Geld oder BriefInvestmentbank

Momentum im Wealth Management als Kurstreiber für Morgan Stanley

Die Fokussierung auf das Wealth Management bringt Morgan Stanley wesentlich stabilere Erträge ein als das volatile Investment Banking. Zudem bietet der Geschäftsbereich zusätzliche Vertriebskanäle.

Momentum im Wealth Management als Kurstreiber für Morgan Stanley

Geld oder Brief

Momentum im Wealth Management als Kurstreiber für Morgan Stanley

Von Alex Wehnert, New York

Die US-Investmentbank Morgan Stanley wird im kommenden Jahr einen schmerzhaften Verlust verkraften müssen. Denn der seit 2010 amtierende CEO James Gorman will sich bis Mai 2024 vom Vorstandvorsitz zurückziehen und zunächst noch Exekutivchef des Verwaltungsrats bleiben. Sein Nachfolger im operativen Geschäft tritt ein schweres Erbe an. Schließlich formte Gorman die Bank, die im Zuge der Subprime-Krise ab 2007 zeitweise 80% ihres Börsenwerts verlor, zu einem führenden Vermögensverwalter und Anlageberater für wohlhabende Kunden.

Zusätzliche Vertriebskanäle

Die Fokussierung auf das Wealth Management bringt Morgan Stanley seither wesentlich stabilere Erträge ein als das volatile Investment Banking. Zudem bietet der Geschäftsbereich zusätzliche Vertriebskanäle: Ein vermögender Unternehmer dürfte sich zum Beispiel für die Finanzierung oder gar einen Börsengang seiner Firma eher an eine Bank wenden, zu der er auch privat eine gute Beziehung unterhält, wie Analysten betonen.

Gorman ist es durch seine Strategie gelungen, den Aktienkurs von Morgan Stanley kräftig anzukurbeln. Seit seinem Amtsantritt hat der Titel seinen Wert mehr als verdreifacht. Die Aktie des Geldhauses handelte unter Gormans Ägide zeitweise zum 1,98-Fachen des Buchwerts, aktuell liegt das Verhältnis auf Sicht der vergangenen zwölf Monate mit 1,71 immer noch weit über dem Branchenschnitt.

Angesichts der Performance von Morgan Stanley nimmt sich die Konkurrenz Gormans Strategie zum Vorbild: J.P. Morgan arbeitet seit 2019 intensiver daran, das Wealth Management auszubauen, und hat durch die Übernahme der kollabierten First Republic Bank einen Sprung nach vorn gemacht. Goldman Sachs kombinierte das Asset- und Wealth Management im vergangenen Oktober in einer Einheit, die inzwischen 2,71 Bill. Dollar verwaltet. Die Gebühreneinnahmen der Sparte kletterten im zweiten Quartal um 5% auf einen Rekordwert von 2,35 Mrd. Dollar.

Bei Morgan Stanley wächst die Vermögensverwaltung für wohlhabende Kunden trotz der zunehmenden Konkurrenz ebenfalls weiter, die Erlöse der Sparte zogen im abgelaufenen Jahresviertel um 16,1% auf 6,66 Mrd. Dollar an. Die Assets stiegen um 89,5 Mrd. Dollar – stärker als erwartet. Die Analysten von Bloomberg Intelligence heben dabei den Anstieg der Mittel hervor, auf die das Geldhaus fixe statt performanceabhängiger Gebühren bezieht.

Mit der Gewinnspanne vor Steuern steuere Morgan Stanley im Wealth Management auf die langfristige Zielmarke von 30% zu. Im zweiten Quartal lag die Marge bei 25,2%, wurde allerdings durch höhere Aufwendungen für Mitarbeiter-Sparpläne und Abfindungen belastet. Um diese Effekte bereinigt hätte die Gewinnspanne laut Bloomberg Intelligence bereits bei ungefähr 28% gelegen. Im zweiten Halbjahr sei indes mit einer Aufhellung zu rechnen, da die Vergütungsaufwendungen nach den Entlassungen der vergangenen Monate sinken würden.

Allerdings birgt die Zinsentwicklung Risiken. Der Leitsatz der Fed liegt inzwischen in der Spanne von 5,25 bis 5,5%. Weitere Schritte schließt die Notenbank nicht aus, was Sorgen vor neuen Renditeanstiegen bei Geldmarktfonds weckt. In den vergangenen Monaten schichteten Sparer bereits im großen Stil Mittel in die Cash-Vehikel um – und Analysten betonen, dass die Private-Wealth-Kunden von Morgan Stanley zinssensitiver sind als die Retail-Kunden anderer Großbanken.

Höherer Fremdkapitalbedarf

Kommt es wieder zu verstärktem Druck auf die Depositen, dürfte das New Yorker Geldhaus laut Bloomberg Intelligence in größerem Umfang Fremdkapital aufnehmen als die Konkurrenz, um Mittelabflüsse auszugleichen. Angesichts der langfristig stabilen Investment-Grade-Ratings werde dies die Bank aber wohl kaum vor größere Probleme stellen.

Zugleich kommen auf den US-Finanzsektor verschärfte Kapitalvorgaben zu, die Institute mit stark gebührenbasierten Geschäftsmodellen hart treffen könnten. Gemäß am Donnerstag konkretisierter Pläne soll das Wealth Management künftig als Quelle operationeller Risiken eingestuft werden, was überproportionale Aufschläge auf die Eigenmittelquoten von Häusern wie Morgan Stanley zur Folge haben und eine Reduktion von Aktienrückkäufen nötig machen könnte.

Das Management der Investmentbank betonte zuletzt wiederholt, auch nach den Zukäufen der vergangenen Jahre – 2020 schloss Morgan Stanley die Übernahme des Brokers E-Trade ab, 2021 die Akquisition des Assetmanagers Eaton Vance – noch über genügend Puffer zu verfügen. Die harte Kernkapitalquote (CET1) lag im zweiten Quartal mit 15,5% weit über den regulatorischen Anforderungen. Auch im Rahmen des jüngsten Fed-Stresstests schnitt Morgan Stanley robust ab.

Die Analystenstimmung für Morgan Stanley fällt jedenfalls überwiegend positiv aus. Laut Refinitiv raten 17 von 28 Investmentteams, die den Titel regelmäßig beobachten, zum Kauf. Daneben finden sich in der Datenbank neun Empfehlungen zum Halten und nur zwei zum Verkauf. Analysten bewerten die Aktie nicht nur aufgrund der langfristigen Kursentwicklung als attraktiv. “Bezüglich der Ausschüttungsquote ist Morgan Stanley unter den größten Banken führend”, betont Bloomberg Intelligence. Im August will das Geldhaus eine Quartalsdividende von 85 Cent pro Aktie zahlen. Auch an Gormans Nachfolger dürften die verwöhnten Investoren in den kommenden Jahren entsprechend hohe Ansprüche stellen.