GastbeitragAnlagethema im Brennpunkt (328)

Mit Zuversicht ins neue Kapitalmarktjahr

Trotz einer Vielzahl von (geo-)politischen und wirtschaftlichen Belastungsfaktoren und Unsicherheiten blicken wir mit Zuversicht auf das neue Börsenjahr. 18.000 Punkte sollten für den Dax kein Problem sein.

Mit Zuversicht ins neue Kapitalmarktjahr

Gastbeitrag: Anlagethema im Brennpunkt (328)

Mit Zuversicht ins neue Kapitalmarktjahr

2023 war ein überraschend erfreuliches Kapitalmarktjahr. Gab es 2022 noch deutliche Kursverluste, so konnten diese im vergangenen Jahr zu einem großen Teil wieder aufgeholt werden. Und das, obwohl die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen nach wie vor schwierig waren. Eine der wichtigsten Erkenntnisse des vergangenen Jahres war, dass Krisen zu unseren täglichen Wegbegleitern geworden sind, und das wird wohl auch 2024 nicht viel anders sein. Ausschlaggebend für die positive Entwicklung der Aktien- und Anleihekurse war der Rückgang der Inflationsraten und die Erwartung, dass die Notenbanken die Leitzinsen nicht weiter anheben müssen.

Trotz einer Vielzahl von (geo-)politischen und wirtschaftlichen Belastungsfaktoren und Unsicherheiten blicken wir mit Zuversicht auf das neue Börsenjahr. Vieles spricht dafür, dass die meisten Industrieländer im Jahr 2024 den unteren konjunkturellen Wendepunkt durchschreiten werden. Deutschland beispielsweise hat aus unserer Sicht die Chance, ein BIP-Wachstum von 0,8% zu erreichen. Das klingt wenig, dürfte aber leicht über dem Trendwachstum liegen. Für die US-Wirtschaft bleiben wir optimistisch und erwarten ein Wirtschaftswachstum von 2%. Damit würde es den USA gelingen, trotz der starken geldpolitischen Straffung eine Rezession zu vermeiden. Gleichzeitig dürfte die Inflation weiter zurückgehen und bis zum Sommer wieder in Richtung 2% fallen. Damit könnte die Geldpolitik diesseits und jenseits des Atlantiks im Jahr 2024 wieder gelockert werden und den Kapitalmärkten Rückenwind verleihen.

Der jüngste Inflationsanstieg in Deutschland und im Euroraum ist auf einen Basiseffekt zurückzuführen. Vor zwölf Monaten hatte die Bundesregierung im Rahmen der "Soforthilfe Dezember" die monatliche Abschlagszahlung für Haushalte mit Erdgas- oder Fernwärme-Direktversorgungsverträgen übernommen. In der Folge sank der Preisindex für Haushaltsenergie im Vergleich zum Vormonat so stark wie nie zuvor. Im Januar 2023 ging die Entwicklung in die andere Richtung: Haushaltsenergie verteuerte sich im Monatsvergleich deutlich und auch die Gesamtinflationsrate machte einen Sprung nach oben. Die Preisdaten vom Dezember stellen somit einen Ausrutscher im bestehenden Abwärtstrend dar. Dies zeigt sich auch daran, dass sich der Preisanstieg aller anderen Komponenten des Warenkorbs weiter verlangsamte. Die Nahrungsmittelpreise waren zwar immer noch um 4,5% höher als vor einem Jahr, was immer noch viel ist, aber im Vergleich zu +22% im März 2023 schon deutlich weniger. Auch bei Dienstleistungen und Industriegütern schwächt sich der Preisauftrieb weiter ab.

Bereits im Januar könnte die Inflationsrate unter 3% fallen, im Sommer sind Raten von 2% möglich, wenn es keine neuen überraschend negativen Entwicklungen gibt. Viele Ökonomen und auch die EZB sind weniger optimistisch, u.a. wegen der Verteuerung des CO2-Preises, der höheren Mehrwertsteuer im Gastgewerbe oder weil eine Lohn-Preis-Spirale befürchtet wird. Allerdings hat die höhere CO2-Bepreisung in den ersten Januartagen nicht zu steigenden Spritpreisen an den Tankstellen geführt. Ob die höhere Mehrwertsteuer von der Gastronomie eins zu eins weitergegeben wird, bleibt abzuwarten, schließlich wurden die Preise bereits in den vergangenen Monaten angehoben. Und eine Lohn-Preis-Spirale ist zwar nicht ganz auszuschließen, aber warum sollte sie ausgerechnet 2024 kommen? Schließlich sind die Löhne schon 2023 kräftig gestiegen, trotzdem ist die Inflationsrate im Jahresverlauf deutlich gesunken.

Das Thema Zinssenkungen bleibt für uns daher ein wichtiges Argument für eine gute Kapitalmarktentwicklung. Entsprechend positiv sind unsere Erwartungen für den Aktienmarkt. Der Dax sollte in einem solchen Szenario ohne größere Anstrengungen bis zum Jahresende 18.000 Punkte erreichen können, beim S&P 500 dürften 5.000 Indexpunkte keine besonders anspruchsvolle Hürde darstellen. Auch am Rentenmarkt wird sich die Erholung wohl fortsetzen. Die Renditen länger laufender Staatsanleihen dürften in den kommenden Monaten weiter sinken, auch wenn in den aktuellen Kursen bereits einiges an Zinssenkungsoptimismus eingepreist ist.

Carsten Klude

Chefvolkswirt M.M. Warburg & CO