Bondmärkte

Schuldscheine weniger gefragt

Die Entwicklung des Schuldscheinmarktes wird 2024 aller Voraussicht nach sehr uneinheitlich verlaufen, da gegenläufige Faktoren wirken, meinen die Experten von Capmarcon. 2022 und 2023 gingen die Neuemissionen von Unternehmensanleihen zurück.

Schuldscheine weniger gefragt

Schuldscheine weniger gefragt

Anleihe gewinnt an Attraktivität – Green Finance könnte positiven Impuls beisteuern

Der Schuldschein wird derzeit weniger von den Unternehmen genutzt. Die Anleihe wird für sie attraktiver. Aber das Segment Green Finance könnte in diesem Marktbereich einen positiven Impuls beisteuern.

kjo Frankfurt

Die Entwicklung des Schuldscheinmarktes wird in diesem Jahr aller Voraussicht nach sehr uneinheitlich verlaufen, da gegenläufige Faktoren wirken. 2022 und 2023 gingen die Neuemissionen von Unternehmensanleihen um 4,7% auf etwa 162 Mrd. Euro zurück. Die Begebung von Schuldscheinen verringerte sich im gleichen Zeitraum um 27,4%. Die Anleihe hat im Vergleich mit dem Schuldschein wieder signifikant an Attraktivität gewonnen. Dies dürfte im laufenden Jahr andauern, so die Einschätzung der Kapitalmarktexperten von Capmarcon in einer Studie, die der Börsen-Zeitung vorab vorliegt.

Hoffnung nicht erfüllt

„Noch vor wenigen Jahren wurden digitale Schuldschein-Plattformen mit Blockchain-Technologie als Innovation angepriesen, die das Marktsegment in eine neue Dimension führen sollten. Diese Hoffnung erfüllte sich nicht ansatzweise. Zwar werden einige Transaktionen mit geringen Beträgen parallel zum konventionell platzierten Arrangement auch über die Plattformen abgewickelt. Ihr Beitrag zur Entwicklung des Schuldscheinmarktes ist aber nur marginal. Dies dürfte im laufenden Jahr ebenfalls fortdauern“, heißt es zur weiteren Entwicklung.

Die Europäische Zentralbank (EZB) habe am Jahresanfang 2024 signalisiert, Entscheidungen zur Veränderung der Leitzinsen weiterhin diskretionär, nicht regelgebunden zu treffen und die Zinsen bis auf Weiteres unverändert zu lassen. „Dies dürfte die längerfristige Planung der Marktteilnehmer auch im laufenden Jahr erschweren“, so die Einschätzung. Das Arrangement von nachhaltigen Finanzierungen im Jahr 2023 gegenüber der Vorperiode ist nach den Daten in Europa um 12%, in Deutschland um 15% zurückgegangen. Die Entwicklung zeige sich auch am Schuldscheinmarkt, an dem sich das entsprechende Transaktionsvolumen um mehr als die Hälfte verringerte. Die aktuelle Wiederbelebung von Green Financing im Januar 2024 könnte positive Impulse auch für den Schuldschein auslösen.

„Sollte sich die deutsche Volkswirtschaft nicht überraschend schnell erholen, dürfte unter Berücksichtigung genannter Faktoren und bei Ausbleiben großer Einzelbegebungen das Volumen an neu arrangierten Schuldscheindarlehen nur zwischen 21 und 23 Mrd. Euro liegen“, so die Prognose.

Volumen geht zurück

Das Volumen der im Jahr 2023 arrangierten und abgeschlossenen Schuldscheintransaktionen ist nach den Erhebungen auf 23,1 Mrd. Euro zurückgegangen. Zwar sei die Vorperiode mit fast 32 Mrd. Euro das bisherige Rekordjahr, doch sei der Rückgang im Vergleich mit anderen Finanzmarktsegmenten auffallend. Mit Ausnahme des ersten Vierteljahres hätten alle Quartale unter den Vorjahresperioden gelegen. Ohnehin sei aber der Vergleich mit Vorjahren nur eingeschränkt sinnvoll, weil dies einerseits die Coronazeit gewesen sei – also die Jahre 2020 und 2021 –, andererseits habe das Niveau 2023 absolut um 12% unter dem Jahr 2019 gelegen, inflationsbereinigt aber gemäß BIP-Deflator real sogar um 26%. Rückläufig seien die Einzelvolumina der Transaktionen gewesen. Untypisch sei eine Begebung über fast 3 Mrd. Euro gewesen, die nächstgrößeren Schuldscheine hätten einen Umfang von 650 Mill. und 525 Mill. Euro gehabt.

Weiterhin würden die Wirtschaftspolitik und eine Konjunktureintrübung die Prognosen der Akteure erschweren. „Unternehmen verschieben ihre Investitionen, Kreditgeber verkürzen Anlagezeiträume und verlassen sich verstärkt auf bekannte Namen mit positiver Schuldscheinhistorie“, so die Experten. Beispielsweise sei der Anteil der Debüt-Transaktionen von 31% in der Vorperiode auf nur noch 15% im Jahr 2023 gefallen. In den Jahren 2023 bis 2027 hätten die jährlichen Tilgungsbeträge deutlich über 20 Mrd. Euro erreicht. Bei neu vereinbarten Darlehen in nur ähnlicher Höhe nehme das Gesamtvolumen ausstehender Schuldscheine kaum noch zu – wie aktuell: von 159 Mrd. Euro zum Jahresende 2022 auf 159,6 Mrd. Euro zum Jahresende 2023.

Der starke Anstieg des umweltbezogenen – grünen – und umweltorientierten Schuldscheinvolumens im Jahr 2022 habe sich im Beobachtungszeitraum nicht wiederholt. „Investoren achten wieder stärker auf Fundamentaldaten als auf mitunter doch vage Nachhaltigkeitsdaten“, sagen die Experten. So sei der Anteil des Volumens mit ESG-Komponente von 45,7% auf 29,6% im Jahr 2023 zurückgegangen. Der Anteil der ESG-Linked-Finanzierungen sei in dieser Zeit von 39% auf 22% eingebrochen. „Zwar liegt beim Schuldschein der Anteil nachhaltigkeitsbezogener Transaktionen deutlich höher als in anderen Segmenten des Finanzmarkts. Doch werden die Hoffnungen, der Schuldschein werde bald grün, enttäuscht“, so die Einschätzung.

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