ESM sieht steigendes Staatsanleiheangebot
ESM sieht steigendes
Staatsanleiheangebot
Studie: Anleger könnten höhere Renditeforderungen stellen
kjo Frankfurt
Die Refinanzierungskosten europäischer supranationaler Emittenten haben in den vorigen Jahren geschwankt und damit am Markt eine Debatte über die möglichen Ursachen ausgelöst. Nun hat der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) hierzu eine Analyse vorgelegt. Einige Marktexperten behaupteten, dass die Ausweitung der Renditeabstände europäischer supranationaler Adressen auf Zweifel an ihrer Kreditwürdigkeit und auf die Unsicherheit der EU als neuen großen Bond-Emittenten zurückzuführen sei. Die ESM-Experten stellen indes fest, dass die Ausweitung und die anschließende Umkehrung hauptsächlich eine Folge der Veränderungen der Differenz zwischen Bundrenditen und Swap-Sätzen gewesen sei. Die Renditen europäischer supranationaler Adressen folgten stärker den Swap-Sätzen, da die Märkte supranationale Anleihen auf der Grundlage dieser Sätze bewerten, während die Bundrenditen weniger stark anstiegen und bis 2022 und 2023 relativ niedrig blieben, so Kalin Anev Janse, CFO des ESM, Rolf Strauch, Chefvolkswirt, und Gergely Hudecz, Leiter der Marktanalyse des ESM.
Lücke zwischen Bund und Swap
Es habe sich eine Lücke zwischen Bundesanleihen und Swap-Sätzen gebildet, zum Teil aufgrund der Knappheit an frei handelbaren Bundesanleihen auf den Märkten. Der Anteil der von Zentralbanken gehaltenen Bundesanleihen habe 2022 seinen Höhepunkt erreicht, wobei fast die Hälfte in der Bilanz des Eurosystems gebunden gewesen sei. Die Knappheit der verfügbaren Bonds könnte die Kurse nach oben und die Renditen im Vergleich zu Swap-Sätzen nach unten getrieben haben, heißt es. In der Zwischenzeit habe die Europäische Zentralbank (EZB) begonnen, die Zinssätze anzuheben, was die Swapsätze in die Höhe getrieben und ebenfalls zu einer Divergenz zwischen (höheren) Swapsätzen und (niedrigeren) Bondrenditen beigetragen habe. Die EZB habe zwar auch einen großen Anteil an supranationalen Anleihen, doch die Renditen dieser Titel seien weiterhin an Swap-Sätze angepasst gewesen.
2024 habe sich dieser Trend umgekehrt. Die Geldpolitik wurde gelockert und die Swap-Sätze gesenkt, während das Bondangebot gestiegen sei und die Renditen nach oben gedrückt habe. Die Anleiherenditen seien seit Oktober auf breiter Front gestiegen, wobei die Renditen deutscher und französischer Staatsanleihen im Februar um rund 40 Basispunkte zulegten. Infolgedessen habe sich der Unterschied zwischen Swap-Sätzen und Bundrenditen verringert. Die europäischen supranationalen Anleihen zeigten sich mit einem begrenzteren Anstieg der Renditen um etwa 30 Basispunkte widerstandsfähig.
Nettoangebot an Staatsanleihen wird zunehmen
In jüngerer Vergangenheit scheinen die Anleiherenditen stärker auf die Angebotsdynamik zu reagieren, meinen die ESM-Experten. Die Zugeständnisse bei Spreads bei großen Anleiheauktionen seien 2024 im Vergleich zu 2022 größer geworden, was demonstriere, dass Emittenten einen höheren Aufschlag für die Platzierung ihrer Anleihen zahlen müssen.
Die 2022 beobachtete Knappheit schien sich eher auf Bundesanleihen zu beziehen, doch der Anstieg des Nettoangebots im Jahr 2024 sei breiter angelegt gewesen. Während ein leichter Rückgang der staatlichen Haushaltsdefizite erwartet werde, erhöhe die Bilanzverkürzung des Eurosystems das Volumen der Anleihen, das die Finanzmärkte aufnehmen müssten. Da die EZB die Erlöse aus ihren fällig werdenden Anleihen nicht mehr reinvestiere, müssten die Regierungen mehr Finanzmittel bei privaten Anlegern aufnehmen. Insgesamt werde das von den Finanzmärkten aufzunehmende Nettoangebot an Staatsanleihen in den nächsten Jahren zunehmen, und die Anleger könnten infolgedessen höhere Renditen verlangen. Für europäische supranationale Emittenten sei dies weniger besorgniserregend, für Mitgliedsstaaten mit großem Finanzierungsbedarf jedoch ein Warnsignal.