Delta Air Lines für den Abschwung gut gerüstet
Von Dieter Kuckelkorn, FrankfurtNoch vor rund zehn Jahren galten amerikanische Fluggesellschaften aus Investorensicht als hoffnungslos. Im Markt herrschte eine hohe Wettbewerbsintensität, die zwar Vorteile für die Passagiere brachte, aber stark auf die Gewinnmargen drückte, so dass rote Zahlen fast schon die Regel waren. Inzwischen hat sich das grundlegend geändert. Nach einer großen Zahl von Zusammenschlüssen und Pleiten sowie unter tatkräftiger Hilfe der US-Regierung hat sich die Marktstruktur dahingehend geändert, dass sie den wenigen verbliebenen großen Airlines enorme Vorteile bietet – auf Kosten der Passagiere, die nun hohe Preise für Flugtickets zahlen müssen. An vielen Flughäfen in den USA herrschen nun zur Freude der Anbieter und der Anleger monopolartige Verhältnisse. Viele KaufempfehlungenDie gemäß ihrem Marktwert größte US-Fluggesellschaft ist Delta Air Lines. Sie kommt inzwischen wieder auf eine Kapitalisierung von mehr als 34 Mrd. Dollar und ist bei Analysten gut gelitten. Von 21 Banken, die die Aktie beobachten, raten nicht weniger als 20 zum Kauf des Titels. Nur ein Analyst stuft Delta Air Lines mit “Hold” ein. Verkaufsempfehlungen gibt es gar keine. Gemäß der Konsensschätzung der Analysten bietet die Aktie auf Sicht von zwölf Monaten ein attraktives Ertragspotenzial: Das Kursziel beträgt im Schnitt 69,05 Dollar, was gegenüber dem aktuellen Niveau einen Anstieg von mehr als 48 % bedeuten würde. J.P. Morgan hält sogar 71 Dollar für realistisch und Macquarie 72 Dollar.Die Bewertung sieht dabei moderat aus. Auf Basis der Ergebnisschätzungen für die kommenden zwölf Monate beträgt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) 9,5. Zwar gibt es noch deutlich niedriger bewertete Konkurrenten, aber auch höher bewertete Gesellschaften: So kommt Alaska Airlines auf ein KGV von 13,4 und United Airlines auf 10,2. Mit Blick auf ihre Empfehlungen sehen die Analysten also noch Luft nach oben. So ist J.P. Morgan der Meinung, dass die finanzielle Lage und die Ertragslage bei Delta eine höhere Bewertung erlaubt als bei den großen Wettbewerbern United und American. Delta Airlines sei einfach aus Investorensicht das führende Unternehmen der Branche mit der höchsten Gewinnmarge unter den alteingesessenen US- Fluggesellschaften.Delta Air Lines ist auch die älteste noch aktive Fluggesellschaft in den USA. Nach dem Wettbewerber American Airlines ist sie weltweit die zweitgrößte Fluggesellschaft in den Kategorien Passagierzahl, geflogene Revenue-Kilometer und Flottengröße. Im Jahr 2005 musste Delta Air Lines noch Gläubigerschutz gemäß Chapter 11 der amerikanischen Konkursordnung anmelden – genauso wie Wettbewerber Northwest Airlines, der sich 2008 mit Delta zusammenschloss. Bis Ende 2013 war die neue, vergrößerte Delta Air Lines die größte Fluggesellschaft der Welt – bis zur Fusion von American Airlines und US Airways Ende 2013. Niedriger ÖlpreisAktuell profitieren US-Fluggesellschaften wie Delta von der Aussicht, dass der Ölpreis und damit die Kosten für Treibstoff 2019 vergleichsweise niedrig bleiben werden. Zudem konnte die Airline im dritten Quartal vor allem auf Inlandsflügen Preissteigerungen durchsetzen, mit denen das Management möglichen negativen Auswirkungen des im vergangenen Jahr stark fluktuierenden Ölpreises entgegenwirken wollte – was aber letztlich kaum nötig war.Die Preisanhebungen teilweise auch im vierten Quartal sowie die niedrigen Treibstoffkosten dürften für eine Verbesserung der Margen sorgen. Das Management geht für das laufende Jahr von einem Anstieg auf operativer Ebene von 2 % und netto von 1 % aus, wobei die Analysten von J.P. Morgan die Prognosen der Konzernleitung für ausgesprochen konservativ halten. Der betont zurückhaltende Ausblick hat allerdings dazu geführt, dass die Aktie im vergangenen Jahr deutlich schlechter abgeschnitten hat als diejenige des Wettbewerbers United Airlines. Bei J.P. Morgan glaubt man allerdings, dass es dem Unternehmen leichtfallen sollte, die eigenen Projektionen zu übertreffen – wovon der Aktienkurs profitieren sollte. Am Donnerstag hat die Konzernleitung dann ihre Prognose auch leicht angehoben, von einer Ergebniserwartung für das vierte Quartal von 1,10 bis 1,30 Dollar je Aktie auf 1,25 bis 1,30 Dollar.Für die Aktie spricht nach Einschätzung von J.P. Morgan auch der disziplinierte Kapitaleinsatz so wie die Dividendenpolitik und Aktienrückkäufe. Viele Analysten äußern sich auch positiv zu den Bilanzrelationen, die als Bollwerk gegen einen möglichen Abschwung in der Branche gelten. Delta Air Lines ist übrigens die einzige große US-Fluggesellschaft mit einem Investment-Grade-Rating. Mit Blick auf einen möglichen Abschwung, der durch die zu erwartende schwächere US-Konjunktur ausgelöst werden könnte, gilt es auch im Vergleich zu Wettbewerbern als Vorteil, dass Delta über eine relativ alte Flotte verfügt. Damit ist das Management in der Lage, längst abgeschriebene Flugzeuge einfach zeitweise stillzulegen, wenn die Nachfrage nachlassen sollte – was die negativen Auswirkungen auf die Finanzlage in Grenzen halten dürfte. Weniger Cash vorhandenZwar ist die Cash-Position von Delta mit einer Liquidität inklusive revolvierender Kreditlinie von insgesamt 4 bis 5 Mrd. Dollar nicht so groß wie bei wichtigen Wettbewerbern. Allerdings verfügt Delta über eine relativ große Zahl an von Krediten unbelasteten Flugzeugen, die das Unternehmen beleihen könnte, falls es an mehr Liquidität kommen wollte. Daher sind die meisten Analysten der Ansicht, das Delta Air Lines von allen großen amerikanischen Fluggesellschaften am besten für härtere Zeiten gerüstet ist – die den USA nach Ansicht vieler Ökonomen auch bevorstehen.