Währungsmarkt

Kurs des Pfund ein technischer Spielball

Nachdem in den letzten Monaten an den internationalen Devisenmärkten die Dollarschwäche im Vordergrund stand und auch zu einem etwas festeren britischen Pfund (GBP) geführt hat, hat dieses Währungspaar mittlerweile das 2010er-Tief bei 1,4228...

Kurs des Pfund ein technischer Spielball

Von Axel Rudolph*)

Nachdem in den letzten Monaten an den internationalen Devisenmärkten die Dollarschwäche im Vordergrund stand und auch zu einem etwas festeren britischen Pfund (GBP) geführt hat, hat dieses Währungspaar mittlerweile das 2010er-Tief bei 1,4228 erreicht, was eine technische Korrektur ausgelöst hat. Zusammen mit den Januar- sowie April-2018-Topkursen bei 1,4345/77 bildet das 2010-Tief eine ausgeprägte Resistance-Zone für Pfund/Dollar. Hier sollte es in den kommenden Monaten nicht überraschen, wenn das Pfund diese nicht überwinden kann.

Die technische Gesamtlage beim britischen Pfund ist seit ein paar Tagen negativ gestimmt. Ende Februar 2021 schien noch alles rosig für die Pfund/Dollar-Bullen auszusehen, obwohl die technische Analyse bereits gute Hinweise auf eine Veränderung der Lage andeutete. Da das Februarhoch bei 1,4238 praktisch auf dem gleichen Niveau wie das 2010-Tief bei 1,4228 liegt, bevor die Kurse wieder schwächer gingen, deutet die technische Lage für die kommenden Wochen – eventuell sogar Monaten – keinen erneuten Test dieser Zone an. Stattdessen rechnen wir mit einem Kursrückgang zumindest bis auf die 2020-2021-Aufwärtstrendlinie bei 1,3627. Darüber hinaus sollte es nicht überraschen, wenn sowohl das nächst tiefere alte 2009-Tief, das 2019-Dezemberhoch, sowie auch das 2020-Septemberhoch bei 1,3515/1,3483 getestet werden. Erst von diesem Niveau aus sollte eine Kurserholung einsetzen.

Die erwartete Kurs-Abwärtsbewegung, die bereits vor ein paar Wochen aufgrund der damals überkauften Lage einsetzte, hat wahrscheinlich weniger mit allgemeiner Pfund Schwäche per se und mehr mit der aktuell stabilen Lage des Greenback zu tun. Zum einen kann man davon ausgehen, dass sich die US-Wirtschaft – mit nun über 80 Millionen Corona-Impfungen – wieder auf dem Weg der „Normalisierung“ befindet und daraufhin (institutionelle) Investoren den US-Dollar favorisieren. Zum anderen sollte das von der neuen US-Administration angedachte umfangreiche Konjunkturpaket sowie die finanzielle Unterstützung für die US-Bürger Wirkung zeigen und beim Greenback für technischen Rückenwind sorgen.

Dass die US-Bürger dieses Geld im Regelfall auch zeitnah ausgeben, sollte sich dann auch in den US-Da­ten zu den privaten Ausgaben bemerkbar machen. Wie so oft gibt es aber auch hier eine zweite Seite der Medaille. Dass es längerfristig betrachtet genügend Argumente gibt, weshalb dieses US-Fiskalpaket auch negativ für den Dollar sein kann, sollte nicht verschwiegen werden. Dies könnte im Laufe des zweiten und dritten Quartals 2021 wieder für technischen Rückenwind beim Pfund sorgen und einen neuen, mittelfristigen Aufwärtstrend etablieren. Hierbei ist einkalkuliert, dass in Großbritannien bis dahin wahrscheinlich ein Großteil der Bevölkerung geimpft ist, fast alle Corona-Restriktionen aufgehoben werden und die britische Wirtschaft dann einen Aufholprozess durchlaufen wird. Aus charttechnischer Sicht neigen neue Aufwärtstrends dazu, die alten, langfristig wichtigen Widerstandszonen von 1,4228/1,4377 erneut zu testen. Sollte diese im Laufe des Jahres überwunden werden und auch noch das April-2015-Tief bei 1,4565 übertroffen werden, sollte diese Aufwärtsbewegung in Richtung der nächsten, massiven Resistance-Zone bei 1,4813/1,5020 weiterlaufen. Hier fallen aus charttechnischer Sicht die März- sowie Juli-2013-Tiefs und das Juni-2016-Hoch zusammen. Als technische Konsequenz würde somit auch die Marke von 1,50 mit auf den Tickets der Marktteilnehmer stehen. Im Falle eines bisher nicht erwarteten, noch viel stabileren Aufwärtstrends könnte sogar die 200-Monats-Linie bei 1,5747 in die Diskussion kommen.

Unsicherheit nimmt ab

Nachdem die Unsicherheiten beim Brexit Anfang des Jahres stark abgenommen und von der Diskussion um Corona überlagert wurden, haben sich die Auswirkungen auf den Euro/Pfund-Wechselkurs allerdings sofort bemerkbar gemacht. Dieser ist von einem Hoch bei 0.9230 Ende Dezember in einem Schritt bis zum Februartief bei 0,8549 gefallen, nahe dem mehrjährigen 2015-2021-Aufwärtstrend, der bei ungefähr 0,8574 liegt und weiterhin intakt ist.

Die Corona-Impfungen, das vom Markt positiv interpretierte neue Budget und der von der britischen Regierung publizierte Post-Corona-Plan haben den letzten kurzfristigen Aufwärtstrend im Pfund-Sterling gegenüber dem Euro mitgetragen. Da die Wirtschaftserholung in der Post-Corona-Zeit in Großbritannien aufgrund des vorherigen, kräftigeren Wirtschaftseinbruchs wahrscheinlich zunächst dynamischer als in der Eurozone ausfallen dürfte, sollte aus charttechnischer Sicht ein Verlassen des langfristigen Aufwärtstrends bei 0,8574 einkalkuliert werden.

In dem Fall sollte ein erster, kurzfristiger Trend bis zu den März- und Mai-2019-Tiefs bei 0,8471/65 führen. Die wesentlich wichtigere Unterstützungszone bei 0,8314/0,8239 könnte im Laufe des Jahres ebenfalls getestet werden. Sie besteht aus den Dezember-2016-, April-2017-, Dezember-2019- sowie den Februar-2020-Tief-Kursen und sollte aufgrund der technischen Qualität zunächst nicht zur Disposition stehen. Die technische Gesamtlage zeigt, dass das Pfund Sterling aktuell ein „Spielball“ der verschiedenen Herausforderungen ist.

*) Axel Rudolph ist bei der Commerzbank im Bereich FICC Technische Analyse Research tätig.