Chinas Aktienmarkt

Härtetest für Chinas künstliche Aktien-Rally

Peking hat mit massiven Eingriffen heimische Aktien wieder aus der Delle gezogen. Die Voraussetzungen für eine nachhaltige Rally sind konjunkturseitig jedoch nicht gegeben. Kein Wunder, dass sich ausländische Investoren vorerst lieber zurückhalten.

Härtetest für Chinas künstliche Aktien-Rally

Härtetest für Chinas künstliche Aktien-Rally

Blue-Chip-Index CSI 300 kommt wieder in Fahrt –  Ausländische Investoren misstrauen dem Braten – Konjunkturimpulse dringend gesucht

Peking hat mit massiven Eingriffen ins Börsengeschehen heimische Aktien wieder aus der Delle gezogen. Die Voraussetzungen für eine nachhaltige Rally sind trotz der Anstrengungen konjunkturseitig allerdings weiterhin nicht gegeben. Kein Wunder, dass sich ausländische Investoren vorerst lieber zurückhalten.

nh Schanghai

Für China-Investoren tut sich eine schwierige Frage auf. Kann man davon ausgehen, dass die wuchtige staatliche Stützungskampagne für den Aktienmarkt die Vertrauenskrise der heimischen Privatanleger besiegt und für eine lang anhaltende Rally sorgt? Oder werden weiterhin wenig rosige Konjunkturperspektiven schon alsbald den Mut wieder schwinden lassen und einen neuerlichen Baissetrend einleiten?

Peking verschafft sich Luft

Tatsache ist, dass die Regierung sich mit ihrer im Februar begonnenen monumentalen Stützungsoffensive einige Luft an den Festlandbörsen verschafft hat. Der Blue-Chip-Index CSI 300, der am 2. Februar auf ein Fünfjahrestief bei 3.180 Punkten abgerutscht war, ist zuletzt wieder über die Komfortgrenze bei 3.500 Punkten gegangen. In den vergangenen Wochen hat das Barometer um gut 11% zugelegt. Auch für das laufende Kalenderjahr befindet man sich nun wieder 5% im Plus.

Nationalteam in Action

Es handelt sich freilich um eine staatlich erzwungene Rally in einem Stil, den man so wohl nur in China vorfinden kann. Das sogenannte Nationalteam, aus Vehikeln, die sich für Stützungskäufe an verschiedenen Fronten hergeben, ist nun um den Central Huijin Investments erweitert worden. Dabei handelt es sich um den Verwalter der direkten Staatsbeteiligungen an den größten Banken des Landes.

Central Huijin agiert vornehmlich über gezielte ETF-Käufe, um bestimmte Indizes nach oben zu ziehen, und hat sich dabei vor allem auf den CSI 300 konzentriert. Nach einer Überschlagsrechnung der UBS, die sich auf auffällige Transaktionsschübe bei über 50 chinesischen ETFs bezieht, dürften Stand Ende Februar mindestens 410 Mrd. Yuan (rd. 53 Mrd. Euro) seitens staatlicher Vehikel in Stützungskäufe gepumpt worden sein. Danach hat es weiterer Anstrengungen bedurft, um die heimischen Börsen auch in der ersten Märzwoche über den Pekinger Volkskongress hinweg bei Laune zu halten.

Harte Eingriffe

Für die Stabilisierung brauchte es allerdings nicht nur gewaltige Stützungskäufe. Vielmehr haben die Finanzregulatoren mit massiven Eingriffen und Strafandrohungen dafür gesorgt, dass jegliche Form von Baissespekulation unterbunden wird. Dabei wurden nicht nur herkömmliche Shortselling-Transaktionen abgewürgt, sondern auch Programmhändlern mit Handels-Limits und der Begrenzung von Leverage-Möglichkeiten Fußfesseln angelegt.

Quant-Fonds in der Zange

Einige der sogenannten Quant-Fonds werden von den Regulatoren wegen ihrer Dispositionen bei Small Caps heftig angegangen. Sie werden für die heftigen Turbulenzen bei den Kleinwerte-Indizes CSI 1000 und CSI 2000 verantwortlich gemacht und sind zum Teil sogar mit Handelsverboten belegt worden.  

Bei aller Effizienz, mit der sich Chinas Behördenapparat gegen die Baisse gestemmt hat, bleibt nun die Frage, ob auch Chinas Privatanleger wieder Mut fassen werden, um stärker ins Risiko zu gehen. Mit einer erfolgreichen Bodenbildung sind die Voraussetzungen für ein tatsächlich optimistisches Anlegersentiment noch lange nicht erfüllt.

Bei den für ausländische Investoren maßgeblichen Benchmarks wie dem MSCI China und dem Hang Seng Index an der Hongkonger Börse ist jedenfalls keine Wendestimmung zu verorten. Freilich haben sich die Vorgaben von den Festlandbörsen auch dort positiv niedergeschlagen. Von einer spektakulären Rally kann aber nicht die Rede sein.

MSCI China spielt nicht mit

Der Hang Seng etwa hat seit dem Anlaufen der Stützungskampagne um rund 5% zugelegt, bleibt für das Kalenderjahr aber noch knapp 3% im Minus. Ähnlich sieht es beim MSCI China Index aus, der im Januar bei 48,6 Punkten auf ein Achtjahrestief zurückgefallen war. Für die globalen Investoren scheint das Signal zum größeren Wiedereinstieg noch nicht gegeben zu sein.

Wackelige Unternehmensgewinne

Sie blicken mit Sorge auf den Gewinntrend bei den in der Benchmark vertretenen Unternehmen. Denen setzt nicht zuletzt der Deflationstrend bei Verbraucher- wie auch Erzeugerpreisen zu. Die Prognosen für die Gewinnentwicklung in 12-Monats-Sicht sehen etwas freundlicher aus als im Herbst. Sie haben sich seit Jahresbeginn aber wieder nach unten entwickelt, weil kein Durchbruch an der Konjunkturfront erkennbar ist.

Mit dem nun sich em Ende zuneigenden jährlichen Pekinger Volkskongress ist man nicht wirklich schlauer geworden. Die Regierung hat sich wie von den Experten erwartet erneut zu einem Wachstumsziel von 5% verpflichtet und damit Konjunkturoptimismus quasi von oben verordnet.

Ambitiöse Vorgabe

Das Beibehalten des Wachstumsziels war von vorneherein eine parteipolitische Prestigeangelegenheit. Alle wissen aber, dass die Marke sehr viel schwieriger zu erreichen sein wird als im vergangenen Jahr, das einen zielkonformen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 5,2% brachte. Jedoch haben Basiseffekte im Abgleich mit dem von der Null-Covid-Politik geprägten Jahr 2022 die Wachstumszielerfüllung denkbar erleichtert.

In diesem Jahr fällt dieser Luxus weg. Nun gilt es unter Beweis zu stellen, dass Chinas Wirtschaft mehr als ein Jahr nach dem Ausstieg aus der Null-Covid-Politik tatsächlich auf einen nachhaltigen Erholungskurs kommt. Das Gros der China-Ökonomen rechnet weiterhin mit einer schleichenden Wachstumserosion und hat für dieses Jahr einen BIP-Anstieg von etwa 4,5% auf dem Zettel.  

Das Ziel steht, der Plan fehlt

Der Volkskongress hat zwar ein ambitiöses Wachstumsziel hervorgebracht, lässt jedoch keinen Plan erkennen, wie das Erlahmen klassischer Wachstumstreiber mit geeigneten Stimulierungsmethoden kompensiert werden kann. Im Vordergrund steht dabei natürlich der von Verschuldungsexzessen chinesischer Bauträger zerzauste Wohnimmobilienmarkt. Hier lässt sich beim besten Willen nicht erkennen, dass der Abschwung in diesem Jahr durchbrochen werden kann.

Zentralbank gefordert

Den nächsten Hingucker werden in Kürze die Inflationsdaten für Februar bringen. Verfestigt sich die Deflationstendenz bei den Verbraucherpreisen, werden die Marktteilnehmer eine offensivere Zinslockerung seitens der Zentralbank beim der nächsten Anpassungstermin am 15. März fordern. Bleibt sie wieder aus, wird Chinas Nationalteam wieder kräftig zulangen müssen, um zu verhindern, dass der CSI 300 wegen mangelnder Stimulierungsperspektiven erneut auf abschüssiges Terrain gerät.

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