Devisenwoche

Emerging Markets Carry blüht 2023 auf

Carry Trades im Devisenmarkt widersprechen scheinbar der Kapitalmarkttheorie. In der Praxis sind sie aber oft profitabel.

Emerging Markets Carry blüht 2023 auf

Devisenwoche

Emerging Markets Carry blüht 2023 auf

Von Van Luu *)

Carry Trades im Devisenmarkt widersprechen scheinbar der Kapitalmarkttheorie. In der Praxis sind sie aber oft profitabel. 2023 haben besonders die Carry Trades mit Währungen aus Schwellenländern (Emerging Markets) zweistellige Renditen erzielt. Auch, wenn man die diesjährige Performance nicht fortschreiben und die Risiken im Blick behalten sollte, können solche Strategien eine gute Portfolio-Beimischung sein.

Bei einem Carry Trade leihen Anleger Geld in Ländern mit niedrigen Zinsen und setzen dieses Kapital in Ländern mit höheren Zinsen ein. Der Unterschied zwischen den Zinssätzen ist der sogenannte Carry. Diese Transaktion lässt sich einfach im Devisenterminmarkt umsetzen. Zum Beispiel kann ein Anleger über ein Forwardgeschäft den brasilianischen Real (BRL) kaufen und den japanischen Yen (JPY) verkaufen. Synthetisch hat er somit JPY geliehen und in BRL angelegt. Der Zinsunterschied der beiden Währungen ist im Forwardkurs eingepreist. Aktuell beträgt die annualisierte Zinsdifferenz eines 3-Monats BRL/JPY-Forwards fast 12%. Falls die Spot-Wechselkurse über die Dauer des Termingeschäfts unverändert bleiben, können Anleger diese Zinsdifferenz als Rendite vereinnahmen.

Die Theorie der ungedeckten Zinsparität besagt allerdings, dass die Gewinne aus solchen Carry Trades im langfristigen Durchschnitt null sein müssten. Die hochverzinslichen Währungen müssten so stark abwerten, dass dies den Zinsunterschied zwischen den beiden Ländern zunichte macht. In der Praxis wirft der Carry Trade jedoch im langfristigen Schnitt deutliche Gewinne ab, was auch in der Literatur dokumentiert ist.

Dieses Jahr ist die Performance von Carry Trades mit Emerging-Market-Devisen besonders hoch. Im folgenden Chart zeigen wir die hypothetische Rendite einer Carry-Trade-Strategie, die aus 29 Währungen (sowohl Währungen aus G10-Ländern als auch Emerging Markets) auswählen kann. Seit Jahresbeginn erzielte diese Strategie eine Performance von etwa 17%.

Dabei kaufen wir die fünf Devisen mit den höchsten Zinsen und verkaufen die fünf mit den niedrigsten. Einmal im Quartal wird umgeschichtet. Wichtig ist, dass die aus den Forward-Kursen impliziten Zinsdifferenzen verwendet werden, da diese im Carry Trade die Rendite treiben. Diese können manchmal stark von den aus den Leitzinsen abgeleiteten Spreads abweichen. Seit Februar 2005 erzielte diese Strategie eine jährliche Rendite von rund 5% vor Transaktionskosten, die bei sorgfältiger Ausführung pro Jahr im niedrigen zweistelligen Basispunktbereich liegen. Da wir einen Währungskorb für die Long- und die Short-Seite des Carry Trades verwenden, vermindern wir landesspezifische Risiken.

Seit 2021 hat die Performance-Entwicklung der Carry-Trade-Strategie enorm an Fahrt gewonnen. Einige Zentralbanken in den Emerging Markets fingen 2021 an, aggressiv die Zinsen zu erhöhen. Diese Zinsanhebungszyklen haben den Carry Trades dieses Jahr starken Auftrieb verliehen. Kurzfristig ist wegen der bereits sehr starken Jahresperformance Zurückhaltung geboten. Ungeachtet dessen hat der Carry Trade mit Emerging-Markets-Devisen eine starke Anziehungskraft für mutige Investoren, die nach höheren Renditen suchen.

*) Van Luu ist Global Head of Solutions Strategy, FI and FX, bei Russell Investments.