KREDITWÜRDIG

Sanofi-Bonds als Alternative zum Bund

Von Timo Kürschner *) Börsen-Zeitung, 14.12.2017 Die Spreads der Anleihen von Sanofi haben sich mittlerweile so stark eingeengt, dass alle Bonds, die bis 2026 fällig werden, im negativen Spread-Bereich liegen. Einer der Gründe neben einem...

Sanofi-Bonds als Alternative zum Bund

Von Timo Kürschner *)Die Spreads der Anleihen von Sanofi haben sich mittlerweile so stark eingeengt, dass alle Bonds, die bis 2026 fällig werden, im negativen Spread-Bereich liegen. Einer der Gründe neben einem fundamental starken Rating liegt im Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB). Praktisch alle ausstehenden Sanofi-Anleihen wurden von der EZB im Rahmen ihres CSPP-Programms gekauft. Die Anleihe 10/2019 weist mit – 11 Basispunkten (BP) derzeit den tiefsten negativen Spread aus. Seit einem zwischenzeitlichen Hoch bei 14,9 BP im Juni 2017 hat sich der Spread der Anleihe um 26 BP eingeengt. Dies steht in etwa in Einklang mit den Einengungen der in Euro begeben Unternehmensanleihen des iBoxx Health Care im zweiten Halbjahr 2017. Die Spreads dieses Index engten sich mit rund 20 BP sogar noch etwas stärker ein.Die noch 4,8 Jahre laufende Anleihe von Sanofi (09/2022) hat derzeit einen Spread von – 7 BP. Zum Vergleich liegt der als Indikation für das Marktrisiko dienende Spread für einen CDS (Credit Default Swap) mit einer Laufzeit von fünf Jahren für Sanofi bei 26,5 BP. Gegenüber anderen großen internationalen Pharmakonzernen der gleichen Ratingeinstufung (“A 1”; “AA”) wie beispielsweise Roche (21,5 BP) oder Pfizer (20,5 BP) verfügt Sanofi damit derzeit über eine leicht unterdurchschnittliche Einschätzung. Die Schwankungsbreite des Sanofi-CDS bleibt mit insgesamt 20 BP seit Januar 2017 in einem sehr niedrigen Bereich.Die französische Sanofi gehört, gemessen am Medikamentenumsatz, zu den Top 5 Pharmaunternehmen der Welt und liegt praktisch auf Augenhöhe mit Roche und Johnson & Johnson. Lediglich Pfizer und Novartis sind größer. Das Unternehmen ging aus einer Vielzahl von Übernahmen und Fusionen hervor. Die im Jahr 1999 aus der Fusion von Sanofi (davor Teil des Ölkonzerns Elf Aquitaine) und Synthélabo (L’Oréal) entstandene Gesellschaft Sanofi-Synthélabo übernahm 2004 den deutsch-französischen Konzern Aventis, der seinerseits 1999 aus der Fusion der deutschen Hoechst und der französischen Rhône-Poulenc entstanden war. Im Jahr 2011 folgte dann die Akquisition des amerikanischen Biotech-Unternehmens Genzyme für rund 20 Mrd. Dollar. Jüngste Veränderung war 2016 der strategische Spartentausch mit Boehringer Ingelheim, bei dem Sanofi das Konsumentengeschäft von Boehringer übernahm und im Gegenzug das Tiergesundheitsgeschäft abgab. Die Ausgleichszahlung, die Sanofi von Boehringer erhielt, wurde nur teilweise zur Schuldenreduktion eingesetzt. Nichtsdestotrotz liegt das Durchschnittsrating von Sanofi mit “AA-” im sehr guten Bereich und gehört mit zu den besten Ratings im Healthcare-Sektor. Schwieriges MarktumfeldIm vorigen Jahr erzielte Sanofi ohne Berücksichtigung des Tiergesundheitsgeschäfts einen Umsatz von 34,7 Mrd. Euro. Das operative Ergebnis vor Abschreibungen (Ebitda) lag bei 10,1 Mrd. Euro. Dies entspricht einer branchenüblichen Marge von rund 29 %. Unterm Strich blieb ein Nettogewinn von 4,4 Mrd. Euro. Umsatz und Nettoergebnis waren gegenüber dem Vorjahr leicht rückläufig, da die Konsumentensparte von Boehringer erst Anfang dieses Jahres in den Konzern integriert wurde. Sanofi gliedert sein Geschäft gegenwärtig in fünf Sparten. Neben dem Konsumentenbereich ist das Arzneimittelgeschäft in die Sparten Sanofi Genzyme, General Medicines & Emerging Markets sowie Diabetes and Cardiovascular eingeteilt. Darüber hinaus besitzt Sanofi ein großes Impfstoffgeschäft: Sanofi Pasteur. Seit Januar 2017 betreibt Sanofi das frühere Joint Venture mit Merck & Co. eigenständig. Während es in den meisten Sparten relativ rund läuft, kämpft die Diabetes-and-Cardiovascular-Sparte, die etwa 20 % Umsatzanteil hat, seit geraumer Zeit mit Problemen. Margendruck, eine geänderte Erstattungspolitik in den USA und Biosimilar-Konkurrenz in Europa setzen dem Geschäft zu und werfen Schatten auf die nähere Zukunft. Sanofi ist damit abhängiger vom Erfolg seiner Wachstumsprodukte geworden wie bspw. Dupixent (Neurodermitis), Praluent (Hypercholesterinämie) oder Aubagio (multiple Sklerose). Allerdings wird auch hier der Wettbewerb durch Konkurrenzprodukte zunehmend intensiver. Ein Ausweg, die moderaten Wachstumsaussichten zu verbessern, wäre ein M & A-Deal. Mit etwa 10 Mrd. Euro Liquidität und rund 8 bis 9 Mrd. FFO ließe sich auch eine größere Akquisition stemmen, ohne die Ratings zu gefährden. Moderates SchuldenniveauEnde des dritten Quartals 2017 lag die Nettoverschuldung mit 7 Mrd. Euro auf einem historisch gesehen moderaten Niveau. Hätte sich Sanofi dafür entschieden, den nicht benötigten Mittelzufluss in Höhe von 4,1 Mrd. Euro aus dem Asset-Tausch mit Boehringer nicht in Aktienrückkäufe zu investieren, sondern zur Schuldenreduktion zu nutzen, hätte Sanofi seine Nettoverschuldung um weitere 2 Mrd. Euro senken können. Die Finanzrelation Adj. FFO/Debt lag im Jahr 2016 bei 57 % und die Finanzkennzahl Debt/Ebitda bei 1,3-fach. Dieses Jahr könnten sich die Finanzkennzahlen auf 70 % bzw. 1,2-fach verbessern. Damit würde Sanofi pro forma die Voraussetzungen für eine Hochstufung auf “AA+” bei S & P erfüllen. S & P erwartet dafür allerdings vorher eine konsequente Aufrechterhaltung der Kennzahlen und hat daher im Sommer das “AA”-Rating lediglich bestätigt. Unseres Erachtens steht eine weitere Verbesserung des sehr guten Ratings auch gar nicht im Fokus von Sanofi. Das Unternehmen wird vermutlich auch künftig den hohen freien operativen Cash-flow eher für Aktienrückkäufe bzw. Akquisitionen einsetzen. Auch Moody’s sieht die M & A-Gefahr und hat ihr “A1”-Rating für Sanofi im Juli 2017 ebenfalls bestätigt.Sanofi tritt regelmäßig als Emittent von Anleihen auf. Die meisten Bonds wurden in Euro begeben. Lediglich 2,5 Mrd. sind im Dollar platziert worden. Die Fälligkeiten verteilen sich relativ ausgewogen. Zwischen 2018 und 2028 werden jährlich zwischen 600 Mill. Euro und 2,4 Mrd. Euro der derzeit ausstehenden Gesamtschuld von rund 15 Mrd. Euro fällig. Daneben verfügt Sanofi über festzugesagte Kreditlinien in Höhe von 8 Mrd. Euro, die derzeit aber nicht in Anspruch genommen werden. Für nächstes Jahr hat Sanofi relativ geringe Fälligkeiten von 750 Mill. EUR. Der Konzern muss daher 2018 nicht unbedingt als Emittent auftreten. Auch 2017 hat das Unternehmen bisher keine Anleihen begeben. Im vorigen Jahr war dem Unternehmen als einem von wenigen Konzernen das Kunststück gelungen, einen Bond mit der Laufzeit 1/2020 mit einem Kupon von 0,0 % zu einem Ausgabepreis von über 100 % zu begeben. Die Investoren waren damals also bereit, dafür zu bezahlen, dass sie Sanofi Geld leihen dürfen. Derzeit notiert diese Anleihe ebenfalls über pari. Sanofi dürfte sich also auch weiter äußerst günstig refinanzieren können. Die Anleihen sind somit nur risikoaversen Anlegern zu empfehlen, die sich mit einer sehr kleinen oder sogar leicht negativen Rendite begnügen, und stellen eine Alternative zu noch teureren Bundesanleihen dar.—-*) Timo Kürschner ist Senior Analyst für den Pharmasektor bei der Landesbank Baden-Württemberg.