Technische Analyse

Saisonalität des Dax lässt wenig erwarten

Technisch betrachtet notiert der Dax in unmittelbarer Nähe des jüngst erreichten Rekordhochs und damit auf einem Niveau, das für einen Ausbruch nach oben gut ist, stellt Christoph Geyer in der technischen Analyse fest. Doch lässt die Saisonalität des Dax wenig erwarten.

Saisonalität des Dax lässt wenig erwarten

Technische Analyse

Saisonalität des Dax lässt wenig erwarten

Von Christoph Geyer*)

Der deutsche Aktienindex Dax hält sich stabil in einem Bereich, von dem noch vor einem Jahr niemand zu träumen wagte. Immerhin steht der deutsche Leitindex heute rund 3.000 Punkte höher. Technisch betrachtet notiert der Dax in unmittelbarer Nähe des jüngst erreichten Rekordhochs. Trotz mancher Unkenrufe und der wenig zuversichtlichen Haltung einiger Marktteilnehmer bewegt sich der Index auf einem Niveau, welches für einen erneuten Ausbruch nach oben gut ist.

Dass einige vor dem Hintergrund dieser Höhe auch langsam Angst bekommen, ist nicht verwunderlich. Dabei ist es eine zweigeteilte Angst, die in solchen Situationen um sich greift. Die einen haben Angst davor, dass der Markt an den jüngsten Tops abprallt und es dann dynamisch nach unten geht. Die anderen treibt die Sorge um, dass sie bei einem Ausbruch nach oben nicht dabei sein könnten und damit Performance verpassen. Als hätte man mit diesen beiden Befindlichkeiten nicht genug zu tun, kommen auch noch irreführende Aussagen von einigen Kommentatoren hinzu, die für die Marktbeurteilung nicht wirklich hilfreich sind.

Umsätze passen nicht

So wurde vor einigen Tagen beim Dax eine „klassische Schulter-Kopf-Schulter-Umkehrformation“ postuliert (rot im Chart eingekreist), was auf den ersten Blick vielleicht gar nicht so abwegig gewesen ist. Sucht man aber nach den typischen Merkmalen, wie sie von der Lehre der technischen Analyse gefordert werden, dürfte man schnell feststellen, dass diese kaum oder überhaupt nicht vorhanden waren.

Als eines der wichtigsten Merkmale ist die fehlende Symmetrie zu bemängeln. Die vermeintlich linke Schulter ist deutlich ausgeprägter und weiter entfernt vom Kopf als die rechte Schulter. Die rechte Schulter notiert sichtbar unter der linken Schulter und der vermeintliche Kopf ragt nur unwesentlich über die linke Schulter hinaus. Was allerdings der wesentlichste Makel an der vermeintlichen Formation ist, sind die Umsätze. Diese passen überhaupt nicht zu einer solchen Umkehr. Die Umsätze sind gleichbleibend und auch beim Durchbruch durch die Nackenlinie ist kein Anziehen der Umsätze zu beobachten.

Besonders irritierend ist dann das Feiern solcher Aussagen von Dritten in den einschlägigen Netzwerken. Es ist zwar richtig, dass eine negierte Formation dazu neigt, eine kräftige Bewegung in die nicht erwartete Richtung zu generieren. Allerdings darf nach den oben genannten fehlenden Merkmalen auch nicht von einer Umkehrformation gesprochen werden. Somit verwirren selbsternannte technische Analysten durch solche Aussagen einen Teil der Marktteilnehmer, bringen aber auch die technische Analyse damit in Verruf.

Alles in allem kann also nicht von einer Schulter-Kopf-Schulter-Formation gesprochen werden und schon gar nicht von einer klassischen. Was aber hat der Dax in den letzten Wochen für eine Formation generiert? Im Mai und Juni sah es nach einem Doppeltop aus, welches aber ebenfalls nicht als solches stehen gelassen werden konnte, da das zweite Top leicht über dem ersten gelegen hat und zudem ebenfalls nicht von „richtigem“ Umsatzverhalten begleitet wurde.

So gesehen ist es auf hohem Niveau ein volatiles Suchen nach der Richtung. Dabei spielen natürlich die Wahrscheinlichkeiten wieder eine wichtige Rolle. So zeigt ein Blick auf die Saisonalität derzeit ein nahezu einheitliches Bild. Dabei wird nach dem typischen durchschnittlichen Verlauf innerhalb eines Jahres für den Dax gesucht. Betrachtet man alle Jahre gleichberechtigt für den Zeitraum von heute bis Ende September, erkennt man, dass es in den letzten 63 Jahren ein Gleichgewicht an positiver und negativer Performance gegeben hat. Auch ein Blick auf die Jahre, die mit einer 3 enden (hier ist der bekannte Dekadenzyklus gemeint), zeigt mit 3:3 ein ausgeglichenes Ergebnis.

Selbst der Wahlzyklus zum deutschen Bundestag stellt sich ausgeglichen dar. Wir befinden uns in einem Vorwahljahr. Betrachtet man nur diese Jahre, dann stehen noch einige Wochen positive Erwartungswerte an. Von Mitte August bis Ende Oktober muss in Vorwahljahren allerdings mit einer eher bescheidenen Performance gerechnet werden. So waren in dieser Zeit elf Jahre negativ und nur fünf Jahre positiv belegt. Auf solche Wahrscheinlichkeiten sollte man zwar nicht handeln, wenn aber die Gesamtlage darauf hindeutet, dass die Aussichten so stehen, dass es eine Bestätigung der Saisonalität gibt, dann hat man eine gute Chance, mit dieser Analyse auf der richtigen Seite zu stehen.

Impulse fehlen

Die Gesamtlage beim Dax stellt sich aktuell so dar, dass von der Saisonalität her wenig zu erwarten ist. Die Indikatoren bewegen sich im neutralen Bereich, was ebenfalls keine Impulse aussenden dürfte. Die jüngste Anstiegsbewegung war nicht von steigenden Umsätzen begleitet. Für die kommenden Wochen ist zwar mit einem Angriff auf die jüngsten Tops und damit auf das Rekordhoch zu rechnen. Ob dieser Anstieg allerdings dynamisch und nachhaltig ausfällt, dürfte zunächst offenbleiben.

| Quelle:

*) Christoph Geyer ist freier technischer Analyst der VTAD e.V.

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