GELD ODER BRIEF

Puma springt auf alte Höhen

Von Joachim Herr, München Börsen-Zeitung, 24.2.2017 Längst verblasste Erinnerungen werden wach. Vor zehn Jahren stürmte der Aktienkurs von Puma die 300-Euro-Marke. Und vor wenigen Tagen erreichte er wieder dieses Niveau - nach etlichen dürren...

Puma springt auf alte Höhen

Von Joachim Herr, MünchenLängst verblasste Erinnerungen werden wach. Vor zehn Jahren stürmte der Aktienkurs von Puma die 300-Euro-Marke. Und vor wenigen Tagen erreichte er wieder dieses Niveau – nach etlichen dürren Jahren für die Anteilseigner und einem Absturz auf zwischenzeitlich 100 Euro. Die Gründe für den aktuellen Schub nach oben: eine nach Ansicht vieler Analysten gelungene Trendwende des Geschäfts mit ansteigender Form und Gerüchte über Verkaufsabsichten des französischen Großaktionärs Kering.Schon vor zehn Jahren hatte der Modekonzern, der damals noch den Namen PPR trug, den Puma-Kurs kräftig nach oben getrieben. 330 Euro je Aktie boten die Franzosen 2007 und sammelten so 62 % des Sportartikelherstellers ein, darunter den Anteil des bisherigen Großaktionärs, der Familie Herz. Später stockte Kering auf 86 % auf. Diese Quote gilt noch heute. Jetzt sei ein Verkauf nur eine Frage der Zeit, vermutet Zuzanna Pusz, Analystin von Berenberg. Der Zeitpunkt sei günstig. Auch weil die gesamte Sportartikelindustrie einen Lauf hat und Käufer anziehen könnte. Diese Spekulation verleiht Puma an der Börse besondere Sprungkraft.Volker Bosse von der Baader Bank kalkuliert mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 %, dass Puma übernommen wird oder Kering aufstockt und die verbliebenen Aktionäre mit einem Squeeze-out hinausdrängt. Darauf bezogen errechnet Bosse ein Kursziel von 337 Euro – enthalten ist eine Prämie von 20 % auf das aktuelle Niveau. Kombiniert mit einem Kursziel von 177 auf Basis der Geschäftszahlen kommt der Analyst auf ein Kursziel von 305 Euro. Die Erholung des Geschäfts habe die Börse schon fast eingepreist. Bosse empfiehlt, Puma zu halten. Auch Jürgen Kolb von Kepler Cheuvreux sieht kaum noch Spielraum für eine höhere Bewertung der Aktie, nachdem er sein Kursziel von 195 auf 303 Euro katapultiert hat. Mehr Platz in den RegalenIn der Bilanzpressekonferenz am 9. Februar hatte Bjørn Gulden, der Vorstandsvorsitzende von Puma, als Reaktion auf eine Frage den Gerüchten etwas den Wind aus den Segeln genommen: Er habe keine Hinweise, dass Kering verkaufe. Der Aufsichtsrat – mit fünf Mitgliedern von Kering – unterstütze weiterhin die Strategie des Managements von Puma und gestatte weitere Investitionen für die Trendwende.Einen Schub gaben dem Aktienkurs vermutlich auch die Zahlen von 2016 und der Ausblick auf das aktuelle Jahr. Zweifellos, Puma findet wieder einen sicheren Stand, auch wenn der lokale Konkurrent Adidas stärker wächst und die Renditelücke zu Adidas und erst recht zu Nike noch gewaltig ist.Immerhin greift die vom Norweger Gulden, der seit vier Jahren in Herzogenaurach Vorstandschef ist, angestoßene Sanierung Schritt für Schritt: Puma bekommt wieder mehr Platz in den Regalen der Händler – dank neuer Produkte und eines gestrafften Angebots mit einer Stärkung der Kategorie Sport (die andere ist das Segment Lifestyle) sowie eines verstärkten Marketing mit Stars wie dem Sprinter Usain Bolt und der R & B- und Popsängerin Rihanna. Das Ergebnis: Für Kunden sind die Schuhe und Kleidung mit der Raubkatze wieder begehrter geworden. Kolb von Kepler Cheuvreux bescheinigt Puma ein Wiederaufleben der Marke.Zuzanna Pusz von Berenberg lobt den deutlichen Fortschritt auf dem Weg zu einer Trendwende: “Das Warten hat sich gelohnt.” Das Kursziel erhöhte sie von 277 auf 320 Euro und empfiehlt einen Kauf. Jörg Philipp Frey von Warburg Research zog das Ziel von 210 auf 300 Euro nach oben und rät zum Halten. Er weist darauf hin, dass Puma 2016 den höchsten Anstieg der Ebit-Marge seit 2004 geschafft habe.Das Verhältnis des Ergebnisses vor Zinsen und Steuern (Ebit) zum Umsatz legte im vergangenen Jahr auf 3,5 % zu – von 2,8 % 2015. Deshalb traut Frey Puma nun mehr zu. Für dieses Jahr kalkuliert er wie Pusz mit einer Ebit-Marge von 5,1 %, für 2019 mit 7,3 %. Zum Vergleich: Nike lag in der ersten Hälfte des aktuellen Geschäftsjahres (31. Mai) bei 14 %, Adidas erwartete für das vergangene Jahr rund 7,5 % – und gibt die Zahlen am 8. März bekannt.Puma machte auch mit dem Ausblick auf dieses Jahr an der Börse Boden gut. Laura Cherdron von Independent Research hält die Prognose für überraschend stark. 2017 soll der Umsatz währungsbereinigt mit einer hohen einstelligen Rate wachsen – nach 10 % im Jahr zuvor. Verglichen mit Adidas blieb Puma allerdings zurück und verlor Marktanteile. Der viel größere Konkurrent und Nachbar im fränkischen Städtchen Herzogenaurach erwartete für 2016 einen Umsatzanstieg von knapp einem Fünftel.Der US-amerikanische Wettbewerber Under Armour enttäuschte zwar seine Aktionäre schwer mit den Zahlen für das vierte Quartal und dem Ausblick, hängte Puma aber noch etwas weiter ab. 2016 steigerte Under Armour den Konzernerlös um 22 % und erwartet für dieses Jahr ein Plus von 11 bis 12 %. Im ähnlichen Maß wie Puma wächst Nike: Der Umsatz des Branchenprimus legte in den ersten sechs Monaten des aktuellen Geschäftsjahres um 7 % zu.Für die Rohertragsmarge erwartet Puma in diesem Jahr einen Anstieg von 45,7 auf 46 % und für das Ebit auf 170 Mill. bis 190 Mill. Euro – nach 128 Mill. Euro 2016. Auch der Jahresüberschuss von zuletzt 62 Mill. Euro soll deutlich zunehmen. Aus Sicht von Cherdron von Independent Research tragen zum erwarteten weiter steigenden Ergebnis vor allem eine höhere Kosteneffizienz sowie eine optimierte Lieferkette und ein verbessertes IT-System bei. “Neue Finanzdisziplin”Pusz von Berenberg lobt die strikte Kontrolle des Betriebskapitals. Das fränkische Unternehmen sei inzwischen die Vorzeigetochter für die neue Finanzdisziplin von Kering. Dank einer beeindruckenden Kontrolle der Vorräte habe Puma im vergangenen Jahr einen Mittelzufluss erzielt. Der freie Cash-flow von 50 Mill. Euro bedeutete nach einem Mittelabfluss von 99 Mill. Euro im Jahr zuvor eine klare Wende.Die Aktionäre profitieren davon mit einer Dividende, die um die Hälfte steigt. 75 Cent nach 50 Cent ergeben freilich nach wie vor eine magere Dividendenrendite – bezogen auf 300 Euro gerade einmal ein Viertel Prozent. Doch die Ausschüttung wirkt im Fall einer Sanierung ohnehin selten als Anreiz für den Kauf einer Aktie.