Geld oder BriefFrankfurter Bankengruppe verstärkt Geschäft in Südost- und Osteuropa

Procredit will an der Börse sichtbarer werden

Die Frankfurter Bankengruppe Procredit fokussiert sich auf nachhaltiges Wachstum in Südost- und Osteuropa und bietet solide Renditen bei überschaubarem Risiko.

Procredit will an der Börse sichtbarer werden

Geld oder Brief

SDax bringt Procredit mehr Sichtbarkeit

Von Thomas List, Frankfurt

Eine Bankengruppe, die ihr Geschäft in Ost- und Südosteuropa sowie in Südamerika macht – kann die für Anleger mit normalen Renditeerwartungen und gezügeltem Risikoappetit interessant sein? Mit Blick auf SDax-Neuling Procredit muss man sagen: Die Historie zeigt, dass es geht.

Fokus auf kleine bis mittelgroße Unternehmen

Procredit – an der Frankfurter Börse notiert als Procredit Holding (PCZ) und mit Hauptsitz in Frankfurt – finanziert Kleinst-, Klein- und mittelgroße Unternehmen sowie Privatkunden in elf Ländern Südost- und Osteuropas sowie in Ecuador. Ende 2024 entfiel etwas mehr als die Hälfte des Kreditbuchs auf Bulgarien (inklusive Griechenland), Serbien und den Kosovo. Vergeben werden Kredite von umgerechnet 50.000 Euro bis in den niedrigen zweistelligen Millionen Euro Bereich.

Die Bank legt großen Wert auf Nachhaltigkeit: Die Umwelt solle so wenig wie möglich belastet werden, heißt es in der Strategie. Gleichzeitig wird aber auch eine ansehnliche Eigenkapitalrendite angestrebt. Sie liegt aktuell bei rund 10% und soll mittelfristig auf rund 13 bis 14% steigen. Vom Jahresüberschuss wird ein Drittel ausgeschüttet und zwei Drittel reinvestiert. Die jüngste Hauptversammlung am 4. Juni beschloss eine Dividende von 0,59 (i.V. 0,64) Euro pro Aktie, entsprechend ca. 35 (38) Mill. Euro.

Wachstumsstrategie führt zu Gewinneinbußen

Der Gewinnrückgang sowohl im Vorjahr als auch im ersten Quartal dieses Jahres resultiert aus der Wachstumsstrategie des Unternehmens. Die Schwellenländer (Süd-)Osteuropas gelten als wachstums-stärker als Westeuropa. Bei einer geringeren Durchdringung mit Bankprodukten lassen sich höhere Margen erzielen. Dabei sind die Risikokosten nicht höher als in Westeuropa, betont die Bank. CEO Hubert Spechtenhauser gibt sie im langfristigen Mittel der vergangenen Jahre mit um die 20 Basispunkten an.

Das Kreditbuch soll von 7,2 Mrd. Euro (per Ende März 2025) mittelfristig auf 10 Mrd. Euro zulegen. 2024 wurde ein Wachstum von 12,6% erreicht, 2025 gilt die Guidance von 12% als erfüllbar (jeweils ohne Wechselkurveränderungen) – also deutlich mehr als der Markt. Gleichzeitig fokussiert sich die Bank auf kleinvolumiges Geschäft mit Klein- und Kleinstunternehmen sowie Privatkunden. Letztere sollen zukünftig ihren Anteil am Kreditvolumen auf ca. 20% verdoppeln, auch durch verstärktes Konsumentenkreditgeschäft. Auch das Einlagengeschäft soll granularer werden, indem der Anteil der Privatkunden deutlich ausgeweitet wird. Auf sie sollen zukünftig mehr als die Hälfte des Einlagenwachstums entfallen. Ende 2024 stammten 43% der Einlagen von 8,3 Mrd. Euro von Privatkunden.

Kleinteiliges Geschäft wächst

Diese im März 2024 verkündete Strategie scheint zu verfangen. Im ersten Quartal 2025 stammten mehr als zwei Drittel des Kreditwachstums aus dem kleinteiligen Geschäft. Das Wachstum und die zu mehr Kleinteiligkeit veränderte Bilanzstruktur führten 2024 zu deutlich höheren Kosten. Das zeigte sich am Personalbestand (+19% auf 4.689), an der Zahl der Filialen (+6) und der Servicepunkte (+41), den Ausgaben für IT (+27%) und Marketing (+21%). Im ersten Quartal 2025 war der Kostenanstieg viel niedriger.

Dieses Abflachen unterstreicht auch Pareto Securities, eines von drei Analysehäusern, die Procredit covern: Insgesamt seien die Q1-Zahlen besser als erwartet gewesen, sodass Pareto die Kaufempfehlung mit Kursziel 14 Euro bestätigte. Warburg erwartet weiterhin 20 Euro und betont die langfristige Finanzierung innovativer KMUs auf Märkten, die noch zusätzlich von „grünen“ Subventionen und Regulatorik profitieren könnten. Edison schließlich sieht Procredit in einer guten Position, vom Wiederaufbau der Ukraine zu profitieren. Wermutstropfen ist die Tochter in Ecuador, bei der die Edison-Analysten keine Verbesserung erwarten. Im ersten Quartal fiel dort ein Verlust von 2,5 (-1,1) Mill. Euro an bei einem Anteil am Kreditportfolio von 6,4%.

Am 9. Mai 2025 in den SDax aufgenomen

Seit 9. Mai 2025 ist die Holding-Aktie im SDax notiert. Das lag insbesondere am Free Float – 38,7% bei Einschluss aller Aktionäre, die weniger als 5% der Aktien besitzen – und am Handelsvolumen, das nach Jahren sehr geringer Aktivität (sie ist seit 2016 gelistet, zuerst in Form der Kommanditgesellschaft auf Aktien, seit 2013 als Aktiengesellschaft) in den vergangenen zwölf Monaten ca. 100 Mill. Euro erreicht hat. Aktuell beträgt die Marktkapitalisierung rund 575 Mill. Euro (Kurs rund 10 Euro).

Bankchef Spechtenhauser registriert seit Aufnahme in den SDax eine erhöhte Wahrnehmung seiner Bankengruppe in erster Linie bei europäischen institutionellen Investoren. Eine unmittelbare Erhöhung der frei verfügbaren Aktien ist nicht zu erwarten. Das geplante organische Wachstum kann aus eigenen Mitteln erreicht werden. Für ein stärkeres Wachstum oder eine Akquisition (die Spechtenhauser aktuell nicht erwartet) liegt eine Ermächtigung der Hauptversammlung vor, neue Aktien ohne Bezugsrecht für bis zu 10% des Aktienkapitals auszugeben.

Hauptaktionäre bleiben bei der Stange

Verkäufe der Großaktionäre Zeitinger Invest (18,3%), KfW (13,2%), Doen Participaties (12,5%), Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (8,7%) und TIAA (8,6%) hat es offenbar nicht gegeben. Allerdings sollen einige kleinere Aktionäre (im Bereich von jeweils 2 bis 3%) Aktien abgegeben haben. Käufer waren sowohl Assetmanager als auch Privatanleger.

Seine Halbjahreszahlen legt Procredit am 14. August vor.