurch sahen sich die Investoren in ihrer Annahme bestätigt, dass die Risikoaufschläge der Anleihen ausreichend hoch sind, und nutzten Kursrückschläge immer wieder für Käufe.

Hohe Fälligkeiten

Ein Risiko für die Spreadentwicklung könnte durch stark steigende Neuemissionstätigkeit entstehen. Am Euro-High-Yield-Markt wird der Blick zunehmend auf die sogenannte „Maturity Wall“ gelenkt, gemeint sind die in den kommenden Jahren anstehenden Anleihefälligkeiten. Denn während diese in den vergangenen Jahren recht konstant bei 40 bis 50 Mrd. Euro jährlich gelegen haben und damit weitaus geringer ausfielen als das Nominal der gleichzeitig neu begebenen Bonds, steigen sie in diesem Jahr auf 70 Mrd. Euro an. 2026 beschleunigen sich die Fälligkeiten dann weiter bis auf mehr als 90 Mrd. Euro. Für betroffene Unternehmen kann das doppelt unangenehm werden, wenn sie deutlich höhere Beträge aufnehmen und diese auch noch vergleichsweise hoch verzinsen müssen. 2022 konnten sich viele Firmen noch den Luxus leisten, im hohen Zinsumfeld nur wenige Neuemissionen auf den Markt zu bringen, da sie in den vorherigen Jahren die ausgesprochen niedrigen Zinsen für reichlich Liquiditätsaufnahme genutzt hatten. Dieses Argument wird auch immer wieder von der Ratingagentur Moody’s aufgegriffen, um die bisher noch niedrigen Ausfallquoten zu erklären. Auch für den näheren Prognosehorizont werden damit nur moderate Ausfallerwartungen begründet. Spätestens ab dem übernächsten Jahr dürfte dieser Vorteil jedoch aufgebraucht sein.

Renditen dennoch attraktiv

Der Markt für Hochrisikoanleihen ist begrenzt, nicht viele Investoren trauen sich in dieses riskante Terrain. Die EZB hat mit der Ausweitung ihrer Wertpapierkäufe auf Unternehmensanleihen in der Hochphase der expansiven Geldpolitik ein sogenanntes „Crowding-out“ betrieben, das Verdrängen von Investoren aus ihren Lieblingsanlageplätzen in riskantere, ihnen aber weniger vertraute Assetklassen. Jetzt, da auch im Investment-Grade-Bereich wieder auskömmliche Renditen erzielt werden können, dürften einige dieser Anlagen bei Fälligkeit der Bonds wieder zurück in bekanntere Gewässer gelenkt werden. Somit treffen steigende Finanzierungsvorhaben von Unternehmen aus dem High-Yield-Bereich auf eine schrumpfende Anlegerschaft. Die Hinweise auf diese Maturity Wall haben sich in letzter Zeit gehäuft und dürften bald als zusätzlicher Risikofaktor in die Spreads mit eingepreist werden.

Im März dieses Jahres sind die Spreads von Unternehmensanleihen ein gutes Stück angesprungen, als die Zahlungsschwierigkeiten einiger Regionalbanken in den USA sowie der Beinahe-Ausfall der Credit Suisse in der Schweiz die Märkte aufgeschreckt haben. Seitdem sind die Risikoaufschläge jedoch wieder spürbar gesunken, die Renditen von Corporates verharrten dagegen jedoch bemerkenswert stabil auf hohem Niveau.

Kursrückschläge kompensieren

Der Spreadrückgang wurde von einem gleichzeitigen Anstieg des allgemeinen Zinsniveaus ausgeglichen. Die Rendite des eingangs erwähnten High-Yield-Bondindex hat sich nach einem ersten Schockanstieg auf über 8% schnell bei etwa 7,75% eingependelt und hält sich seither mit einer nur geringen Schwankungsbreite um diesen Wert herum. Eine laufende Rendite in dieser Höhe kann einige Kursrückschläge kompensieren. Für einen Einstieg erscheint die Rendite bereits attraktiv, und sollten zahlreiche Finanzierungsvorhaben die Neuemissionsprämien in die Höhe treiben, können diese für Nachkäufe genutzt werden.

*) Carsten Lüdemann arbeitet im Makro Research der DekaBank.

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