Nach Bitcoin-Halving

Schwieriger Umbruch trifft Blockchain-Aktien

Investoren von Blockchain-Aktien müssen sich für einen Umbruch positionieren. Denn die Geschäftsmodelle von Minern machen nach dem Bitcoin-Halving einen Wandel durch. Zugleich kämpfen Kryptodienstleister mit zunehmendem regulatorischen Druck in den USA.

Schwieriger Umbruch trifft Blockchain-Aktien

Harter Umbruch trifft Blockchain-Aktien

Bitcoin-Miner müssen Geschäftsmodelle nach „Halving“ umstellen – Kryptobörsen unter regulatorischem Druck

Investoren am Markt für Blockchain-Aktien müssen sich für einen schwierigen Umbruch positionieren. Denn die Geschäftsmodelle von Minern machen nach dem Bitcoin-Halving einen Wandel durch. Unterdessen kämpfen zahlreiche Kryptodienstleister mit zunehmend heftigerem regulatorischen Druck in den USA.

xaw New York

Bei Marathon Digital ist Hochstimmung ausgebrochen: Die Aktie des Bitcoin-Miners springt zum Start der laufenden Woche um 18%. Denn S&P Global hat zuvor bekannt gegeben, dass sie Marathon in ihren Small Cap 600 Index aufnimmt – der Wert wird damit für eine breitere Masse an Investoren zugänglich, die über ETFs in Nebenwerte investieren. Die Nachricht kommt für das Unternehmen zur rechten Zeit. Denn Miner stecken in einem schwierigen Umbruch.

Die Folgen des Bitcoin-Halvings bereiten vielen Firmen in der Branche Kopfzerbrechen. Bei dem Ereignis im April hat der Algorithmus des Netzwerks wie rund alle vier Jahre die Entlohnungen halbiert, die Miner erhalten, wenn sie der Kette einen neuen Block hinzufügen. Damit wird es für die Firmen weniger lukrativ, neue Bitcoin-Einheiten zu schürfen.

Knapperes Angebot

„Das Halving stellt eine wichtige Erinnerung an das Kernargument dar, das langfristig für Bitcoin spricht: die stetige Verknappung des Neuangebots“, sagt Christopher Mellor, leitender Produktmanager für Aktien-ETFs bei Invesco. Bisher seien bereits mehr als 90% aller Bitcoin-Einheiten geschürft, der Rest werde über den äußerst langen Zeitraum von 116 Jahren in den Markt fließen. „Damit ist die Kryptowährung als strategischer Schutz gegen Inflation interessant“, betont Mellor.

Die Aktivität auf der Bitcoin-, aber auch auf der Ethereum-Blockchain ist in den Monaten vor dem Halving entsprechend stark geklettert: Auf Ersterer erreichten die Transaktionsvolumina im März mehr als 2,11 Bill. Dollar, nachdem sie im alten Jahr bei mehreren 100 Mrd. Dollar pro Monat gelegen hatten. Dies geht mit Bitcoin-Kursanstiegen einher – wobei Analysten wie James Butterfill, Research-Chef beim Vermögensverwalter Coinshares, davor warnen, in der Entwicklung eine zu starke Kausalität zu sehen. Schließlich habe auch die Freigabe von Spot-ETFs in den USA dem Markt Schub gegeben. In jedem Fall haben steigende Kursniveaus für Miner positive Wirkung, die sinkenden Entlohnungen ziehen aber eine Umstellung ihrer Geschäftsmodelle nach sich.

Marathon Digital zieht in den S&P Small Cap 600 ein. Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Pavlo Gonchar.

„Transaktionserlöse werden wesentlich wichtiger“, sagt Mellor. Das hat sich bereits im Verlauf des Halvings gezeigt: Infolge des hohen Interesses rund um das Ereignis rangen Nutzer intensiver darum, ihre Transaktionen auf neuen Blöcken zu platzieren, auf denen die Kapazität allerdings knapp ist – dies trieb die Gebühren an das Netzwerk in die Höhe. Das müssten auch Anleger beachten, die in Blockchain-Aktien investieren wollten.

„Welche Miner die Analysten von Coinshares und wir in den Basisindex für unseren ETF aufnehmen, hängt maßgeblich von der Kostenbasis der jeweiligen Firmen ab“, betont der Invesco-Stratege zudem. Noch schürften einige Mining-Firmen zu sehr teuren Konditionen und seien nur überlebensfähig, wenn der Bitcoin-Kurs kontinuierlich stark steige. „Langfristig werden sich diejenigen Firmen durchsetzen, denen schnell nachhaltige Einsparungen gelingen“, sagt Mellor.

Sprung auf den KI-Zug

Miner trachten nun danach, ihre Geschäftsmodelle zu diversifizieren. Marathon, die am Donnerstag Zahlen zum ersten Quartal vorlegt, hat Rechenzentren hinzugekauft und stellt nun Kapazitäten für andere Miner zur Verfügung, statt selbst auf Drittparteien angewiesen zu sein. Auch will das Unternehmen überschüssige Energie an Versorger zurückverkaufen, wenn die Transaktionsgebühren an bestimmten Tagen zu stark sinken und sich das Mining weniger lohnt.

Zudem springen die Miner auf den Hype um künstliche Intelligenz auf. Marathon will Kühltechnologie für ihre Mining-Computer an KI-Firmen verkaufen, die ebenfalls gewaltige Rechenkapazitäten beanspruchen. Und Bit Digital, deren Aktie 2024 um mehr als 40% gefallen ist, hat sich Computer zugelegt, die mit Nvidia-Grafikprozessoren ausgestattet sind. Eine erste Mietvereinbarung mit einem KI-Unternehmen soll über drei Jahre 150 Mill. Dollar in die Kassen spülen.

Verschiebung in Stranded Assets

„Obwohl der Trend relativ neu ist, generieren Mining-Firmen wie Hive und Hut 8 3,6% bzw. 2,9% ihrer Erlöse aus künstlicher Intelligenz“, betonen die Coinshares-Analysten um Butterfill. An Standorten mit sicherer Energieversorgung flössen die Kapazitäten zunehmend in Anwendungen auf Basis lernfähiger Algorithmen und weniger in das Schürfen neuer Bitcoin-Einheiten. Damit liege nahe, dass sich das Mining zunehmend an Orte mit unsicherer Versorgung bzw. in Stranded Assets verschiebe.

Tatsächlich ist der Energieverbrauch der Bitcoin-Schürfer im Zuge des Halvings wieder verstärkt in den Fokus gerückt. „Kurzfristig nutzen Miner natürlich schon Stranded Assets, um ihre Rechner anzutreiben“, räumt Invesco-Stratege Mellor ein. „Langfristig wird das Energieprofil im Segment aber repräsentativ für das gesamte Stromnetz stehen, das sich in Richtung sauberer Quellen bewegt.“ Schließlich sei Solarkraft schon heute die über den gesamten Lebenszyklus eines Assets gesehen günstigste Energiequelle, und auch Offshore-Windkraft hole gegenüber Erdgas auf.

Zinsausblick lastet auf Kursen

Aktuell beeinflussen indes auch Makro-Faktoren die Kurse am Kryptomarkt. „Infolge der hartnäckiger als erwartet ausgefallenen Inflation ist es im April zu einem breiten Abverkauf bei Risiko-Assets gekommen – wir halten das aber eher für einen kurzfristigen Dämpfer“, betont Mellor. Denn geldpolitische Lockerungen seien nur aufgeschoben – schwenke die Fed um, werde dies Unterstützung für Blockchain-Aktien liefern.

Auch Kryptobörsen wie Coinbase, die im ersten Quartal mit einem Gewinn von 1,2 Mrd. Dollar die Erwartungen der Wall Street übertroffen hat, profitieren schließlich von steigenden Bitcoin-Kursen. Denn damit geht eine höhere Trading-Aktivität einher – und Transaktionsgebühren bilden für die Plattformen die zentrale Einnahmequelle. Auch sie versuchen nun allerdings, sich breiter aufzustellen, die Erlöse aus Verwahrdienstleistungen sind bei Coinbase zuletzt kräftig gestiegen.

Harter regulatorischer Gegenwind

„Die größte Sorge aus Investmentperspektive besteht sicherlich darin, dass die Inflation anhaltend höher ausfällt und sich das Wachstum zugleich stärker eintrübt als erwartet“, gibt Mellor zu bedenken. Denn dann könne sich die konjunkturelle Eintrübung stärker negativ auswirken und den positiven Effekt durch Zinnsenkungen überdecken.

Unterdessen weht in den USA regulatorischer Gegenwind. Die Börsenaufsicht SEC geht nicht nur hart gegen Emittenten von Cyberdevisen wie XRP vor, denen sie eine unrechtmäßige Begabe von Wertpapieren vorwirft – sondern auch gegen die Handelsplattformen, die diese Assets listen. Zudem hat die Behörde ihre Definition von Wertpapierhändlern ausgeweitet, damit kommen steigende Reporting-Kosten auf viele Kryptodienstleister zu – Branchenverbände wehren sich dagegen nun mit einer Klage.

Hoffnung auf Ethereum-ETFs

Allerdings hat die SEC dem Markt mit ihrer Freigabe für Spot-ETFs auf Bitcoin zu Jahresbeginn Schub verliehen. Seitdem machen Spekulationen die Runde, dass bald kongruente Produkte auf die zweitgrößte Cyberdevise Ether grünes Licht erhalten könnten. Eine Entscheidung zu einem Produkt von Invesco hat die SEC nun hinausgezögert, das Investmenthaus glaubt aber langfristig an Zulassungen.

Liege die Freigabe für Ether-ETFs vor, sei mit einem ähnlichen Effekt zu rechnen wie bei Bitcoin-Vehikeln. „Die Mittelzuflüsse werden vielleicht nicht das gleiche Ausmaß erreichen wie bei Bitcoin, aber die Handelbarkeit und Akzeptanz des Assets werden dadurch steigen“, sagt Mellor. Dies werde auch positive Folgen für auf dem Ethereum-Netzwerk basierende Anwendungen haben, deren Betreiber wichtige Komponenten in vielen Blockchain-Aktienindizes sind. Bis dahin müssen Kryptofirmen und ihre Anleger aber noch schwierige Umbrüche stemmen.