Kreditwürdig

Positiver Ausblick für Schwellenländeranleihen

Die Aussichten für die Schwellenländer sind positiv, meinen die Experten der DekaBank. Nach der Rally der vergangenen Wochen sind aber auch Rückschläge erstmal nicht auszuschließen.

Positiver Ausblick für Schwellenländeranleihen

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Positiver Ausblick für Schwellenländeranleihen

Von Janis Hübner *)

Noch Ende Oktober hat die Gefahr bestanden, dass viele Anleiheinvestoren nach dem äußert schlechten Vorjahr auch 2023 mit einem Minus abschließen würden. Dann kam der Zinsentscheid der Fed Anfang November, der zu einem deutlichen Vorziehen der Zinssenkungserwartungen führte, und seitdem haben sich die Anleihekurse deutlich erholt.

Diese scharfen Bewegungen waren auch am Markt für Hartwährungsanleihen aus Schwellenländern zu beobachten. Zwei aufeinanderfolgende Verlustjahre wären für die Investoren dieser Assetklasse eine Besonderheit, und nun sieht es so aus, dass sie auch dieses Mal davor bewahrt werden dürften.

Es ist bemerkenswert, dass die hohe Volatilität vornehmlich vom Auf und Ab bei amerikanischen Staatsanleihen getrieben war, die unter Investoren als weltweit sicherste Anlageklasse gilt. Die Schwankungsbreite bei zehnjährigen US-Renditen lag im bisherigen Jahresverlauf bei 170 Basispunkten (BP). Die Risikoaufschläge von Schwellenländeranleihen bewegten sich dagegen in einem Band von lediglich 110 BP. Bemerkenswert ist dies deshalb, weil die US-Renditen das wichtigste Signal für die globale Liquiditätslage sowie das allgemeine Niveau der Finanzierungskosten liefern. Als risikoreiches Investment, zu denen Schwellenländeranleihen zählen, laufen diese in besonderem Maße Gefahr, bei sinkender Liquidität und steigenden Finanzierungskosten in Schwierigkeiten zu geraten.

Zwei Faktoren sind für die moderate Entwicklung der Risikoaufschläge verantwortlich: Erstens die große Heterogenität innerhalb der Gruppe der Schwellenländer. Insbesondere die ölproduzierenden Länder des Nahen Ostens sind in den vergangenen Jahren als große Emittenten am Markt für US-Dollar-Anleihen aufgetreten. Gleichzeitig kamen vor allem aus Afrika auch einige sehr bonitätsschwache Emittenten hinzu. Der größere Teil des Marktes konnte die erhöhten Finanzierungskosten aushalten, während eine ganze Reihe von Emittenten im Zuge des Renditeanstiegs in massive Probleme geraten ist. Doch, und das ist der zweite Erklärungsfaktor, diese Problemgruppe ist nicht erst dieses Jahr in eine Krise gerutscht, sondern bereits 2022. Die Risikoprämien hatten sich schon entsprechend angepasst, und der Verfall der Anleihekurse hat die Marktgewichtung der Krisenländer nach unten gedrückt. Die Schwellenländer als Gruppe haben daher unter den Krisen und der Verschlechterung des Finanzierungsumfelds in den vergangenen Jahren erwartungsgemäß stärker gelitten als die Industrieländer. Doch Krisenländer wie Sri Lanka oder Pakistan spielen für die Gesamtmarktentwicklung wegen der geringen Gewichtung keine besonders große Rolle mehr.

Auch mit Blick auf das kommende Jahr ist klar zwischen der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung auf der einen und der Finanzmarktentwicklung auf der anderen Seite zu unterscheiden. Wirtschaftlich stellt die Schwäche der chinesischen Wirtschaft ein Problem für die vielen Länder dar, für die China mittlerweile ein Handelspartner von überragender Bedeutung ist. Es ist bislang nicht zu erkennen, dass die Führung in Peking plant, die Immobilienkrise und das Stimmungstief, in dem sich viele chinesische Haushalte und Unternehmen befinden, mit großen staatlichen Ausgabenprogrammen oder einer glaubwürdigen Deregulierungskampagne überwinden zu wollen. Auch das Risiko neuer außen- und handelspolitischer Spannungen besteht trotz der positiven Signale beim Treffen von Staatspräsident Xi Jinping mit US-Präsident Biden im November. Schon sehr kurzfristig könnte sich die Lage wieder zuspitzen, wenn nämlich am 13. Januar der Regierungskandidat Lai Ching-te die Präsidentschaftswahl in Taiwan gewinnt und sich die Insel damit politisch noch stärker von Festland-China entfernen würde.

Geopolitische Risiken

Auch für die anderen großen Krisenschauplätze zeichnet sich keine Entspannung ab. Im Angriffskrieg Russlands in der Ukraine bewegen sich die Frontverläufe nur wenig, doch daraus folgt nicht, dass eine Verhandlungslösung wahrscheinlicher geworden wäre. Solange der Krieg fortgeführt wird, besteht das Risiko einer weiteren Verschärfung der Sicherheitslage in ganz Europa.

Im Nahen Osten ist offen, wie lange Israel die Bekämpfung der Hamas im Gaza-Streifen fortsetzen wird. Die Situation für die palästinensische Zivilbevölkerung verschlechtert sich zusehends. Die jemenitischen Huthi-Rebellen haben bereits Anschläge auf Frachtschiffe im Roten Meer verübt, um den internationalen diplomatischen Druck auf Israel zu erhöhen. Die libanesische Hisbollah beschießt regelmäßig Ziele in Israel, ist bislang aber erkennbar bemüht, keine Bodenoffensive Israels zu provozieren. Die Ausweitung der Kämpfe zu einem regionalen Krieg ist nur ein Risikoszenario, aber die Wahrscheinlichkeit dafür steigt im Zeitablauf eher, als dass sie abnimmt.

Hohe Widerstandsfähigkeit

Eine der Überraschungen war die Widerstandsfähigkeit vieler Volkswirtschaften angesichts der vielen Krisen, der hohen Inflation und der deutlich gestiegenen Zinsniveaus. Weltweit haben die privaten Haushalte ihre Ausgaben nicht so stark eingeschränkt, wie man das befürchten musste, und ein Einbruch der Investitionen ist bislang nur an den Immobilienmärkten zu beobachten. Diese Widerstandsfähigkeit bedeutet aber auch, dass sich die Weltwirtschaft nicht in einer ausgeprägt zyklischen Bewegung befindet, die in eine kräftige Aufholbewegung münden würde. Stattdessen dürften die anhaltend hohen Zinssätze weltweit noch für längere Zeit zu niedrigen Wirtschaftswachstumsraten und zunehmenden Zahlungsschwierigkeiten bei schwachen Schuldnern führen.

Trotz dieses eher unerfreulichen fundamentalen Umfelds lässt sich ein durchaus konstruktiver Ausblick für EM-Hartwährungsanleihen geben. Die Durchschnittsrendite des JP Morgan EMBIG Diversified liegt aktuell mit rund 8,3% zwar unter dem Jahreshoch von 9,5% aus dem Oktober, doch sie liegt mehr als 200 BP über dem Schnitt der vergangenen zehn Jahre. Der Renditeaufschlag über US-Staatsanleihen liegt mit rund 400 BP nicht auf ungewöhnlich hohem Niveau, aber immerhin etwa 25 BP über dem Zehnjahresschnitt. Nach der Rally der vergangenen Wochen sind Rückschläge nicht auszuschließen, wenn sich zeigen sollte, dass die Leitzinssenkungserwartungen an die Fed zu weit gelaufen sind. Doch die Erwartung, dass die Leitzinsen im kommenden Jahr gesenkt werden, dürfte das Aufwärtsrisiko für die Renditen begrenzen. Höhere Risikoaufschläge sind vor allem für den Fall einer starken Abschwächung der US-Wirtschaft einzukalkulieren. Doch die hohen Renditen von Schwellenländeranleihen bieten einen guten Puffer für einen Markt, der sich 2023 in schwierigem Umfeld gut geschlagen hat.

*) Janis Hübner ist im Makro-Research der DekaBank tätig.

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