GASTBEITRAG ZUR SERIE: ANLAGETHEMA IM BRENNPUNKT (85)

Corporate-Hybridanleihen - Rendite-Oase im Niedrigzinsumfeld?

Börsen-Zeitung, 31.8.2019 Ein rückläufiges Wirtschaftswachstum, niedrige Inflationsraten und die expansive Zentralbankpolitik zementieren das Niedrigzinsumfeld. Für Anleiheinvestoren resultieren daraus enorme Herausforderungen. Ein möglicher...

Corporate-Hybridanleihen - Rendite-Oase im Niedrigzinsumfeld?

Ein rückläufiges Wirtschaftswachstum, niedrige Inflationsraten und die expansive Zentralbankpolitik zementieren das Niedrigzinsumfeld. Für Anleiheinvestoren resultieren daraus enorme Herausforderungen. Ein möglicher Lösungsansatz für die gebeutelten Anleger ist die Investition in Corporate-Hybridanleihen. Dabei handelt es sich um Unternehmensnachranganleihen mit fremd- als auch eigenkapitalähnlichen Merkmalen. Sie versprechen einen Mehrertrag gegenüber klassischen Rentenpapieren und weisen mit Ratings mehrheitlich im Investment-Grade-Bereich, mit festen Nominalwerten, festen Zinszahlungen und in der Regel deutlich niedrigeren Kursschwankungen als Aktien, viele Charakteristika klassischer Unternehmensanleihen auf.Mit welchem Anlagerisiko wird die Renditeaussicht also erkauft? Aus Emittentensicht kann es mehrere Gründe für die Ausgabe von Hybridanleihen geben. Dabei handelt es sich oft um global tätige Unternehmen mit gutem Rating, die durch die Emission eine Stärkung ihrer Eigenkapitalbasis erzielen. Denn Hybridanleihen werden teilweise als Eigenkapital angerechnet. Steuerlich abzugsfähigDies macht die Emission auch im Hinblick auf das Unternehmensrating gegenüber klassischen Schuldverschreibungen mit deren voller Anrechnung auf den Verschuldungsgrad äußerst interessant. Zudem gestaltet sich die Emission von Corporate-Hybridanleihen in der Regel günstiger als eine Kapitalerhöhung über Aktien; Verwässerungseffekte bleiben aus. Ferner sind Zinsaufwendungen in den meisten Ländern steuerlich abzugsfähig.Diese enormen Vorteile lassen sich die Unternehmen etwas kosten: Aktuell rentieren Corporate-Hybridanleihen namhafter und kapitalmarkterfahrener Emittenten, gemessen am iBoxx Euro Non-Financials Subordinated Index, mit durchschnittlich mehr als 1,7 % p.a. Das Gesamtvolumen dieser Anleihen liegt derzeit bei über 100 Mrd. Euro.Als Corporate-Hybridanleihen werden nachrangige Unternehmensanleihen bezeichnet, die im Falle einer Insolvenz des Emittenten erst dann bedient werden, wenn die Ansprüche der vorrangigen Gläubiger vollständig erfüllt sind. Der Auswahl eines soliden Emittenten kommt damit eine wesentliche Bedeutung zu. Denn obwohl die Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz des Emittenten im Vergleich zu klassischen Unternehmensanleihen identisch ist, muss im Konkursfall – ähnlich wie bei einem Aktienengagement – mit einem Insolvenzerlös nahe null gerechnet werden. Im Gegenzug wird dies mit einer im Vergleich zu klassischen Unternehmensanleihen wesentlich höheren Verzinsung honoriert. Die theoretisch sehr lange Restlaufzeit (teilweise unendlich) wird strukturell durch Kündigungstermine seitens des Emittenten begrenzt, die bei der Emission der Anleihen klar definiert werden.So vergehen bis zum ersten Kündigungstermin in der Regel fünf bis zehn Jahre. Der Schlüssel liegt in der Struktur der Corporate-Hybridanleihen und der Methodik der Ratingagenturen. So sieht die aktuelle Einstufung durch die Ratingagentur S&P Global Ratings einen Wegfall der Eigenkapitalanrechnung vor, wenn der Emittent das erste Kündigungsrecht nicht nutzt.In der Folge entfiele die ratingstützende Funktion der Hybridanleihe – die höheren Fremdkapitalkosten, im Vergleich zu klassischen Anleihen, blieben jedoch bestehen. Damit existiert ein nachvollziehbarer und starker ökonomischer Anreiz zur Kündigung zum ersten Kündigungstermin. Volatiler in KrisenzeitenCorporate-Hybridanleihen weisen – insbesondere in Krisenzeiten – eine höhere Volatilität auf als klassische Unternehmensanleihen. Deutliche Kursrückgänge sind also in Schwächephasen durchaus möglich, wobei historisch ein großer Gleichlauf mit Unternehmensanleihen zu erkennen ist. Aktien wiesen in der Vergangenheit eine um ein Vielfaches höhere Schwankungsintensität auf. Somit findet sich auch im Risikoprofil die “Hybrid”-Eigenschaft dieser Papiere wieder.Um als Investor dem im Vergleich zu klassischen Rentenpapieren höheren Risiko Herr zu werden, muss neben der Analyse des Unternehmens und der Marktsituation zusätzlich die vertragliche Ausgestaltung der Hybridanleihen eingeschätzt werden. Zwar ist der Markt in den vergangenen Jahren homogener geworden, die Vertragswerke sind aber weiterhin sehr komplex. Vor allem gilt es, die Vielzahl an ordentlichen und außerordentlichen Kündigungsrechten zu bewerten, da ein Großteil des Mehrertrags von Hybridanleihen auf die Übernahme dieser vertraglichen Strukturrisiken zurückzuführen ist.Im anhaltenden Niedrigzinsumfeld kommen Anleiheinvestoren an höher verzinslichen Corporate-Hybridanleihen als Beimischung kaum vorbei und betreten damit eine kleine Rendite-Oase. Wesentlicher Faktor des Anlageerfolgs ist jedoch die intensive Prüfung des Wertpapierprospekts und der genauen Ausgestaltungsmodalitäten der einzelnen Anleihen. Große StückelungenAufgrund dieser Komplexität und der Mindeststückelung von üblicherweise 100 000 Euro pro Anleihe war dieser Markt lange vor allem nur für institutionelle Investoren zugänglich. Das breiter werdende Fondsangebot ermöglicht zunehmend aber auch privaten Anlegern die Partizipation an einem diversifizierten Portfolio von Corporate-Hybridanleihen. Zuvor erschienen: Infrastrukturkredit-Investments glänzen mit stabilen langfristigen Erträgen (84), Assenagon Asset Management Keine Zinskurve ist wie die andere (83), DWS Marc Jäger, Alexander Schroer und Julien Schütte, Portfoliomanagement Renten der Lampe Asset Management