Gastbeitrag

Neuer Optimismus bei chinesischen Aktien

Die Aktienindizes in Hongkong, Schanghai und Shenzhen zählen im bisherigen Jahresverlauf 2023 zu den Schlusslichtern. Doch jetzt scheint sich neuer Optimismus auszubreiten.

Neuer Optimismus bei chinesischen Aktien

Gastbeitrag

Neuer Optimismus bei chinesischen Aktien

Die Aktienindizes in Hongkong, Schanghai und Shenzhen zählen im bisherigen Jahresverlauf 2023 zu den Schlusslichtern.

Doch jetzt scheint sich neuer Optimismus auszubreiten. Bei Optionen auf den Hang Seng China Enterprise Index übersteigt das Volumen der ausstehenden Call-Optionen das Volumen der ausstehenden Put-Optionen. Das gab es zwölf Jahre lang nicht mehr und noch nie im aktuellen Ausmaß.

Zwar muss hier festgehalten werden, dass diese neue Situation nicht nur durch eine höhere Zahl an Call-Optionen, sondern auch durch eine niedrigere Anzahl an Put-Optionen entstanden ist. Aber auch das Schließen von Absicherungspositionen ist Ausdruck von Zuversicht. Woher kommt dieser neue Optimismus also?

Starten wir mit einem konträr diskutierten Punkt. Chinas aktuelle Deflation mit einem Preisrückgang um 0,2% ist nicht automatisch negativ für die Wirtschaft. Denn die Deflation resultiert aus einem Preisrückgang bei Lebensmitteln von zuletzt 4%. Und dieser wiederum hat seinen Ursprung in der Preisentwicklung für Schweinefleisch mit einem Minus von 30%. Hier werden aktuell vorhergehende Preissteigerungen von bis zu 135% im Zuge der Schweinepest 2019 und der anschließenden Covid-Pandemie rückgängig gemacht. Diese Entwicklung entlastet die Bevölkerung und macht Kaufkraft für andere Bereiche frei.

Wirtschaft wächst

Und das zeigt sich bereits. So hat der für das chinesische Wirtschaftsmodell der zwei Kreisläufe immer wichtiger werdende Privatkonsum die Covid-Dellen ausgemerzt und ein neues Rekordhoch erreicht. Im Jahresvergleich haben die Einzelhandelsumsätze zuletzt um 7% zugelegt.

Die für Chinas Wirtschaft noch immer existenziellen Exporte sind zuletzt zwar 7% unter ihr Rekordhoch aus dem Jahr 2022 gefallen. Damit liegen sie aber noch immer 35% über der Vor-Covid-Bestmarke aus dem Jahr 2019. Bei der Industrieproduktion hat sich das Wachstum stabilisiert. Die letzten vom chinesischen Statistikbüro ausgewiesenen Jahresraten haben eine Vier vor dem Komma.

Thomas Altmann

Leiter des Portfolio-Managements, QC Partners

Trotz aller positiven Daten und Nachrichten sind Aktieninvestments im Reich der Mitte weiterhin nicht ohne Risiko.

Die Immobilienkrise ist bei weitem nicht überwunden. Sichtbar ist das an der Börse unter anderem am Hang Seng Property Index. Dieser ist im November dieses Jahres mehr als 60% unter sein Allzeithoch aus dem Jahr 2019 gestürzt und steht damit nur noch knapp über seinem Verlaufstief aus der Finanzkrise 2008.

Ein weiteres Risiko ist die hohe Verschuldung der Lokalregierungen. Die Provinzen haben den überwiegenden Teil der Kosten der Null-Covid-Strategie getragen. Entsprechend hoch sind jetzt die Schuldenberge.

Niedrige Bewertung

Dazu kommt die rekordhohe Jugendarbeitslosigkeit, die nach den letzten verfügbaren Daten oberhalb von 20% liegt. Um diese nachhaltig zu senken, braucht China deutlich mehr wirtschaftliche Dynamik. Das Wirtschaftswachstum von bisher 4% in diesem Jahr reicht dafür nicht aus.

Und auch die politischen Risiken bleiben bestehen. China sieht sich nach wie vor Handelssanktionen der USA ausgesetzt. Und Chinas Begehrlichkeiten gegenüber Taiwan gefährden nicht nur den Weltfrieden, sondern auch Chinas Außenhandel und die globale Konjunktur.

Ob sich Chancen und Risiken aktuell die Waage halten oder ob das Pendel hier auf eine Seite ausschlägt, muss jeder für sich selbst beantworten.

Fakt ist jedoch, dass der Hang Seng China Enterprise Index aktuell etwa 70% unter seinem Allzeithoch aus dem Jahr 2007 und 50% unter seinem Post-Covid-Hoch aus dem Jahr 2021 gehandelt wird. Das zukünftig erwartete Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt mit 8 im moderaten Bereich. Noch auffallender ist das Kurs-Buchwert-Verhältnis, das in diesem Jahr unter die magische 1 gefallen ist.

Hohe Volatilität

Ob die neuen Call-Optionen zur rechten Zeit eingegangen wurden, das wird erst die Zukunft zeigen. Historische Erfahrungswerte für diese Situation gibt es kaum. 2008 und 2010 ist der deutlich geringere Call-Überhang jeweils aufgegangen, 2011 dagegen nicht.

Klar ist, dass die Call-Investoren starke Nerven brauchen werden. Denn in der jüngeren Vergangenheit war die Volatilität des Hang Seng China Enterprise Index doppelt so hoch wie die des Dax und des S&P 500.