Der Plan der Opec könnte teilweise aufgehen
Von Dieter Kuckelkorn, FrankfurtDie Teilnehmer des Ölministertreffens der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) erschienen am vergangenen Freitag nach der Konferenz gelassen und entspannt. Der saudische Ölminister Ali al-Naimi fasste die Lage so zusammen: “Die Nachfrage nimmt zu. Gut! Der Zuwachs des Angebots lässt nach, nicht wahr? Das sind Fakten. Wie Sie sehen können, bin ich nicht gestresst, sondern glücklich.”Es wurden keine Stimmen gezählt gegen den Vorschlag Saudi-Arabiens, die den Mitgliedsländern zugestandenen Ölförderquoten bei insgesamt 30 Mill. Barrel pro Tag (bpd) zu belassen. Auf dem vorhergehenden Treffen im November 2014 hatte es noch heftigen Widerstand von Ländern wie dem Iran und Venezuela gegeben, die wegen sinkender Förderung bzw. wegen des internationalen Embargos auf hohe Preise angewiesen sind.Dies alles hängt damit zusammen, dass die Organisation Hinweise darauf sieht, dass sich ihre Niedrigpreisstrategie offenbar auszahlt. So betonen die Analysten von Barclays, es gebe Hinweise, dass die Opec allmählich zumindest einige ihrer Ziele erreiche. So hätten die niedrigen Preise für ein Aufleben der Nachfrage gesorgt. Im ersten Quartal hat diese im Vorjahresvergleich um 1,4 Mill. bpd zugenommen, nach einem Plus von 0,6 Mill. bpd im Schlussviertel 2014. Zudem sei die Zahl der Produktionsstätten in den USA gemäß den neuesten Zählungen gegenüber der Höchstzahl vom Oktober 2014 um 60 % gefallen.Die Rohstoffexperten von Sanford C. Bernstein gehen sogar noch weiter. Sie sagen für das Ende des Jahres einen Nachfrageüberhang von 1,5 Mill. bpd voraus – was quasi eine Umkehrung der aktuellen Situation darstellen würde, die durch ein deutliches Überangebot von ungefähr 2 Mill. bpd gekennzeichnet ist. Mehr Benzin verbrauchtWie es scheint, könnten die Experten von Sanford C. Bernstein recht haben – auch wenn viele Analysten derzeit noch davon überzeugt sind, dass das Überangebot bestehen bleibt und der Preis nach dem Ende der Sommersaison mit der urlaubsbedingt hohen Nachfrage wieder deutlich zurückgeht. Die Internationale Energieagentur IEA hat in ihrem Monatsbericht vom Mai betont, dass die globale Nachfrage Fahrt aufnehme. Zudem befindet sich der weltweite Benzinverbrauch inzwischen wieder auf dem höchsten Stand seit 2007, nachdem er jahrelang rückläufig war.Damit könnten die Opec bzw. die Saudis als treibende Kraft zumindest zwei ihrer Ziele erreichen. Zum einen wird der Verbrauch in die Höhe getrieben und der Druck, Öl durch andere Energieträger zu substituieren, abgeschwächt. Ferner dürfte es der Opec gelingen, ihren Marktanteil zu verteidigen, der unter Druck geraten war.Was weitere Ziele der Niedrigpreisstrategie betrifft, so sieht es indes weniger nach einem Erfolg aus. So ist zwar die Zahl der Produktionsstätten in den USA wie erwähnt deutlich zurückgegangen. Auf die Ölfördermenge hat sich dies aber bislang kaum ausgewirkt. Zudem gibt es noch keine größere Pleitewelle bei kleineren Schieferölfirmen aus den USA, die den Ölboom ausgelöst haben. Es sieht demnach nicht danach aus, dass sich die Saudis der lästigen neuen Konkurrenz entledigen.Ein weiteres Ziel der Saudis, über das immer wieder spekuliert wurde, könnte es sein, quasi im Auftrag der US-Regierung über niedrige Preise die strategischen Gegner der Amerikaner – vornehmlich Russland, Venezuela und den Iran – zu destabilisieren. Dies hat bislang nicht funktioniert: Die betroffenen Länder haben sich mit dem niedrigen Ölpreis arrangiert, zumal sich dieser ja auch längst wieder von seinem Tief vom Frühjahr gelöst hat. Einen weiteren Anlauf, dieses politische Ziel zu erreichen – sofern es überhaupt jemals existierte -, wird es angesichts der verhaltenen Erfolgsaussichten wohl eher nicht geben.Für die weitere Entwicklung des Ölpreises bedeutet das alles, dass eine Seitwärtsbewegung oder eine moderate Aufwärtsbewegung das wahrscheinlichste Szenario für die kommenden Monate darstellt – trotz der Ankündigung der Opec, quasi auf Teufel komm raus weiter produzieren zu wollen. Ein Rückfall des Brent-Ölpreises auf 40 Dollar je Barrel oder darunter erscheint derzeit als eher unwahrscheinlich. Einen Unsicherheitsfaktor gibt es aber für dieses Szenario: Wenn die globale Konjunktur weniger stark sein sollte als erwartet, würde dies unweigerlich auf den Ölpreis durchschlagen.