Fünfjahresausblick

Robeco sieht die Welt vor einer dreifachen Machtprobe

Robeco wagt einen Ausblick auf die kommenden fünf Jahre. Machtproben drohen in drei Bereichen. Im schlechtesten Fall steht der Welt eine Stagflation bevor. Aber auch Aktienrenditen von 11% pro Jahr seien möglich.

Robeco sieht die Welt vor einer dreifachen Machtprobe

Robeco-Fünfjahresausblick

Welt steht vor drei Machtproben

Robeco: Drei Konfliktfelder bestimmen Zukunft – KI könnte Angebotsschock auslösen

Der Assetmanager Robeco wagt einen Ausblick auf die kommenden fünf Jahre. Machtproben drohen in den Bereichen Kapital/Arbeit, in der Fiskal- und Geldpolitik und zwischen den USA und China. Im schlechtesten Fall droht der Welt eine Stagflation. Aber auch Aktienrenditen von 11% pro Jahr seien möglich.

Der Assetmanager Robeco hat einen Fünfjahresausblick für alle wichtigen Assetklassen veröffentlicht, der auch die erwarteten Gewinne für die Jahre 2024 bis 2028 unter die Lupe nimmt. Der Vermögensverwalter sieht die Welt an der Schwelle zu einer durch Machtproben geprägten Wirtschaft. Konkret stehe eine dreifache Machtprobe bevor.

Zu diesen Machtproben kommt es für Robeco im Bereich Kapital versus Arbeit, im Bereich Fiskal- gegen Geldpolitik und auf geopolitischer Ebene zwischen den USA und China.

Kapital vs. Arbeit

Im Konfliktfeld Kapital gegen Arbeit sehen die Assetmanager von Robeco aktuell eher eine Preis-Lohn-Spirale als eine Lohn-Preis-Spirale, denn die Löhne seien seit Beginn der Corona-Pandemie deutlich hinter dem allgemeinen Preisanstieg zurückgeblieben. Zuletzt sei der Anteil des Produktionsfaktors Arbeit an der Wirtschaftsleistung zurückgegangen. Gleichzeitig haben die Unternehmen rekordhohe Gewinne eingefahren.

Der Reshoring-Trend, also die Rückverlagerung von Produktion und Betrieben ins Inland, könnte die Unternehmensgewinne angesichts einer stärkeren Position der Arbeitnehmer künftig schmälern. Auch eine „erneute Fokussierung der Regierungen auf höhere Einnahmen aus Unternehmenssteuern könnte das Gleichgewicht wieder in Richtung Arbeit verschieben“, so die Robeco-Experten. Letztendlich werde die Entwicklung der Inflation und die der Löhne in einem engen Arbeitsmarkt darüber entscheiden, ob der Anteil des Produktionsfaktors Arbeit wieder stärker zur Wirtschaftsleistung beiträgt.

Fiskal- vs. Geldpolitik

Auf dem Feld der zweiten Machtprobe zwischen Fiskal- und Geldpolitik agierten die Zentralbanken zuletzt in der Pandemie als zusätzlicher Geldgeber des Staates. Was in der Krise durchaus seine Berechtigung hatte, zeigt nun negative Nachwirkungen in Form der hohen Inflation. Inzwischen steuern die Zentralbanken hier mit höheren Leitzinsen gegen. Regierungsprogramme zur Anfachung der Konjunktur bergen dagegen die Gefahr, die Inflation erneut zu befeuern.

Im geopolitischen Konflikt zwischen China und den USA drohen weitere Gefahren: So könnten der Kampf um die technologische Vorherrschaft und die Spannungen zwischen den beiden Großmächten den Austausch von Technologie verhindern, was wiederum zu einem Minus beim globalen Pro-Kopf-BIP führen würde. Nach Berechnungen der Robeco-Experten könnte ein Rückgang der Handelsintensität das Welt-BIP um bis zu 5% schmälern. Für die Assetmanager steht fest, dass die Friedensdividende aufgezehrt ist und dass wir uns in Richtung einer multipolaren Welt bewegen. Der Westen könnte darauf mit mehr Regulierung und höheren Militärausgaben reagieren, um den Status quo zu erhalten.

Multipolare Weltordnung

Peter van der Welle, Multi-Asset-Stratege bei Robeco, erklärt: „Der Beginn einer multipolaren Weltordnung, die Stärkung des Faktors Arbeit und das Ende der lockeren Geldpolitik sind wichtige Entwicklungen, die man als Vermögensverwalter im Auge behalten sollte.“ Zusätzlich verstärkt würden die künftigen Herausforderungen durch den Faktor KI.

Laurens Swinkels, Head of Quant Strategy im Bereich Sustainable Multi Asset Solutions bei Robeco, sieht dennoch Investitionsmöglichkeiten: „Für diversifizierte Anlagestrategien, die sich in verschiedenen Szenarien gut entwickeln können, eröffnet ein solches Umfeld aber auch interessante Gelegenheiten. Wir gehen langsam von einer Ära mit niedrigen Zinsen und hohen Aktienrisikoprämien in eine Ära mit höheren Zinsen und niedrigeren Aktienrisikoprämien über.“ US-Aktien seien aber noch immer sehr teuer.

Für die Zukunft erwartet Robeco zunächst einen wirtschaftlichen Stillstand und eine leichte Rezession im Jahr 2024. In den folgenden Jahren bis 2029 werde sich die Inflation aber bei etwa 2,5% stabilisieren. Allerdings geht der Assetmanager davon aus, dass die makroökonomische Volatilität in den kommenden Jahren höher sein wird als in der Zeit vor der Pandemie. Der BIP-Anteil des Faktors Arbeit werde sich wohl zulasten der Ertragskraft der Unternehmen erhöhen.

Drei mögliche Szenarien

Der Vermögensverwalter hat drei mögliche Szenarien für die nächsten fünf Jahre entwickelt. Neben einem Basisszenario auch einen positiven, bullishen Ausblick sowie eine pessimistische Prognose. Im besten Fall könnte die künstliche Intelligenz (KI) einen „inflationsdämpfenden Angebotsschock“ auslösen. In diesem Szenario seien 11% Aktienrendite pro Jahr möglich. Im schlechtesten Fall hingegen bremse das Misstrauen zwischen China und den USA die Weltwirtschaft aus. Dies würde zu einem Wachstum von nur 0,5% in den Industrieländern und zu einer weiterhin hohen Inflation bei 3,5% führen, also zu einer Stagflation. Für Risikoassets wie Aktienanlagen wären dann nur 2,5% Rendite drin. Tendenziell zeigt sich Robeco eher pessimistisch und erwartet außer bei Rohstoffen Renditen unter den langjährigen historischen Durchschnittswerten.

Von Tobias Möllers, Frankfurt
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