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Leichter Rückenwind für Continental vor dem Kapitalmarkttag

Analysten nehmen vor dem Kapitalmarkttag am Montag überwiegend eine neutrale Position gegenüber Continental ein. Doch mehrere hochgestufte Anlageempfehlungen und die Kursentwicklung der Aktie in den vergangenen Wochen zeigen, dass der Konzern derzeit wieder mehr Zutrauen findet.

Leichter Rückenwind für Continental vor dem Kapitalmarkttag

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Leichter Rückenwind für Continental vor Kapitalmarkttag

Von Carsten Steevens, Hamburg

Der Autozulieferer und Reifenhersteller Continental erhält vor seinem Kapitalmarkttag am kommenden Montag leichten Rückenwind von Anlegern. Seit dem 26. Oktober, als der Kurs bei 59,20 Euro fast den Jahrestiefstand von Anfang 2023 markierte, hat die Aktie des Konzerns aus Hannover um 19% auf rund 71 Euro zugelegt. Seit Jahresende 2022 steht ein Plus von mehr als einem Viertel zu Buche.

Damit schneidet Conti besser ab als der Branchenindex Stoxx Europe 600 Automobiles & Parts und als der Dax. Die Verluste des vergangenen Jahres wurden bislang freilich nur zum Teil kompensiert. Zunehmende Sorgen vieler Investoren nach Beginn des Ukraine-Krieges hinsichtlich niedrigerer Produktionsvolumina sowie des Anstiegs der Rohstoff- und Energiekosten hatten 2022 neben anderen Autozulieferern auch stark auf den Conti-Titel gedrückt, der zudem infolge eines sich später abschwächenden Reifengeschäfts fast 40% an Wert verlor.

"Wichtiger Meilenstein"

Das Unternehmen, das von seinem Anfang 2018 erreichten Allzeithoch an der Börse weiterhin mehr als 70% entfernt liegt, konnte zuletzt mit seinen Zahlen zum dritten Quartal punkten. So bezeichnete J.P. Morgan die am 8. November veröffentlichten Ergebnisse als "wichtigen Meilenstein" für Conti, um die 2023 gesteckten Finanzvorgaben zu erreichen. Diese sehen unter anderem eine bereinigte operative Rendite von weiterhin rund 5,5 bis 6,5% vor, womit der Konzern zwar nach wie vor unterhalb der bei den Kapitalmarkttagen vor drei Jahren avisierten mittelfristigen Zielspanne zwischen 8 und 11% bliebe. Verglichen mit 2022, als dem Konzern externe Faktoren wie die Folgen der Corona-Pandemie, der Halbleitermangel sowie deutlich gestiegene Kosten für Rohmaterialien, Vorprodukte, Energie und Logistik zu schaffen machten und mit 5,0% eine bereinigte Ebit-Marge unterhalb des Vorjahresniveaus von 5,5% verbucht wurde, zeichnet sich jedoch eine Verbesserung ab. Ebenso beim bereinigten freien Cashflow, der im vergangenen Turnus mit 200 Mill. Euro Erwartungen verfehlte, weil Zahlungseingänge zum Stichtag sowie das Contitech-Ergebnis geringer ausfielen als antizipiert.

Dem kriselnden Automotive-Bereich, der nach negativen Werten in den vergangenen drei Jahren von −0,2% (2022), −1,4% (2021) und −1,8% (2020) 2023 auf eine bereinigte Ebit-Marge von 2 bis 3% kommen soll, traut J.P. Morgan höhere Renditen von zunächst bis zu 4% in den kommenden zwei Jahren zu. Den größten Hebel sieht die US-Bank, die bei Conti aktuell eine neutrale Position mit einem Kursziel von 76 Euro einnimmt, darin, den Anteil der Forschungs- und Entwicklungsausgaben am Umsatz in den kommenden Jahren zu reduzieren. Beim anstehenden Kapitalmarkttag seien Aussagen dazu ebenso wie zu etwaigen strukturellen Veränderungen wie der Abspaltung eines Teils von Contitech sowie zu weiteren Restrukturierungen und Werksschließungen ein "sehr wichtiges Element".

In den vergangenen Monaten hatten Medienberichte Spekulationen über weitreichende Maßnahmen verstärkt. Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle und der Vorstandsvorsitzende Nikolai Setzer arbeiteten im Sinne des "Best Ownership"-Prinzips an einem radikalen Umbau, so das "Manager Magazin". Reitzle, dessen Mandat als Conti-Aufsichtsratsvorsitzender mit der Hauptversammlung im April 2024 endet, sehe die Zukunft von Conti in der margenstarken Reifensparte des Unternehmens und im Gummi-Bereich und wolle möglichst raus aus dem Autozuliefergeschäft. Dafür soll der seit Mai amtierende Spartenvorstand Philipp von Hirschheydt den Bereich schnell sanieren. Spätestens mittelfristig planten Reitzle und Setzer den Ausstieg.

Auto-Bereich im Fokus

Nach der Vorlage der Drittquartalszahlen kündigte Conti am 13. November an, die Wettbewerbsfähigkeit des Automotive-Bereichs durch Abbau einer mittleren vierstelligen Stellenzahl vor allem im Verwaltungsbereich und durch damit einhergehende jährliche Einsparungen von 400 Mill. Euro ab 2025 stärken zu wollen. Die US-Bank Citigroup stufte im Anschluss ihre Anlageempfehlung für die Conti-Aktie von "neutral" auf "buy" und das Kursziel von 75 auf 87 Euro herauf. Barclays zog vor einer Woche mit einer optimistischeren Einschätzung für Europas Autozulieferer nach. Conti und Forvia seien die Favoriten vor Valeo und Michelin. Die Hannoveraner platzierte die britische Bank von "equal weight" auf "overweight" mit einem neuen Kursziel von 90 anstatt 70 Euro. Und auch Berenberg sieht mehr Chancen und rät seit vorigem Montag bei einem von 68 auf 83 Euro hochgezogenen Kursziel zum Kauf und nicht mehr zum Halten der Conti-Aktie.

Nach Jahren enttäuschender Entwicklungen im Automotive-Bereich von Conti zeigt sich die Hamburger Bank nun zuversichtlicher. Der Margenpfad nach 2023 dürfte ansteigen. Zunehmende Restrukturierungsvorteile, eine verbesserte Effizienz bei Forschung und Entwicklung und eine geringere Forschungs- und Entwicklungsintensität würden dem Konzern helfen, den andauernden Inflationsdruck und ein geringeres weltweites Pkw-Produktionswachstum zu kompensieren. Automotive-Geschäfte in den Bereichen Software, Displays und Fahrerassistenzsysteme stünden vor einer Wachstumsbeschleunigung. Im Automotive-Bereich von Conti hält die Bank 2025 eine bereinigte Ebit-Marge von 5,3% für möglich – der Marktkonsens geht von 4% aus. Im margensteigernden Ersatzreifenmarkt sieht Berenberg zudem Aussichten auf wieder steigende Volumina.

Neue Ziele erwartet

Die Schweizer Großbank UBS, die Continental aktuell mit "neutral" und einem Kursziel von 67 Euro einstuft, äußerte in dieser Woche die Erwartung, dass der Konzern beim Kapitalmarkttag neue mittelfristige Geschäftsziele präsentieren dürfte. Bloomberg-Daten zufolge raten derzeit 14 Analysten zum Halten der Aktie, während acht den Kauf und zwei einen Verkauf empfehlen.