Regulierung

Pensionskassen unter Druck

Jahrzehntelang ist die deutsche Pensionskasse eine wichtige Säule der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) gewesen. Doch zuletzt sind die Kassen unter Druck gekommen. Mehr als 30 der 135 Pensionskassen, die insgesamt 180 Mrd. Euro Kapitalanlagen...

Pensionskassen unter Druck

Jahrzehntelang ist die deutsche Pensionskasse eine wichtige Säule der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) gewesen. Doch zuletzt sind die Kassen unter Druck gekommen. Mehr als 30 der 135 Pensionskassen, die insgesamt 180 Mrd. Euro Kapitalanlagen verwalten, stehen unter intensivierter Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Aus gutem Grund: Mitte Januar hat die BaFin entschieden, dass die Pensionskasse der Caritas und die Kölner Pensionskasse nach langem Tauziehen in Liquidation gehen müssen. Vor einem Jahr schon entzog die BaFin der Pensionskasse der Steuerberater die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb.

Noch sind die Schieflagen Einzelfälle, doch in der Branche spricht mancher schon von einem Flächenbrand. Wie schwierig die Finanzlage ist, wird auch daran deutlich, dass Pensionskassen von ihren Trägern unter die Arme gegriffen werden muss. Der BVV, größte Pensionskasse Deutschlands, erhielt eine Finanzspritze von den Banken und musste zukünftige Renten kürzen. Bei der Sparkassen-Pensionskasse mussten die Eigentümer 280 Mill. Euro nachschießen.

Ein rentables Geschäft stellen Pensionskassen offensichtlich nicht mehr dar. Eine zunehmende Zahl an Anbietern will sich zurückziehen. Die Alternative des Run-offs, also die Übertragung an einen Abwickler, ist ein neuer Trend. Sogar die Allianz denkt darüber nach. Die Allianz Pensionskasse ist mit einer Bilanzsumme von 14 Mrd. Euro die Nummer 2 in der Branche.

Finanzielle Probleme und Gerichtsentscheidungen haben Mitte 2020 zu einer Neuregelung geführt. So wurde festgeschrieben, dass Pensionskassen über den Pensionssicherungsverein (PSV) eine Insolvenzsicherung bekommen. Betroffene Pensionskassen sind seit 2021 beitragspflichtig und ab 2022 erhalten Versorgungsberechtigte den PSV-Schutz. Zweifellos ein richtiger Schritt, um die Ansprüche der Rentner zu sichern. Aber für kleinere Kassen bedeutet dies einen erheblichen Aufwand.

Die neue Insolvenzsicherung ist verglichen mit der in zwei aktuellen BaFin-Rundschreiben festgehaltenen Regulierung für Pensionskassen und -fonds allerdings noch überschaubar. Es geht darum, die Geschäftsorganisation und das Risikomanagement auf Vordermann zu bringen. In dieser Umsetzung der europäischen EbAV-II-Richtlinie in nationales Recht wird für die Pensionskassen jetzt zum Teil das nachgeholt, was für Versicherungsunternehmen schon gilt. Die Kassen müssen nun erneut die gesamte Geschäftsorganisation beschreiben. Ein we­sent­licher Schwerpunkt der Regulierung ist die Trennung von Funktionen. Der Vorstand müsse eine Trennung zwischen Risikomanagement und Kapitalanlage gewährleisten.

Die Pensionseinrichtungen müssen der Aufsicht zum Beispiel eine eigene Risikobeurteilung vorlegen. Bislang haben sich die Häuser zumeist an einem quantitativen Anlageregime mit Anlageverordnung orientiert. Jetzt müssen sie überlegen, wie sie mit den freien Solvenzmitteln umgehen und wie belastbar die Risikotragfähigkeit bei steigenden Anlagerisiken ist. So sind 2020 auch die Stresstests noch einmal erweitert worden. Berater wie Uwe Rieken von Faros Consulting sehen darin ein scharfes Schwert für die Pensionskassen.

Ziel der Regulierung ist es, Druck aufzubauen. Pensionskassen sollen sich ausrichten wie Versicherer. Das wird zur Folge haben, dass einige aussteigen. Denn viele kleine Einrichtungen der bAV sind heute nicht gemäß dem neuen BaFin-Rundschreiben aufgestellt. Bislang hatte man in der Regulierung der Pensionskassen auf die Umsetzung von Marktwerten für die Solvenzberechnung verzichtet. Die jetzt eingeführten versicherungsmathematischen Anforderungen seien aber ein Schritt in diese Richtung, sagt Kristina Stiefel von PwC Deutschland.

Ohne Frage sind Insolvenzschutz, eine moderne Geschäftsorganisation und eine korrekte Risikobewertung für Pensionseinrichtungen wichtig. Fraglich ist, ob die Probleme mit der neuen Regulierung gelöst werden. Denn Hauptgrund für Schwierigkeiten und Schieflagen sind die Null- und Negativzinsen, die mittlerweile auf lange Zeit festgeschrieben sind. Wenn Pensionskassen aber qua Bedingungen nur extrem niedrig verzinste Anleihen kaufen können, dann haben sie langfristig mit der Passivseite ein Problem. Da nützen die schönste Regulierung und der beste Insolvenzschutz nicht. Eine Lösung der Probleme der betrieblichen Altersvorsorge liegt aber nicht nur in den Händen von Aufsicht und Kassen – auch die Politik ist in der Verantwortung.