Gas Natural arrangiert sich mit Großaktionär
Von Thilo Schäfer, MadridWie viele Energieversorger galt Gas Natural Fenosa lange Zeit als eine konservative, aber eher unspektakuläre Anlage. Dazu trug auch der Pakt zwischen den beiden größten Aktionären des spanischen Unternehmens, der Bank La Caixa und dem Erdölkonzern Repsol, bei. Mit gemeinsam zwei Dritteln des Kapitals hatten diese den Gasversorger über zwei Jahrzehnte lang gesteuert. Im Sommer dümpelte die Aktie zwischen 17 und 18 Euro vor sich hin, als Anfang September die Nachricht vom Einstieg eines neuen Großaktionärs bekannt wurde. La Caixa – über ihre Industrieholding Criteria – und Repsol trennten sich von jeweils 10 % ihrer Anteile, die sie an Global Infrastructure Partners (GIP), einen spezialisierten Fonds aus New York, verkauften – zum stolzen Preis von 19 Euro pro Aktie. Die insgesamt 3,8 Mrd. Euro der Operation kamen den beiden Verkäufern sehr gelegen, und Gas Natural Fenosa hat nun mit La Caixa (24 % der Aktien) sowie Repsol und GIP mit jeweils 20 % drei Haupteigentümer.Die Analysten sind sich nicht schlüssig über das Potenzial der Aktie, die seit der Operation wieder klar unter den 19 Euro notiert, die die Nordamerikaner gezahlt haben. Bei GIP denkt man langfristig. “Gas Natural hat ein hervorragendes Portfolio von Aktiva im Gas- und Strombereich, das solide und stabile Cash-flows generiert”, erklärte GIP-Chairman Adebayo Ogunlesi. Das Geschäftsmodell des Ibex-35-Unternehmens ist in der Branche in der Tat eher ungewöhnlich. Gas Natural erwarb 2008 den Stromversorger Unión Fenosa und bietet seitdem sowohl Erdgas als auch Elektrizität aus einer Fülle von Quellen, darunter Atomkraft und erneuerbare Energien, an. Der Konzern fördert selbst Gas und produziert Strom, aber mehr als die Hälfte des Betriebsergebnis wird durch die Leitungsnetze und sonstige Infrastruktur erzielt, die auch an Dritte vermietet wird. Im ersten Halbjahr steuerte Spanien 55 % zum Ebitda bei, aber Gas Natural ist in 30 weiteren Ländern aktiv, vor allem in Lateinamerika. Der Großteil des Geschäfts findet zudem in regulierten Märkten statt, was zusätzliche Stabilität gewährt. Erfahrener ManagerMit dem früheren Chef von La Caixa, Isidro Fainé, steht nun ein sehr erfahrener Manager an der Spitze des Energiekonzerns, freilich als Non Executive Chairman. “Es bleibt abzuwarten, ob der neue Vorsitzende ein engeres Verhältnis zu den Märkten aufbaut als sein Vorgänger”, urteilten die Analysten von Ahorro Corporación. “Im Grunde sind aber keine relevanten Veränderungen in der Strategie zu erwarten, weder seitens Fainés noch von GIP”, vermuten sie. Andere Branchenkenner unterstellen dem 74-jährigen Fainé jedoch große Ambitionen, Gas Natural voranzutreiben und besonders die internationale Präsenz auszubauen – in Spanien ist die vorherrschende Stellung mit einem Marktanteil von 58 % bei der Gasversorgung kaum noch zu verbessern.Wochen vor dem Einstieg von GIP hatte der alte und neue CEO, Rafael Villaseca, den Strategieplan vorgestellt, der Investitionen von 14 Mrd. Euro bis 2020 vorsieht. Der Schwerpunkt liegt dabei im Ausbau erneuerbarer Energien und den Schwellenländern, die im Gegensatz zu den reifen Industrienationen noch Wachstumspotenzial aufweisen. Lateinamerika trägt ein Drittel zum Ergebnis bei, und die Spanier sind in fünf der sechs wichtigsten Märkte jenseits des Atlantiks, in denen sie operieren, Marktführer bei der Gasversorgung.Mehr noch hat Gas Natural wie viele andere spanische Konzerne in Lateinamerika zuletzt unter der Abwertung der örtlichen Währungen gegenüber dem Euro gelitten, die das Halbjahresergebnis verhagelten. Die Wechselkurseffekte hatten einen negativen Effekt von 114 Mill. Euro auf das Ebitda in den ersten sechs Monaten des Jahres, das bei 2,46 Mrd. Euro lag, 6 % weniger als im Vorjahreszeitraum. “Wir erwarten, dass die Wechselkurse nun eine weniger negative Rolle spielen werden und die Aktivitäten in den regulierten Märkten zunehmen”, kommentierte BNP Paribas in einer Studie. Die Analysten der Citigroup verweisen ebenfalls auf ein baldiges Ende der negativen Währungseffekte sowie das “robuste” Geschäft in Spanien. Auf dem Heimatmarkt profitiert Gas Natural von der anhaltend guten Konjunktur, mit einem Wirtschaftswachstum von mehr als 3 %. An der politischen Front ist die Aussicht darauf, dass nach monatelangem Stillstand nun wohl kein Linksbündnis an die Regierung kommt, aus Sicht der Energiekonzerne eher positiv, obwohl sie auch mit der bisherigen konservativen Exekutive einige Differenzen hatten.Wie die meisten Werte des Schwergewichtsindex Ibex 35 glänzt Gas Natural Fenosa mit einer äußerst großzügigen Dividendenpolitik. Im Rahmen des Strategieplans soll die Ausschüttung von zuletzt 66 % des Gewinns auf 70 % steigen und eine Dividende von 1 Euro pro Aktie garantiert werden. In diesem Jahr verteilte Gas Natural 1 Mrd. Euro an die Eigentümer, 10 % mehr als 2015.Doch das gefällt nicht allen Analysten, die auf die relativ hohen Verbindlichkeiten des Konzerns verweisen. Die Nettoverschuldung lag Ende Juni bei 15,7 Mrd. Euro, beim 3,1-Fachen des Ebitda, womit die Spanier am oberen Rand der Branche liegen. Dank des Anleihekaufprogramms der Europäischen Zentralbank hat nun auch Gas Natural die Chance, die Finanzierungskosten deutlich zu senken. Bis 2018 werden Anleihen im Wert von 5,7 Mrd. Euro fällig, die zu erheblich niedrigeren Zinsen refinanziert werden können. Das könnte den Gewinn von Gas Natural nach Berechnungen von UBS um 10 % steigern. Moderate ZieleDer Konzern hat sich moderate Ziele gesteckt. Der Strategieplan sieht bis 2020 ein Wachstum des Ebitda von 3 % und des Reingewinns von 4 % auf 1,8 Mrd. Euro vor. Allerdings warnt das Unternehmen selbst vor Risiken, wie etwa den Wechselkursen und den Rohstoffpreisen.Die Aktie schloss nach einem Jahrestiefststand von 13,90 Euro im Februar und dem Hoch von 19 Euro beim Einstieg von GIP am Donnerstag bei knapp 18 Euro, womit der Marktwert des Unternehmens 17,75 Mrd. Euro beträgt. Seit Januar hat das Papier gut 3 % zugelegt, während der Ibex 8 % verlor. Der Konsens der Analysten von Bloomberg sieht die Aktie mittelfristig bei 19,17 Euro. Am optimistischen Ende steht Citigroup mit einer Prognose von 25 Euro.