Geld oder BriefFresenius

Fresenius muss Überzeugungsarbeit leisten

Mit einigen Gewinnwarnungen hatte Fresenius in der Vergangenheit Vertrauen verspielt. Eine strategische Neuausrichtung soll den Gesundheitskonzern wieder auf Kurs bringen. Erste Lichtblicke sind da, doch das Management muss mehr liefern, um wieder Vertrauen und Fantasie für die Aktie zu schüren.

Fresenius muss Überzeugungsarbeit leisten

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Fresenius muss Überzeugungsarbeit leisten

Von Sabine Wadewitz, Frankfurt

Fresenius-Vorstandschef Michael Sen ist im Oktober vergangenen Jahres an Bord gegangen, um das Ruder beim Gesundheitskonzern Fresenius herumzureißen. Er treibt intensiv die Neuausrichtung im Portfolio voran und will den Dax-Konzern ertragsmäßig wieder auf Kurs bringen. Der erfahrene Manager hatte gewarnt, dass der Strategieschwenk nicht über Nacht gelingen kann, zumal Sen nicht angetreten ist, mit übereiltem Portfolioumbau eine kurzfristige Ertragsmaximierung zu bewirken, die sich langfristig als nicht nachhaltig erweist. Augenwischerei ist seine Sache nicht, insofern ist Geduld gefragt, bis beharrliche Bemühungen um Effizienzsteigerung Wirkung zeigen werden. Entsprechend verhalten ist die Aktienkursentwicklung. Es braucht noch Überzeugungsarbeit im Kapitalmarkt, damit sich die Titel wieder früheren Bewertungen nähern.

Sichtbarstes Zeichen der Neuausrichtung ist bislang der eingeleitete Rechtsformwandel der Dialyse-Tochter Fresenius Medical Care (FMC) von der Kommanditgesellschaft zur Aktiengesellschaft. Mit diesem Schritt ändert sich zwar nichts an der Höhe der Beteiligung von 32%. Doch Fresenius muss FMC, die seit geraumer Zeit unter Ertragsproblemen leidet, mit dem Formwechsel nicht mehr voll konsolidieren. Damit nimmt der bilanzielle Einfluss spürbar ab, und für beide Einheiten verringert sich die Komplexität der Strukturen.

Aktiver Ankeraktionär

Der Formwechsel ist zudem ein fundamentaler Schritt in eine unabhängigere Unternehmenssteuerung, wobei Fresenius-CEO Sen schon angekündigt hat, er werde ein aktiver Aktionär von FMC bleiben. Sen führt auch den Aufsichtsrat des Dialysespezialisten im neuen Rechtskleid.

Im Zuge der strategischen Neuausrichtung hat Fresenius ihr Portfolio in „Operating Companies“ und „Invest­ment Companies“ eingeteilt. Zu Ersteren zählen die auf Infusionstherapien und klinische Ernährung fokussierte Fresenius Kabi sowie der Krankenhausbetreiber Helios. Neben FMC wird nun auch der österreichische Krankenhausdienstleister Vamed nur noch wie eine Finanzbeteiligung geführt. Für Vamed hat Sen eine Rosskur eingeleitet, nachdem die Gesellschaft stärkere Ertragseinbußen verzeichnete als befürchtet. Die Führungsspitze wurde ausgetauscht und ein Restrukturierungsprogramm gestartet. Vamed soll ihr Projektgeschäft neu ausrichten und sich im Servicegeschäft aus Nichtkernaktivitäten zurückziehen. Im vierten Quartal soll die Verluste schreibende kleinste Tochter von Fresenius dann operativ die Trendwende erreichen.

Abschreibungen bei Vamed

Dass Fresenius sich von Vamed trennen möchte, ist kein Geheimnis – man will die Einheit aber nicht verschleudern. Erst mal wird es für Fresenius noch teuer: Für das Einstellen von Geschäftsaktivitäten und damit verbundene Wertberichtigungen und Rückstellungen verbuchte Fresenius im zweiten Quartal negative Sondereffekte von 332 Mill. Euro. Weitere Abschreibungen sowie Restrukturierungskosten zeichnen sich im Volumen von 200 bis 250 Mill. Euro ab, hieß es, davon etwa 60 bis 80 Mill. Euro zahlungswirksam.

Lichtblicke gibt es dagegen im laufenden Jahr bei FMC, der zweiten und deutlich größeren „Investment Company“. FMC-Konzernchefin Helen Giza geht davon aus, dass sich Arbeitsmarkt und inflationäres Umfeld stabilisieren und der Ergebnisrückgang 2023 weniger drastisch ausfällt als anfangs vorhergesagt. Die in den MDax abgestiegene FMC-Aktie immerhin zeigt seit November vergangenen Jahres einen Aufwärtstrend, aber auch die Titel sind weit von früher erreichten Kursen entfernt.

In den Analystenempfehlungen für die Fresenius-Aktie spiegelte sich zuletzt mehrheitlich Zuversicht. Bis Ende Juli gab es zwölf Kaufempfehlungen, sieben Halte- und keine Verkaufsempfehlung. Im ersten Halbjahr verzeichnete die Fresenius-Aktie noch einen Rückgang von 3%, während der Dax um 16% nach oben kletterte. Die Ankeraktionärin Else-Kröner-Fresenius-Stiftung mit 27% herausgerechnet, wird der größte Teil des Aktienkapitals von US-Adressen gehalten.

Positive Analystenstimmen

Nach vielen Enttäuschungen wurde Fresenius Ende Juli im Markt fast durchweg ein solides zweites Quartal bescheinigt. Die Schweizer Großbank UBS etwa hat die Einstufung für Fresenius auf „Buy“ mit einem Kursziel von 32,50 Euro belassen. Es gebe Hoffnungsschimmer im Infusionsgeschäft der Tochter Kabi und der Konzern sei auf gutem Weg in Richtung oberes Ende der Jahresziele. Die britische Investmentbank Barclays erhöhte das Kursziel auf 35 Euro, verwies ebenfalls auf die „ermutigende“ Entwicklung von Kabi und attestierte Fresenius „erhebliches Wertpotenzial“. Warburg Research („Buy“ mit Ziel 35 Euro) hielt den Ausblick für konservativ. Vorsichtiger blieb die US-Bank J.P. Morgan, die ihre Einstufung auf „Neutral“ mit Kursziel von 29,60 Euro beließ. Fresenius zeige erste Anzeichen der Stabilisierung und ein ordentliches Betriebsergebnis (Ebit).