Geld der BriefGroßbanken

Nordea muss sich in rauerem Umfeld beweisen

Es ist zuletzt gut gelaufen für die skandinavische Großbank Nordea. Der Nettogewinn im ersten Quartal lag deutlich über den Erwartungen, die Kapitalausstattung ist robust. Aber nun muss die Großbank zeigen, dass sie trotz zunehmenden konjunkturellen Gegenwinds Kurs hält.

Nordea muss sich in rauerem Umfeld beweisen

Geld oder Brief

Nordea muss sich in rauerem Umfeld beweisen

Von Detlef Fechtner, Frankfurt

Es hat zuletzt recht gut funktioniert beim skandinavischen Finanzkonzern Nordea. Die Bank überraschte die Investoren bei der Vorlage für das erste Quartal 2023 mit einem Nettogewinn, der mehr als 10% über den Konsensprognosen lag. Nordea hatte im ersten Jahresviertel unterm Strich 1,15 Mrd. Euro verdient, ein Drittel mehr als zwölf Monate zuvor.

Die Universalbank lag zwar bei den Gebühreneinnahmen, etwa aus dem Kartengeschäft, etwas unter den Erwartungen. Dafür hatte sie die Kosten besser im Griff als gedacht. Zudem überstieg das Handelsergebnis die Prognosen. Und: Der Wertberichtigungsbedarf lag deutlich unter der vermuteten Größenordnung.

Die Analysten der Deutschen Bank bescheinigten Nordea denn auch „ein gutes erstes Quartal“. Sie zählen die Aktie von Nordea weiterhin zur ersten Wahl unter den skandinavischen Banken – aufgrund der starken Kapitalausstattung und der damit verbundenen hohen Kapitalrendite, der robusten Aussichten für die Kernerträge, die von Zinserhöhungen profitieren, der anhaltend positiven Betriebsergebnisse in den Jahren 2023/24 und der recht robusten Qualität der Vermögenswerte.

Auch die Aktienexperten von J.P. Morgan finden einige gute Argumente für den Finanzkonzern. J.P. Morgan attestiert Nordea eine hohe Profitabilität und verweist zur Begründung auf eine Eigenkapitalrendite nach Abzug immaterieller Vermögensgüter, also den Return on Tangible Assets, von 18,5% im ersten Jahresviertel 2023. Die US-Investmentbank lobt zudem die „starke Führungsmannschaft“. Nordea sei es zuletzt gelungen, Marktanteile hinzuzugewinnen – und dies, obwohl das Management eine strenge Kostendisziplin einhalte. Die Veröffentlichung der Ergebnisse für die ersten drei Monate dieses Jahres nahmen einige Researchhäuser zum Anlass, die Prognosen für den Gewinn pro Aktie im laufenden Jahr und in den kommenden Jahren anzuheben. So geht beispielsweise Barclays davon aus, dass das bereinigte Ergebnis je Aktie zwischen 2022 und 2025 stetig steigen wird, von 1,14 Euro im zurückliegenden Jahr auf 1,55 Euro im übernächsten Jahr.

Nordea ist das Ergebnis einer ganzen Reihe von Fusionen von Banken aus Dänemark (Unibank), Schweden (Nordbanken), Finnland (Merita) und Norwegen (Christiania) seit Ende der 1990er. Der Finanzkonzern ist vor allem im Geschäft mit Privatkunden und mit Unternehmenskunden sowie in der Vermögensverwaltung in Skandinavien und im Baltikum tätig. Der Finanzkonzern hat mehrere Ankeraktionäre, die größten sind Blackrock und die Private-Equity-Gesellschaft Cevian mit gut beziehungsweise knapp 5%. Der Streubesitz addiert sich auf 57%.

2018 hat Nordea übrigens den Hauptsitz von Stockholm nach Helsinki verlegt. Offiziell wurde darauf verwiesen, dass Finnland Mitglied der Eurozone sei, Schweden nicht – und dass damit Nordea künftig der EZB-Aufsicht unterliege, was quasi ein Gütesiegel bedeute. Vermutet wird aber, dass Nordea damit einer Anhebung der Abgaben in den schwedischen Einlagensicherungsfonds zuvorkommen wollte.

Positiv hervorgehoben wird von professionellen Beobachtern die solide Kapitalausstattung der Bank. Das harte Kernkapital (CET1) von Nordea liegt bei 15,1%. Das entspricht 400 Basispunkten über den aufsichtlichen Anforderungen. Zugleich liegt die Kapitalquote damit leicht über dem eigenen Langfristziel des Finanzkonzerns. Das erlaube auch in Zukunft eine Dividenden-Ausschüttungsquote von 70%, folgert J.P. Morgan. Wobei die Analysten einschränkend vermerken, dass es sein könne, dass die Bank einen konservativeren Kurs einschlage und in Zukunft etwas mehr Kapital thesauriere.

Die Dividendenrendite liegt bei 9,1%, das Kurs-Gewinn-Verhältnis zwischen 7 und 8. Die Aktie ist, gemessen am KGV, damit günstiger als in den vergangenen Jahren. Kaum verwunderlich, dass die Analystenempfehlungen fast durch die Bank positiv ausfallen. Mehr als zwei Drittel aller Researchhäuser empfehlen Nordea zum Kauf respektive zum Übergewichten. Der Rest ist neutral. Es gibt aktuell keine Verkaufsempfehlung.

Allerdings – und auch hierüber herrscht unter den Analysten weitgehend Einvernehmen – dürfte das Umfeld, in dem die Großbank unterwegs ist, rauer werden.

Schweden droht Rezession

Stichwort Konjunktur: Schweden droht in eine Rezession zu rutschen. Das wiederum dürfte Nordea direkt zu spüren bekommen, weil das Retail Banking, also das Geschäft mit privaten Haushalten und kleinen und mittleren Firmenkunden, den Löwenanteil der Erträge ausmacht. Konsum- und Investitionszurückhaltung würde entsprechend unmittelbar in die Nordea-Bilanz durchschlagen.

Stichwort Zinsen: Das Nettozinseinkommen könnte sinken, sobald die schwedische Riksbank Zinsen herunterfährt, womit sie den Prognosen zufolge eher beginnen dürfte als die Europäische Zentralbank. J.P. Morgan erwartet im kommenden Jahr Zinssenkungen in Schweden um 100 Basispunkte, die die Zinserträge der heimischen Banken spürbar drücken werden.

Stichwort Kredite an die Immobilienwirtschaft: Die vier schwedischen Banken Nordea, Handelsbanken, SEB und Swedbank haben nach Einschätzung mehrerer Researchhäuser ein Klumpenrisiko in Form eines hohen Exposures gegenüber heimischen Immobilienfirmen aufgebaut. Dieses Risiko könnte bald schlagend werden, weil die Immobilienkonzerne unter der Zinswende, unter zweistellig sinkenden Immobilienpreisen und unter Herabstufungen der Ratingagenturen ächzen.

Noch gibt es gute Aussichten, dass Nordea ihr sportliches Ziel für die Cost-Income-Ratio von 45% erreichen kann und der Wertberichtigungsbedarf überschaubar bleibt. Doch der Finanzkonzern, dessen Aktie seit vergangenem Herbst im Auswahlindex Euro Stoxx 50 vertreten ist, muss erst noch beweisen, dass er auch in schwierigeren Marktphasen Gewinne und Dividenden liefert.