Technische Analyse

Schwäche an den Aktienmärkten voraus

An den Aktienmärkten der USA deutet sich ein saisonales Muster an. Im Sommer könnten sie wieder zur Schwäche neigen.

Schwäche an den Aktienmärkten voraus

Technische Analyse

Schwäche an den Aktienmärkten voraus

Von Robert Rethfeld, Frankfurt

Die Fed-Funds-Futures zeigen für die Sitzung vom 26. Juli einen Zinsschritt von 25 Basispunkten an. Der Schritt ist nahezu sicher, die Wahrscheinlichkeit beträgt 93%. Erst für den Mai 2024 wird eine erste Zinssenkung eingepreist. Das EZB-Ziel liegt nach Euro-Short-Term-Rate im Bereich von 3,88 bis 3,92 Prozent. Das würde anderthalb Zinserhöhungen bis November 2023 bedeuten. Danach würde der EZB-Leitzins bis März/April 2024 stabil bleiben.

Zinsspanne schrumpft

Die US-Zinsspanne zehn Jahre minus drei Monate bleibt mit minus 1,31 invertiert, hat sich allerdings von ihrem Tiefpunkt gelöst. Deutlich wird dieser Prozess bei Betrachtung der Zinsspanne zehn Jahre minus zwei Jahre. Diese Spanne könnte ein Doppeltief 8. März / 3. Juli ausgebildet haben. Rezessionen treten in der Regel dann auf, wenn sich die Zinsspanne nach einer Ausweitung wieder minimiert. Dieser Minimierungsprozess könnte begonnen haben. Die Breakeven-Inflationsrate notiert bei 2,22%. Sie bleibt im unteren Bereich der Handelsspanne. Energie- und Rohstoffpreise stiegen in der zweiten Wochenhälfte.

Breakeven-Inflationsrate

Die könnte einen vorläufigen Boden auch in der Breakeven-Inflationsrate bedeuten. Die Breakeven-Inflationsrate gilt als vorauslaufender Indikator für die US-Inflationsrate. Die Differenz ergibt sich aus der nominalen fünfjährigen US-Rendite minus der Rendite für eine fünfjährige inflationsgeschützte Anleihe (TIPS). Mit Kapital unterlegte Markterwartungen funktionieren in der Regel besser als Umfragen.

Ölpreis könnte Boden ausbilden

Der Ölpreis zog zuletzt an. Mit einem steigenden Ölpreis erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass ähnlich 2008 ein letzter Anstieg den Rezessionswendepunkt für die globale Wirtschaft einleitet, so wie dies 1990, 2000 und 2008 der Fall war.

Von 1998 bis 2000 stieg der Preis für WTI Crude von 10 auf 35 US-Dollar, von Anfang 2007 bis Mitte 2008 von 50 auf 147 US-Dollar. Es muss nicht so brutal kommen, aber ein Anstieg von aktuell 74 auf 90 bis 100 Dollar würde ähnliche Voraussetzungen schaffen. Auch der Anstieg 1990 von 15 auf 40 Dollar (Kuweit-Einmarsch durch den Irak) löste eine Rezession aus.

Inflation

Die US-Inflationsrate notierte im Mai bei +4,0% (Verlaufshoch im Juni 2022 bei 9,1%). Wir erwarten einen Rückgang durch die US-Inflation die Ausbildung eines vorläufigen Inflationstiefs innerhalb der kommenden zwei Monate. Diese Annahme besitzt aufgrund des in den USA abflauenden Basiseffekts (Inflationshoch im Juni 2022) eine gewisse Plausibilität.

Der Inflationsbereich zwischen 2 und 4 Prozent bei einem realen Wachstum von 2 Prozent bedeutet ein recht kräftiges nominales Wachstum zwischen 4 und 6 Prozent, was wiederum eine Goldilocks-Situation beschreibt. Die Aktienmärke goutierten dies.

Die Euroraum-Inflationsrate notierte im Juni bei 5,5%. Sie kumulierte im Oktober 2022 bei 10,7%. Der Euroraum-Inflationsrate steht im Gegensatz zur US-Inflationsrate der großen Basiseffekt im Herbst noch bevor. Im Oktober sollte die Euroraum-Inflationsrate in den Bereich von 3 Prozent fallen. Dies deckt sich mit den Markterwartungen für eine Ende des Leitzins-Erhöhungszyklus im Euroraum.

Erstanträge steigen

Der vierwöchige gleitende Durchschnitt der Erstanträge auf US-Arbeitslosenhilfe stieg in den vergangenen Wochen auf 253.000, nachdem er im Januar bei 200.000 notierte. Ein Anstieg auf 300.000 wäre ein Rezessionssignal.

Die Anzahl der Folgeanträge – wiederholte Anträge auf US-Arbeitslosenunterstützung – werden mit einer Verzögerung von einer Woche gegenüber den Erstanträgen veröffentlicht. Die jüngsten Daten stammen von Ende Juni. Die Folgeanträge weisen noch keine steigenden Antragszahlen auf. Ein Anstieg auch der Folgeanträge würde Hinweise auf einen wirtschaftlichen Abschwung verdichten.

Die Einkaufsmanagerindizes sehen erstmals einen sich abschwächen-den Dienstleistungssektor. Ifo-Index und Ifo-Exporterwartungen weisen auf eine sich abschwächende deutsche Wirtschaft hin. Das Sentiment der US-Börsenbriefschreiber (Investors Intelligence) und der US-Privatinvestoren (AAII) befindet sich im oberen Drittel der Spanne, allerdings ohne eine Euphoriephase erreicht zu haben.

Nasdaq-Marktbreite schwach

Zuletzt erholte sich die Marktbreite an der New York Stock Exchange (NYSE), während die Zahl der neuen Hochs und der neuen Tiefs an der Nasdaq ausgeglichen blieb. Damit zeigt die Nasdaq relative Schwäche in der Marktbreite, obwohl deren Top-Aktien bestens performen. Letzteres wurde wahrscheinlich durch Fonds getrieben, die es nicht wagten, in ihrer Halbjahresbilanz ohne die „glorreichen Sieben“ vor ihre Kunden zu treten. In US-Vorwahljahren wie 2023 ist die zweite Juli- sowie die ersten Augusthälfte an den Aktienmärkten häufig von Schwäche geprägt. Die Leitzinserwartungen sind optimistisch und preisen bis zum Mai 2024 eine Rezession aus. Im Dezember 2023 war das Gegenteil der Fall.  Der saisonale Zyklus der US-Aktienmärkte sowie der US-Präsidentschaftszyklus deuten an, dass sich im Verlauf des Monat Juli ein vorläufiger Hochpunkt an den US-Aktienmärkten ergeben könnte.

Robert Rethfeld ist Herausgeber des handelstäglichen Börsenbriefes Wellenreiter-Invest.

*) Robert Rethfeld ist Herausgeber des handelstäglichen Börsenbriefes Wellenreiter-Invest.

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