Gesetzesentwurf

Fondsstandortgesetz ist Evolution statt Revolution

Das Bundeskabinett hat den Entwurf für ein Fondsstandortgesetz gebilligt. Der Name weckt Erinnerungen an die vier Finanzmarktförderungsgesetze, mit denen der deutsche Gesetzgeber um die Jahrtausendwende wichtige Impulse zur Stärkung der...

Fondsstandortgesetz ist Evolution statt Revolution

Das Bundeskabinett hat den Entwurf für ein Fondsstandortgesetz gebilligt. Der Name weckt Erinnerungen an die vier Finanzmarktförderungsgesetze, mit denen der deutsche Gesetzgeber um die Jahrtausendwende wichtige Impulse zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzsektors gesetzt hatte.

Zwar tritt der Entwurf nicht in diese Fußstapfen, er entwickelt aber das Wurzelwerk der Produktlandschaft weiter und beseitigt damit einige Defizite des Fondsstandortes zum Beispiel im Vergleich zum Nachbarland Luxemburg. Auch helfen einige Vorschläge, bürokratischen Ballast abzuwerfen und Prozesse zu beschleunigen. Auf den ersten Blick wird allerdings deutlich, dass der Bezug zur Fondsregulierung bei zentralen Punkten des Gesetzentwurfs eher mittelbarer Natur ist. Die Politik zielt vor allem auf die Förderung von Wagnis- und Mitarbeiterkapital. Dies spiegelt sich auch in der öffentlichen Diskussion wider.

Neue Instrumente

Die Regierung will aber auch den Werkzeugkasten für Fondsanbieter um neue Instrumente ergänzen. Das ist ein richtiger Schritt, gilt doch die enorme Flexibilität in der Produktgestaltung als wichtiges Argument für die Fondsauflage in Luxemburg. So werden offene Immobilienspezialfonds, die bislang nur als Sondervermögen zulässig sind, künftig auch in der Rechtsform der Investmentkommanditgesellschaft aufgelegt werden können. Das kann dem dynamisch wachsenden Fondssegment in Deutschland, dessen Nettovermögen in den zurückliegenden zehn Jahren von 30 auf 132 Mrd. Euro gestiegen ist, zu weiterem Auftrieb verhelfen.

Generell stehen offene Immobilienfonds im Käuferwettbewerb mit in- und ausländischen Investoren, die weniger stark reguliert sind und über größere Gestaltungsspielräume verfügen, zum Beispiel bei der Fremdfinanzierung von Objekten. Es ist gut, dass der Entwurf diesen Wettbewerbsnachteil angeht. Künftig sollen sich die Fonds auch indirekt an sogenannten Joint Ventures beteiligen dürfen. Damit werden Joint-Venture-Beteiligungen auch über Zweckgesellschaften möglich, was insbesondere bei Joint Ventures im Ausland hilfreich ist. Zudem sollen mittelbare Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften auch im Inland möglich sein.

Auch bei den geschlossenen Fonds wird das Gesetz Neuland betreten: Sie sollen die aus dem offenen Fondsbereich bekannten Master-Feeder-Strukturen bilden können, und die Rechtsform des Sondervermögens wird erstmals für geschlossene Spezialfonds verfügbar. Diese Maßnahmen können das Wachstum der geschlossenen Fonds in Deutschland, die ein Netto-Fondsvermögen von rund 30 Mrd. Euro verwalten, vorantreiben.

Von großer Bedeutung sind auch die Maßnahmen gegen die überbordende Bürokratie. Endlich soll die elektronische Kommunikation zwischen Fondsgesellschaft und Aufsicht, aber auch mit der Verwahrstelle und soweit möglich den Anlegern Einzug halten. Diesen Fortschritt hatte die Branche bereits für die Umstellung auf das KAGB vor acht Jahren gefordert, als hunderte von Aktenordnern für die Genehmigungsverfahren von Fonds durch die Lande transportiert werden mussten.

Wesentliche Verbesserungen versprechen die Erleichterungen im Zusammenhang mit Änderungen der Anlagegrundsätze eines Fonds. War für den Antrag bislang ein Vorlauf von drei Monaten erforderlich, werden künftig vier Wochen ausreichen. Besonders profitieren offene Immobilienfonds von den neuen Regeln: Heute müssen die Fondsgesellschaften dem Anleger bei wesentlichen Änderungen der Anlagegrundsätze den kostenlosen Umstieg in einen anderen Immobilienfonds anbieten, der den bisherigen Anlagegrundsätzen folgt. Da dies in der Regel praktisch unmöglich ist, verhinderte diese Anforderung in der Vergangenheit jede sinnvolle Änderung der Anlageprinzipien. Künftig reicht wie bei Wertpapierfonds ein kostenloses Rückgabeangebot.

Deutsche Erfolgsmodelle

Das Kapitalanlagegesetzbuch – das KAGB – ist der bislang letzte Meilenstein einer mehr als sechzigjährigen Fondsgesetzgebung in Deutschland. Sie hat stets mit den Entwicklungen der Branche schrittgehalten und das einschlägige EU-Recht, insbesondere die beiden Fondsrichtlinien OGAW und AIFM, vollständig übernommen, zugleich aber die besonderen Qualitäten des Standortes erhalten und ausgebaut. Beispielhaft seien die Spezialfonds und die offenen Immobilienfonds genannt: beides Erfolgsmodelle des Standortes Deutschland und trotzdem im Einklang mit den europäischen Vorgaben. Das KAGB ist also heute schon insgesamt ein gut gemachtes Gesetz.

Die Regierung hat sich Mühe gegeben, verbleibende standortrelevante Defizite zu beseitigen. Ein paar heiße Eisen hat sie jedoch nicht angefasst, zum Beispiel die Regelung, wonach die Fondsverwaltung durch Dritte bei Auslagerung als individuelle Vermögensverwaltung gilt. Damit unterliegt ein Auslagerungsunternehmen neben den Vorgaben der Fondsrichtlinien auch jenen der EU-Marktrichtlinie Mifid. Die Konsequenzen sind bizarr: So muss das Auslagerungsunternehmen die Fondsgesellschaft, von der es mandatiert wurde, einem Geeignetheitstest unterziehen und sie über die Risiken informieren, die sie selbst für den Fonds vorgegeben hat.

In anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union wie Frankreich oder Luxemburg ist das nicht der Fall. Das beeinträchtigt den Standort Deutschland wirklich in seiner Wettbewerbsfähigkeit. Der Entwurf steht daher eher für Evolution als für Revolution – Erinnerungen an die Jahrtausendwende bleiben im Land der Träume. Dabei darf man jedoch nicht vergessen: Standortpolitik findet nicht nur in der Rechtssetzung statt, sondern auch in der Rechtsanwendung, insbesondere durch die Aufsicht.

Marcus Mecklenburg ist Leiter Recht beim deutschen Fondsverband BVI.

In dieser Rubrik veröffentlichen wir Kommentare von führenden Vertretern aus der Wirtschafts- und Finanzwelt, aus Politik und Wissenschaft.

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