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Geldregen für Dividendenjäger

Ausschüttungen der Dax-Konzerne steigenAttraktivere Renditen als am Bondmarkt

Geldregen für Dividendenjäger

Das Interesse an dividendenstarken Aktien deutscher Unternehmen ist ungebrochen. Sie bieten höhere Renditen als Staats- und Unternehmensanleihen guter Bonität und versprechen zudem in aller Regel sehr stabile Erträge. Von Björn GodenrathFür das Geschäftsjahr 2011 haben allein die im Blue-Chip-Index Dax gelisteten Unternehmen knapp 28 Mrd. Euro an ihre Anteilseigner ausgeschüttet, und in der nun bevorstehenden Dividendensaison könnte der bislang gültige Spitzenwert aus dem Jahr 2007 fallen: Analysten rechnen damit, dass die 30 größten börsennotierten Konzerne aus Deutschland diesmal annäherd 29 Mrd. Euro an ihre Anteilseigner auskehren. 21 der Konzerne dürften sogar eine Erhöhung der Ausschüttung vornehmen, nachdem im Vorjahr 19 von 30 Firmen draufgesattelt hatten. Für den europäischen Auswahlindex Euro Stoxx 50 sind die Dividendenerwartungen in den vergangenen Monaten hingegen gesunken. Da ist es kein Wunder, dass sich die Augen der Investoren vor allem auf den Dax richten. Der weist zurzeit eine Dividendenrendite (Dividendenzahlung im Verhältnis zum Aktienkurs) von knapp 4 % aus. Das ist nicht zuletzt deutlich mehr, als Anleger derzeit für eine Bundesanleihe mit zehnjähriger Laufzeit erhalten: Sie rentiert aktuell mit mageren 1,4 %. Nachdem die Anleiherenditen ein Vierteljahrhundert lang im Schnitt um zwei Prozentpunkte höher lagen als die Dividendenrendite, besteht nun ein Delta von rund 2,5 Prozentpunkte in entgegengesetzter Richtung. Insofern überrascht es nicht, dass Anleiheinvestoren auf der Suche nach Alternativen verstärkt ausgesuchte Segmente des Aktienmarktes in den Fokus nehmen – und bei hoher Risikoaversion dient die Dividendenrendite als Sicherheitspuffer für eventuelle Kursrückschläge. Klarer Vorteil für AktionäreMit Anleihen vieler Unternehmen lässt sich keine reale Rendite mehr erzielen. Vorzeigeadressen wie Adidas, Siemens und BASF zahlen Zinsen von nur noch 1 bis 1,5 % für Papiere mit einer Laufzeit von sechs Jahren und mehr – und nutzen so das Bedürfnis der Anleger nach Sicherheit aus. Allerdings weist Adidas angesichts einer guten Kursentwicklung sowie des immer noch auf Wachstum getrimmten Geschäftsmodells (die Ausschüttungsquote liegt in einem Korridor zwischen 20 % und 40 %) eine relativ geringe Dividendenrendite von rund 1,6 % aus. Dafür bietet ein Titel wie Adidas ein hohes Maß an Sicherheit, hat sich der Konzern doch im trüberen Konsum-Umfeld zuletzt gut behaupten können – selbst die Schwäche der Tochter Reebok sowie anhaltend steigende Bezugspreise für Rohstoffe hat der Konzern gut kompensieren können. Adidas gute Marktstellung fungiert für Investoren somit als Sicherheitsnetz, dürfte sich die Aktie doch selbst in einem Abschwung gut behaupten. Das Papier bietet zudem Aufwärtspotenzial, sollte es bei stabiler Konjunktur doch überdurchschnittlich wachsen können. Denn das ist es ja, was Dividendenwerte letztendlich so attraktiv macht: Neben der Ausschüttung können Anleger von Kurssteigerungen profitieren. Dies schmälert zwar rechnerisch die Dividendenrendite, aber die ist ja ohnehin nur ein Orientierungspunkt bei der Titelauswahl. Die Aktie von Siemens zum Beispiel weist eine Dividendenrendite von rund 4 % auf – also deutlich mehr als die 1,5 %, die Bondinvestoren von dem Konzern bekommen. Zudem hängte der Wert den Dax in den zurückliegenden Monaten deutlich ab, obwohl die Wachstumsfantasie zuletzt doch ganz schön nachließ. Was außerdem für viele Werte aus dem Dax und auch dem Nebenwertesegment MDax spricht: In beiden Indizes sind die Sektoren Industrie, Auto und Chemie prominent vertreten, die global verankert sind und dadurch den sinkenden Absatz im Euroraum gut kompensieren können. Telekomwerte und Energieversorger sind da schwächer aufgestellt. Die Deutsche Telekom bleibt aber selbst mit der für 2014 auf 0,50 Euro je Aktie gekürzten Dividende ein attraktiver Wert aus diesem Anlageuniversum: Die Dividendenrendite für 2014 beträgt bei derzeitigem Kursniveau immer noch stolze 5,8 %. Für 2012 werden unverändert 0,70 Euro je Aktie ausgezahlt, was die Dividendenrendite aktuell auf gut 8 % stellt. Für 2013 und 2014 wird die Auszahlung an die Aktionäre auf 0,50 je Aktie gekappt, teilweise soll die Dividende in Aktien ausgezahlt werden. Mit dem einbehaltenen Kapital wollen die Bonner Investitionen finanzieren. Die Kursreaktion seit Verkünden der negativen Dividendenbotschaft signalisiert immerhin, dass Anleger in der Aktie zumindest zunächst positioniert bleiben. Nächster Dividendenstichtag für T-Aktionäre ist der 17. Mai.Sich bei der Titelauswahl allein an der Dividendenrendite zu orientieren, wäre allerdings viel zu einfach. Das belegt allein das Stichwort Dividendenkontinuität: Hat das Unternehmen eine schwere Phase zu überstehen, so kann die Ausschüttung sogar komplett entfallen. So gehen die Anteilseigner des spanischen Telekom-Rivalen Telefónica für 2012 komplett leer aus. Gefahren drohen auch Branchen, die von Regulierungsschritten bedroht sind. So müssen derzeit viele Banken Gewinne thesaurieren, um anspruchsvolleren Eigenkapitalerfordernissen zu genügen – das nagt an den Ausschüttungen. Die vom Staat aufgefangene Commerzbank ist derzeit der einzige Dax-Wert, der die Dividende komplett ausfallen lässt. Tiefe EinschnitteProminente Regulierungsopfer sind auch die Energieriesen. Wegen der vom Bund beschlossenen Energiewende müssen sich Eon und RWE ein Stück weit neu erfinden – und Kapital einbehalten, um den Übergang zu gestalten. Eon zahlte zuletzt ein Drittel weniger aus als zuvor, RWE kürzte die Dividende von 3,50 Euro auf 2 Euro je Aktie. Da die Aktienkurse der beiden Konzerne aber unter Druck stehen, bleiben sie – stabile Ausschüttungen vorausgesetzt – mit Dividendenrenditen von 6 % bis knapp 8 % in der Spitzengruppe. Wer jetzt einsteigt, setzt darauf, dass die Energieriesen das Schlimmste hinter sich haben und die Risiken mittlerweile im Kurs eskomptiert sind.Welch starken Anteil die Dividenden an der langfristigen Aktienanlage haben, veranschaulicht folgende Rechnung: In den vergangenen 20 Jahren erzielten Aktien eine durchschnittliche Rendite von 7 % – knapp die Hälfte davon wurde aus Gewinnausschüttungen gespeist. Die durchschnittliche Ausschüttungsquote im Dax liegt derzeit knapp unter 50 %, also leicht niedriger als das langjährige Mittel. Dies lässt vermuten, dass von dieser Seite trotz der jüngsten Dax-Rally immer noch neue Impulse kommen können.