Anleihen

Sichere Häfen im hohen Norden

Skandinavische Anleihen lassen Anleger ruhiger schlafen -Sie bieten solide Erträge und helfen bei der Diversifikation

Sichere Häfen im hohen Norden

Investoren, die auf der Suche nach einem Stabilitätsanker für ihr Portfolio sind, können durchaus noch einen Blick nach Skandinavien werfen. Norwegen und Schweden bieten in verschiedenen Bondsegmenten nach wie vor interessante Perspektiven. Von Kai JohannsenZwar haben Norwegen und Schweden im Zuge der Staatsschuldenkrise innerhalb der Eurozone schon eine enorme Nachfrage nach Papieren gesehen. Von daher ist nicht unbedingt mit einer Rally zu rechnen. Aber solide Erträge, Diversifikationsüberlegungen und Stabilität sind durchaus interessante Aspekte für den einen oder anderen Investor. Dies gilt umso mehr, weil die Emerging Markets zur Schwäche neigen. Norwegen und Schweden werden bei den drei großen Ratingagenturen Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch mit Triple-A benotet. Triple-A-Ratings sind in Europa infolge der Staatsschuldenkrise seltener geworden, werden von den Anlegern aber immer noch gesucht. Trotz aller Diskussionen über die nachhaltige Aussagekraft von Bonitätsnoten werden für Portfolios und Verwaltungsmandate bei vielen Adressen immer noch Rating-Vorgaben gemacht. Das gilt etwa für Versicherer und Pensionsfonds. Norwegen kann bei Anlegern aber auch mit der Rohstoffstory punkten. Das Land besitzt enorme Rohlölvorkommen. Bei einer Erholung der Weltkonjunktur sollte der Ölpreis anziehen und dem Land sprudelnde Erträge einbringen. Außerdem sind die beiden Staaten Norwegen und Schweden recht wachstumsstarke Länder. Volkswirte gehen in Norwegen für 2013 von einem Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 2,5 % aus nach 3,2 % im vorigen Jahr. Für Schweden wird in diesem Turnus ein Zuwachs von 1,5 % erwartet nach 0,8 % im Jahr 2012. Auch diese solide fundamentale Entwicklung lässt Anleger angesichts der schwächeren Verfassung der Konjunktur in anderen Ländern aufhorchen. “Aber Norwegen hat einen sehr engen Bondmarkt. Er weist eine sehr geringe Marktliquidität auf. Denn das Land bräuchte aufgrund seiner soliden wirtschaftlichen und finanziellen Verfassung keine Bonds zu emittieren”, sagt Andreas Burhoi, Portfolio Manager International Fixed Income bei DWS Investments. Burhoi gibt deshalb zu bedenken, dass Anleger sich generell überlegen müssen, ob sie in enge Märkte investieren wollen. Sie können dort auf eine schwierige Preisbildung stoßen. Sollte es dann beispielsweise zu einem Schwenk in der Zentralbankpolitik kommen, kann es in engen Märkten auch schneller zu Verwerfungen kommen. Allein ein höherer Grad der Illiquidität im Vergleich etwa zu Bundesanleihen kann auch einen Teil der erzielten positiven Performance aufzehren, wenn ein Anleger schnell aus einem derartigen Marktsegment oder einzelnen Papieren aussteigen will. Darüber hinaus weist Burhoi darauf hin, dass weite Anlegerkreise bereits Skandinavienpapiere gekauft haben, darunter auch Zentralbanken. Die Nachfrage sei aber weiterhin vorhanden. “Wer jetzt noch kaufen will, will nach wie vor weg von der Krise in der Peripherie der Eurozone und sucht stabile Erträge etwa im Vergleich zu Bundesanleihen.”Staatsanleihen aus Norwegen und Schweden bieten im Vergleich zu Bundesanleihen einen guten relativen Wert (Relative Value). So handelten zweijährige Staatsanleihen aus Schweden Ende Juli bei 1,1 %, die zweijährigen Papiere des Bundes hingegen bei 0,2 %. Bei den fünfjährigen Titeln lag der Renditeabstand noch bei rund 100 Basispunkten (BP), denn schwedische Anleihen warfen 1,65 %, Bundesobligationen aber nur 0,6 % ab. Geringer war der Pickup im zehnjährigen Laufzeitenbereich. Schweden lag hier bei 2,16 % Ende Juli, Bundesanleihen bei 1,6 %. Damit ergibt sich für den vorderen Teil der Kurve, das heißt bis fünf Jahre Laufzeit, die interessantere Perspektive. Rund 100 BP Pickup konnten die Anleger im zehnjährigen Laufzeitenbereich bei norwegischen Staatsanleihen Ende Juli realisieren. Mit 2,6 % rentierten die Titel aus Norwegen (Bundesanleihen: 1,60 %). Bei den dreijährigen Anleihen lag Norwegen bei 1,45 % im Vergleich zu den 0,2 % in diesem Teil der Bund-Kurve. Bei den fünfjährigen Anleihen waren es in Norwegen 1,72 % (Bund: 0,6 %).Sowohl Norwegen als auch Schweden zeichnen sich durch ein Umfeld geringer Inflationsraten aus. Aufgrund dieses fehlenden Inflationsdrucks geht DWS-Experte Burhoi von weiterhin niedrigen Leitzinsen in beiden Ländern aus. Die Norges Bank hält den Leitzins derzeit bei 1,5 %. Bis Jahresende ist laut Burhoi keine Zinserhöhung zu erwarten. In Schweden hält die Riksbank den Leitzins bei 1 %. Für September stellen sich Marktakteure auf eine Zinssenkung ein, und zwar in der Größenordnung von 25 Basispunkten. “Allerdings ist die Riksbank immer wieder für eine Überraschung gut, weshalb sie in Händlerkreisen auch Riskbank genannt wird. Sie ist deshalb nicht so kalkulierbar wie die Norges Bank”, sagt der DWS-Experte. Warnsignale vom ImmobilienmarktIm Blick behalten Beobachter auch die Entwicklung des Immobilienmarktes in beiden Ländern hinsichtlich einer Blasenbildung. Denn im Zusammenhang mit Immobilieninvestments ist auch eine steigende Verschuldung der privaten Haushalte zu beobachten, die mancherorten mit erster Besorgnis aufgenommen wird. “Die Zentralbanken müssen versuchen, die Blasenbildung zu verhindern, allerdings ist das natürlich ein schwieriges Unterfangen. Eine Zinserhöhung könnte die Wirtschaft hart treffen und auch die Verbraucher in Bedrängnis bringen. Wir rechnen eher damit, dass die Zentralbanken beider Länder die Kreditvergabe durch stärkere Risiko-Kapitalanforderungen an die kreditgebenden Banken bremsen werden”, so Burhoi. Rückenwind könnten die Anleger bei ihren Investments in skandinavische Bonds zudem von der Währungsseite bekommen. Bei den Devisen beider Länder sieht Burhoi Aufwertungspotenzial von etwa 5 %. Die Schweden-Krone könnte bis auf 8 skr/Euro aufwerten, bei der Norwegen-Krone könnte es in Richtung von 7,30 nkr/Euro gehen.Wer noch einen Rendite-Pickup zu den Staatsanleihen beider Länder sucht, sollte sich skandinavische Corporate Bonds ansehen. Allerdings haben die Unternehmensanleihen aus Norwegen und Schweden engere Spreads als Corporates aus anderen europäischen Regionen. “Schwedische, norwegische, aber auch dänische Corporates profitieren zunächst einmal von der Tatsache, dass sie nicht zur Eurozone gehören. Diese Länder sind zudem Triple-A-Staaten, was sie attraktiv macht. Und sie haben einen geringen Schuldenstand im Verhältnis zum BIP”, sagt Karsten Rosenkilde, Portfolio Manager bei der DWS. Rosenkilde macht auch auf den Vorteil vergleichsweise kleiner Volkswirtschaften aufmerksam. Dadurch sei es möglich, regulatorische Veränderungen leichter umzusetzen. Die Corporates seien zudem meist recht flexibel und könnten veränderte Regularien oder Marktbedingungen leichter adaptieren. “Zudem sind die Länder unternehmensfreundlich, die Gewerkschaften weniger mächtig als in anderen Staaten und die Arbeitsgesetze deutlich flexibler als in den meisten Ländern der Eurozone”, sagt Rosenkilde. Die Spreads sind allerdings schon auf recht engen Niveaus angekommen, da die Rotationsbewegung “Raus aus der Eurozone, rein in skandinavische Corporates” schon eine Zeit lang läuft. Der skandinavische Telekomsektor weise Potenzial auf, da er im Vergleich zu anderen europäischen Telekoms stärker auf Südostasien fokussiert sei. Die Spreads seien aber bereits sehr eng. Auch die Papierindustrie könnte interessant sein. Zur Zurückhaltung mahnt der DWS-Experte in den Bereichen Schifffahrt und Ölför-derung. “Insgesamt gilt für die skandinavischen Corporates: Man kann mit ihnen keine exorbitante Performance mehr erzielen, aber man kann mit diesen Titeln im Depot deutlich ruhiger schlafen im Vergleich zu anderen europäischen Unternehmensanleihen”, so Rosenkilde.