Notiert inMadrid

Banken und Lokalpatriotismus

Madrid hat Barcelona als Finanzplatz längst abgehängt. Durch das Kaufangebot von BBVA droht Sabadell seine Eigenständigkeit zu verlieren.

Banken und Lokalpatriotismus

Notiert in Madrid

Banken und Lokalpatriotismus

Von Thilo Schäfer

Die Rivalität zwischen Madrid und Barcelona beschränkt sich nicht allein auf den Sport oder die Politik. Auch im wirtschaftlichen Bereich konkurrieren die beiden Metropolen Spaniens um Investitionen, Messen und die internationale Aufmerksamkeit insgesamt. Ein symbolischer Punktgewinn für die Hauptstadt Kataloniens war das Börsendebut der katalanischen Parfümeriekette Puig letzte Woche, das weltweit größte IPO des Jahres. Der Vorsitzende Marc Puig läutete die Glocke nicht in der Madrider Börse, sondern in der Borsa de Barcelona. Eine schlechte Nachricht für den Finanzplatz am Mittelmeer ist dagegen der erneute Versuch einer Übernahme von Banco Sabadell durch BBVA. Es handelt sich um das zweitgrößte Kreditinstitut Kataloniens nach Caixabank. Wie Caixabank verlegte Sabadell wegen der Unabhängigkeitsbestrebungen 2017 den Stammsitz nach Alicante, wobei die Geschäfte weiterhin aus der Zentrale in Sant Cugat del Vallés bei Barcelona geführt werden.

BBVA ist sich der Sensibilität der Standortfrage bewusst. In dem schriftlichen Angebot an den Aufsichtsrat von Sabadell wird die „Bedeutung Kataloniens sowohl für Sabadell als auch für BBVA“ ausdrücklich hervorgehoben. Spaniens zweitgrößtes Geldinstitut bot daher an, die Geschäftsführung zwischen Madrid und Barcelona zu verteilen und die Marke Sabadell in der Region beizubehalten. Der Stammsitz soll jedoch in Bilbao bleiben, dem Ursprung von Banco Bilbao Vizcaya Argentaria. Sabadell hat das Angebot abgelehnt, aus finanziellen und strategischen Aspekten. Vielleicht erinnerte man sich in Sant Cugat aber auch an Catalunya Banc, hervorgegangen aus einem Zusammenschluss katalanischer Sparkassen, die 2015 von BBVA geschluckt worden war. Bei den separatistischen Parteien wurde das Nein der Bank gefeiert. „Katalonien braucht Banken, die katalanischen Interessen gehorchen“, erklärte der ehemalige katalanische Ministerpräsident Carles Puigdemont. Seine Partei Junts will die abgewanderten Firmen notfalls mit Sanktionen zur Rückkehr nach Katalonien bewegen. Am Sonntag wird in dem Landesteil gewählt, und Puigdemont rechnet sich Chancen auf die Rückkehr an die Macht aus.

Caixabank macht derweil vor, dass man eine Bank von zwei Zentralen in Madrid und Barcelona aus führen kann. Die Hauptversammlung findet jedoch am Stammsitz in Valencia statt, wie auch die vierteljährlichen Bilanzpressekonferenzen, was bei manchem in Barcelona für Verdruss sorgt. In Madrid spielt der Stammsitz keine Rolle. Von den größeren Banken hat lediglich Bankinter ihre Postanschrift in der spanischen Hauptstadt. Santander ist offiziell in der gleichnamigen Stadt in Kantabrien eingetragen, obwohl inzwischen auch die Hauptversammlung in Madrid stattfindet. BBVA bleibt dagegen seinen baskischen Ursprüngen treu und zitiert die Aktionäre jedes Jahr nach Bilbao. Den patriotischen katalanischen Aktionären von Sabadell würde bei einem Eigentümerwechsel zumindest die Reise nach Madrid erspart bleiben.

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