Im InterviewJordy Hermanns, Anlagestratege von Aegon

Mit Fußballaktien lässt sich kein Geld verdienen

Fußballvereine blicken am Aktienmarkt auf eine sehr schwache Bilanz zurück. Jordy Hermanns, Aktienstratege bei Aegon, erklärt im Interview der Börsen-Zeitung, welche Ausmaße die Underperfomance annimmt, warum die Vereine so schlecht abschneiden und ob er Besserung erwartet.

Mit Fußballaktien lässt sich kein Geld verdienen

Im Interview: Jordy Hermanns

„Man kann nicht wirklich in so etwas investieren“

Aegon-Stratege sieht desaströse Bilanz bei Fußballaktien – Interessen von Fans und Anlegern divergieren – Sportlicher Erfolg hat kaum Einfluss auf Aktien

Fußballvereine blicken am Aktienmarkt auf eine sehr schwache Bilanz zurück. Jordy Hermanns, Aktienstratege bei Aegon, erklärt im Interview der Börsen-Zeitung, welche Ausmaße die Underperfomance annimmt, warum die Vereine so schlecht abschneiden und ob er Besserung erwartet.

Herr Hermanns, Fußball-Aktien haben Anleger in den vergangen Jahren selten glücklich gemacht. Worauf führen Sie die Underperformance zurück?

Wir haben eine Analyse gemacht, die bis 1998 zurückgeht. Wir haben also einen ziemlich langen Datensatz. Und was wir sehen, ist, dass Fußballaktien mit einer sehr großen Marge hinter den allgemeinen Märkten zurückgeblieben sind, über den gesamten Zeitraum etwa 270%. Das ist eine wirklich große Underperformance. Und das haben wir auch voriges Jahr gesehen: Auch in der Saison 2024/25 gab es eine ziemlich große Unterperformance.

Und woran liegt das?

Wir glauben, dass es eine sehr große Diskrepanz zwischen der Schaffung von Shareholder Value, also der Maximierung des Aktienkurses und dem Hauptziel eines Fußballvereins, nämlich Spiele zu gewinnen, Pokale und Ligen zu gewinnen und die Fans zu unterhalten, gibt. Das passt nicht wirklich gut zusammen. Fußballvereine kümmern sich um ihre Ergebnisse und ihre Fans, aber sie kümmern sich nicht so sehr um ihre Aktionäre. Und das ist etwas ganz Anderes. Wenn man das mit anderen Unternehmen vergleicht, sieht man, dass es bei denen einen sehr großen Anreiz gibt, den Shareholder Value zu optimieren. Man hat bei Fußballaktien also eine etwas spezielle Situation, und das kann man auch an den Renditen sehen.

Trotz der mageren Renditen haben Sie den Pelé-Index entwickelt. Was beinhaltet der, und warum haben Sie das getan?

Warum wir das machen, obwohl wir es nicht als Investment Case sehen? Es ist einfach eine Fallstudie zu einem interessanten Thema. Wir bieten den Kunden das nicht an. Es ist kein Anlageprodukt. Man kann nicht wirklich in so etwas investieren. Uns dient das eher zum Spaß und zur Unterhaltung. Wir haben das gemacht, um Einblicke in eine ziemlich interessante Nische des Aktienmarktes zu bekommen.

Was umfasst der Pelé-Index?

Er umfasst die börsennotierten Fußballvereine. Insgesamt sind das im Moment 21 Vereine. Diese Vereine sind über ganz Europa verteilt. Vereine aus der Premier League, der Bundesliga, der Serie A, League 1 und anderen Ligen. Es sind ziemlich viele große Ligen. Manchester United ist der größte Teilnehmer, aber es sind auch Vereine wie zum Beispiel Juventus dabei, und mit Borussia Dortmund sogar ein deutscher Verein. Wir glauben, dass das der breiteste oder wahrscheinlich sogar der einzige Index dieser Art ist, der existiert. Wir dachten uns, dass börsennotierte Fußballvereine ein interessantes Untersuchungsthema sind, und darum haben wir eine Analyse dazu geschrieben und diese dann vor ein paar Wochen nochmal aktualisiert.

Wie hat der Pelé-Index im Vergleich zum zuletzt starken Gesamtmarkt abgeschnitten?

Wenn man den gesamten Zeitraum von 1998 bis jetzt betrachtet, dann war der Pelé-Index 270% schlechter als der Gesamtmarkt. Der Index hatte eine Gesamtrendite von -9% in diesem Zeitraum und der breitere Markt der europäischen Aktien hatte eine Rendite von ungefähr +260%. Wenn man sich nur die Saison 2024/2025 anschaut, dann sprechen wir von einer Differenz von -17 Prozentpunkten.

Können Sie uns noch ein bisschen näher erläutern, worin die Diskrepanz zwischen den Zielen der Aktionäre und den Prioritäten der börsennotierten Vereine liegt?

In einer normalen Situation binden langfristige Gewinne die Aktionäre. Dann steigt der Aktienkurs. Daran sind sie interessiert. Das ist aber nicht das langfristige Ziel eines Fußballvereins. Die wollen Spiele, Pokale und Ligen gewinnen, wettbewerbsfähig sein, die Zuschauer unterhalten. Das ist eine völlig andere Denkweise als die Maximierung des Shareholder Value.

Können Sie uns dafür ein Beispiel nennen?

Wenn ein Verein glaubt, dass er einen zusätzlichen Spieler braucht, ist er dazu bereit, viel Geld dafür zu zahlen, auch ein ziemlich hohes Gehalt. Das ist gut für den Verein und vielleicht auch für die Fans, und es erhöht die Chancen, Spiele zu gewinnen. Aber gleichzeitig ist dieses sehr hohe Gehalt ein Kostenfaktor für den Verein, und das ist es auch für den Aktionär. Sehr oft sieht man, dass das nicht zu einem höheren Gewinn für den Verein führt. Es gibt also ein sehr großes Missverhältnis zwischen den Interessen. Das ist etwas, was wir bei den meisten Fußballvereinen sehen, dass sie eine Menge Geld ausgeben. Manchmal führt das auch zu Aktienkursgewinnen, was schön ist, aber sehr oft ist das nicht der Fall.

Sportvereine sind keine wirklich gute Investition

Gibt es auch Ausnahmen, also Fußball-Aktien, die sich besser geschlagen haben?

Quasi jeder Club zeigt über einen längeren Zeitraum hinweg eine Underperformance. Es gibt Perioden, in denen die Clubs besser abschneiden. Sie zeigen also nicht immer eine unterdurchschnittliche Leistung. In dieser Saison zum Beispiel sehen wir, dass Juventus ziemlich gut abgeschnitten hat. Und auch Benfica in Portugal. Das sind sozusagen die Highlights in diesem Jahr. Auch Borussia Dortmund hatte eine positive Rendite in diesem Jahr, aber weniger als der Dax. Es gibt Phasen, in denen diese Aktien besser abschneiden als der Index. Aber auf lange Sicht, wenn man alles zusammenzählt und über z.B. 20 Jahre hinweg betrachtet, beobachten wir ein klares Muster der Underperformance.

Und das gilt dann auch für den BVB?

Ich habe mir Borussia Dortmund näher angeschaut. Sie sind seit dem Jahr 2000 notiert. Sie wurden damals für 11 Euro in Frankfurt ausgegeben. Inzwischen werden die Aktien für 4 Euro gehandelt, knapp unter 4 Euro sogar. Wenn man die Dividenden berücksichtigt, sprechen wir trotzdem von einer Gesamtrendite von etwa -50%. In den vorigen 25 Jahren haben die Aktionäre ungefähr die Hälfte ihres Investments verloren. Hätten sie ihr Geld hingegen in den Dax investiert, hätten sie mehr als 200% verdient. Das zeigt, wie groß der Unterschied ist.

Sie sagten, dass die BVB-Aktie aber zumindest im vorigen Jahr eine kleine positive Rendite erzielt hat. Dabei hat der Verein keine gute Saison gespielt. Woran liegt das?

Unsere Analyse zufolge gibt es einen sehr schwachen Zusammenhang zwischen sportlichem Erfolg und finanziellem Erfolg. Das klingt vielleicht ein bisschen seltsam, aber wir sehen, dass es zwischen den Ergebnissen auf dem Spielfeld und den Ergebnissen an der Börse nur eine sehr schwache Beziehung gibt. Das ist also nicht unüblich.

Sehen Sie denn ein Licht am Ende des Tunnels, oder müsste man angesichts dieser desaströsen Bilanz Anlegern raten, von Fußball-Aktien bloß die Finger zu lassen?

Ich denke in der Tat, dass es besser ist, sich von Fußballaktien fernzuhalten. Es gibt da einfach eine Schieflage zwischen den Interessen eines Vereins und denen eines Aktionärs, und das ist keine gute Situation. In den Niederlanden hat unser Fußballheld Johann Cruyff einmal gesagt: „Ich bin kein Dieb meiner eigenen Brieftasche.“ Ich denke, dieser Spruch gilt auch für diese spezielle Investment-Nische. Er bedeutet, wenn Ihnen Ihr Geld lieb ist, dann halten Sie sich von diesen Aktien fern und suchen Sie nach anderen Anlagemöglichkeiten, denn die Geschichte zeigt, dass das nicht funktioniert. Und das wird sich auch so schnell nicht ändern. Sportvereine sind keine wirklich gute Investition.

Zur Person: Jordy Hermanns, CFA, ist Portfoliomanager in der Multi-Asset-Gruppe und Anlagestratege im Asset-Allocation-Team von Aegon. Dieses Team verwaltet eine breite Palette von Multi-Asset-Fonds, und Hermanns ist für strategische und taktische Asset-Allocation-Entscheidungen verantwortlich. Darüber hinaus erstellt er makroökonomische und Finanzmarktanalysen für interne und externe Interessengruppen.

Das Interview führte Tobias Möllers.

Das Interview führte Tobias Möllers.

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