Ölboom in den USA soll weitergehen

Energieagentur sieht nur geringe Auswirkungen des Preisverfalls - Markt reagiert mit Achselzucken

Ölboom in den USA soll weitergehen

Akteure am Ölmarkt haben kaum auf die Prognose der Internationalen Energieagentur reagiert. Der zufolge soll der Schieferölboom in den USA bis ins Jahr 2020 weitergehen. Der Ölpreis hielt sich in etwa auf Vortagesstand.Von Dieter Kuckelkorn, FrankfurtDie Akteure am Ölmarkt haben am Dienstag Hinweise der Internationalen Energieagentur IEA auf einen sich fortsetzenden Schieferölboom in den USA weitgehend ignoriert. Der Preis der wichtigsten Ölsorte Brent hat sich oberhalb der Marke von 58 Dollar je Barrel gehalten. Am Abend war die Nordseesorte für 58,80 Dollar je Barrel (159 Liter) zu haben, was in etwa dem Vortagesstand entspricht. Starker EinbruchHändler werteten dies als klaren Beleg für eine Trendwende beim Ölpreis. Hinweise auf ein weiterhin hohes Angebot würden inzwischen nicht mehr zu neuerlichen Preiseinbrüchen führen, hieß es. Der Ölpreis hatte von Juni 2014 bis Mitte Januar einen rasanten Verfall um bis zu 60 % vollführt. Gegenüber dem Tiefpunkt von 45,19 Dollar je Barrel hat sich die Brent-Notierung seither aber wieder um rund 30 % erholt. Etwas schwächer war allerdings am Dienstag der Preis der führenden US-Sorte West Texas Intermediate (WTI), der um 1,3 % auf 51,57 Dollar je Barrel nachgab.Die Energieagentur, die die Industriestaaten in Fragen der Energiepolitik berät und die auch von diesen finanziert wird, rechnet in ihrem jetzt vorgelegten Mittelfristausblick mit einer Fortsetzung des Schieferölbooms in den USA – trotz des dramatischen Preisverfalls. Die Organisation erwartet, dass die US-Schieferölindustrie bis ins Jahr 2020 die wichtigste Quelle für das Wachstum des Angebots am internationalen Ölmarkt sein wird. “Die Preiskorrektur wird für eine Pause der nordamerikanischen Party beim Ölangebot sorgen, aber nicht für ihr Ende”, schreiben die Ökonomen der IEA. Die Agentur rechnet damit, dass die US-Förderung bis 2010 um 2,2 Mill. Barrel pro Tag (bpd) auf dann 14 Mill. bpd steigt. Gesunkener MarktanteilSollte sich dies bewahrheiten, würde der Plan des derzeit noch weltgrößten Ölförderers Saudi-Arabien, sich der mit höheren Kosten kämpfenden und stark fremdfinanzierten US-Schieferölproduzenten über einen Preiskrieg zu entledigen, nicht aufgehen. Die IEA erwartet daher auch, dass die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) mit Saudi-Arabien an der Spitze nicht wieder den Anteil am Weltmarkt erreichen wird, den sie bis zur Finanzkrise des Jahres 2008 innehatte.IEA sieht nicht die US-Produzenten als Hauptleidtragende des Ölpreisverfalls, sondern die Russen. “Russland sieht sich einem perfekten Sturm aus kollabierenden Preisen, internationalen Sanktionen und Währungsabwertung gegenüber. Das Land wird sich wahrscheinlich als Hauptverlierer der Branche erweisen”, betont die Agentur. Der von der IEA vorausgesagte Rückgang der Förderung bewegt sich aber in einem moderaten Rahmen. Das Land soll 2020 noch 10,4 Mill. bpd fördern, womit es unter den großen drei Ölförderstaaten verbleiben würde.Die IEA veranschlagt die Nachfrage nach Opec-Öl im laufenden Jahr mit 29,4 Mill. bpd. Die IEA ist damit optimistischer als die Opec selbst. Das Kartell hat jüngst seine eigene Prognose deutlich angehoben. Es geht nun davon aus, dass die Nachfrage 2015 im Jahresdurchschnitt 29,21 Mill. bpd betragen wird. Dies sind 430 000 bpd mehr als im Vormonat erwartet. Dazu trage bei, dass der niedrigere Preis den Verbrauch ankurbele. Zudem hat das Kartell die Erwartung für den Anstieg der Förderung außerhalb der Opec um 420 000 bpd auf 850 000 bpd gesenkt. Dabei wird auf die geringere Förderung aus Schieferölvorkommen in Nordamerika hingewiesen. Citi: 20 Dollar sind möglichUnterdessen haben die Analysten der Citigroup in einer Studie betont, dass sie einen weiteren Rückgang des Preises der US-Leichtölsorte WTI bis auf nur noch 20 Dollar je Barrel für möglich halten. Es sei aber unmöglich, den Tiefpunkt der Preisentwicklung genau vorherzusagen, räumen sie ein. Die Analysten verweisen auf die aktuelle Überversorgung des Marktes sowie auf die hohen Lagerbestände in den USA. Die Bank hat ihre Schätzung für den Brent-Durchschnittspreis des laufenden Jahres von 63 Dollar auf 54 Dollar gesenkt. Für 2016 geht sie jetzt von 69 Dollar statt bisher 70 Dollar aus.