Der chinesische Yuan macht sich in Russland breit
Ukraine-Krieg
Der Yuan macht sich
in Russland breit
Chinesische Währung überrundet Dollar
Eduard Steiner, Moskau
ste Moskau
Es hat fast Symbolcharakter. Und wenn es noch eines Beweises bedurfte, dass Russland sich von seiner vormaligen Westorientierung ab- und seinem südöstlichen Nachbarn China zuwendet, so wurde er im Februar erbracht. Just wenige Wochen bevor Chinas Staatschef Xi Jinping seinen Amtskollegen Wladimir Putin besuchte, zeigte sich in Moskau, dass auch bei den Währungen eine Verschiebung stattfindet.
Bei den Transaktionen an der Moskauer Börse hatte plötzlich der chinesische Yuan den Dollar, neben dem Rubel über Jahrzehnte die Lieblingswährung der Russen, überrundet und war in der Monatsstatistik zur meistgehandelten Devise in Russland geworden. Dies sei zum ersten Mal in der Geschichte der Fall gewesen, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg zu Wochenbeginn auf Grundlage der diesbezüglichen Tagesberichte der Börse. Im März sei der Abstand zwischen den Währungen der beiden Großmächte beim Handelsvolumen in Russland noch mehr zugunsten der chinesischen gestiegen. Dies ist umso bemerkenswerter, als das Handelsvolumen in Yuan vor Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine „vernachlässigbar“ gewesen sei, wie Bloomberg betont.
Der Krieg und vor allem die darauffolgenden Sanktionen des Westens gegen Russland haben zu den tektonischen Verschiebungen geführt. Der Effekt zeigt sich schon darin, dass sich der russische
Außenhandel vehement zugunsten Chinas verschoben hat, wie die Börsen-Zeitung kürzlich ausführlich berichtete – gegenüber 2021 stieg das Handelsvolumen mit China im vergangenen Jahr um 29% auf den Rekordwert von 190 Mrd. Dollar, so dass China bereits über 22% des gesamten russischen Außenhandels abdeckte (beim Gesamtimport lag Chinas Anteil bereits bei 30%). Abgerechnet wurde entsprechend immer mehr in Yuan. Diese Veränderungen auf dem Währungsmarkt, darauf weist Bloomberg hin, seien gerade im Jahr 2023 beschleunigt worden, weil einige Banken, die bis zuletzt Auslandsüberweisungen in Dollar und anderen westlichen Währungen hatten durchführen dürfen, zusätzlichen Restriktionen unterworfen worden seien.
Nicht nur russische Unternehmen schwenken nach Osten hin. Auch der Staat geht in diese Richtung. So hat das Finanzministerium seine Operationen auf dem Devisenmarkt nun in Yuan statt wie zuvor in Dollar getätigt. Russland hatte unter Staatspräsident Putin schon viele Jahre vor dem Ukraine-Krieg die Strategie ausgegeben, nicht nur die monopolare Weltordnung, sondern damit einhergehend auch die Dominanz des Dollar zu brechen. Darin trifft es sich mit China, das freilich weitaus stärker in den Handel mit dem Westen verstrickt ist. Bezeichnend, dass die chinesische Zeitung „South China Morning Post“ am Dienstag schrieb, China nütze seine Handelsvorteile für die Propagierung seiner Währung im bilateralen Handel, um den dominanten Dollar im internationalen Währungssystem herauszufordern. Der Yuan sei in vielem bereits eine Reservewährung für Russland, sagte kürzlich Alexander Knobel, Chef des Forschungszentrums für internationalen Handel an der Russischen Akademie für Volkswirtschaft, gegenüber der Zeitung RBC. „Er spielt für uns derzeit eine stabilisierende Rolle.“ Und sein Anteil in Russlands internationalen Verrechnungen werde nur noch weiter steigen, weil er nicht nur eine Währung für den bilateralen Handel, sondern auch eine für den Handel mit anderen Staaten sei, wird Sofija Donez, Chefökonomin der Investmentbank Renaissance Capital für Russland, ebendort zitiert.
Andere Ökonomen haben daran Zweifel, weil andere asiatische Staaten nicht sehr bereitwillig zum Yuan greifen. Und auch in Russland selbst bleibt der Dollar nach wie vor beliebt, wie auch Bloomberg betont. Die Bevölkerung selbst wird übrigens von der russischen Zentralbank wiederholt dazu aufgerufen, ihr Vermögen in Rubel oder Währungen sogenannter „freundlicher“ Staaten zu halten. Mit 1. Dezember des vergangenen Jahres betrugen die Einlagen der Russen in ausländischer Währung 8,4 Bill. Rubel (96 Mrd. Dollar), dies sind 21% aller Einlagen. 58% davon lagen bei ausländischen Banken, bei denen die Einlagen russischer Kunden laut Zentralbank auf das Dreifache stiegen. Unter dem Strich hätten Russinnen und Russen im Vorjahr mit vier Billionen Rubel eine historische Rekordsumme ins Ausland transferiert.