GELD ODER BRIEF

Softbank Group wagt IPO-Wette

Von Martin Fritz, Tokio Börsen-Zeitung, 14.12.2018 Wenn am 19. Dezember die Aktie der Softbank Corp. an der Tokioter Börse zum ersten Mal gehandelt wird, dann ist der Umbau der Softbank Group vorläufig abgeschlossen. Dabei geht es Gründer und...

Softbank Group wagt IPO-Wette

Von Martin Fritz, TokioWenn am 19. Dezember die Aktie der Softbank Corp. an der Tokioter Börse zum ersten Mal gehandelt wird, dann ist der Umbau der Softbank Group vorläufig abgeschlossen. Dabei geht es Gründer und Konzernchef Masayoshi “Masa” Son darum, die “Zentrierung von Telekom auf strategische Investitionen zu verschieben”. Dafür lagert Son die japanische Telekomsparte (Softbank Corp.) aus und verkauft die US-Telekomtochter Sprint an T-Mobile. Hier fehlt allerdings noch die Zustimmung der US-Behörden.Unter dem Dach der Softbank Group (SBG) finden sich nun die Sparten Telekom Japan (Softbank Corp.), Chipdesign (ARM), Internet (Yahoo Japan), E-Commerce (Alibaba Group), Fahrdienstvermittler (Anteile an Uber, Didi, Grab und Ola) sowie der Vision Fund (mit 38 Beteiligungen im September). Diese klarere Strukturierung soll dabei helfen, die Marktkapitalisierung der Softbank Group zu steigern. Bisher leidet die Aktie unter einem Konglomeratsabschlag: SBG wird an der Börse deutlich niedriger bewertet als die Wertsumme ihrer Beteiligungen. Allein der SBG-Anteil von 29 % an Alibaba Group ist derzeit rund ein Drittel mehr wert als SBG komplett. Vor diesem Hintergrund hatte Nomura-Analyst Daisaku Masuno im August das Kursziel von 13 830 Yen für SBG bestätigt. Der Börsengang hat viele Anleger auf die Bewertungslücke aufmerksam gemacht und den Kurs der SBG-Aktie zuletzt gestützt.Doch das IPO von Softbank Corp. ist für die SBG-Aktionäre ein zweischneidiges Wert. Auf der einen Seite lockt eine Höherbewertung der Aktie des Mutterkonzerns, auf der anderen Seite liefert die wichtigste Cashcow der SBG künftig weniger Milch. Die Rechnung ist einfach: Bisher flossen alle japanischen Telekomgewinne der Mutter zu. Jetzt werden bei dem IPO 36,9 % von Softbank Corp. verkauft. Den neuen Aktionären wurde eine halbjährliche Dividende von 37,5 Yen (0,29 Euro) versprochen. Bei einem Ausgabepreis von 1 500 Yen ergibt dies eine Jahresrendite von 5 %. Dafür müssen 85 % des Gewinns ausgeschüttet werden. SBG mit einem Restbesitz von 63,1 % erhält also über die Dividende nur noch 53,6 % des Gewinns. Damit nicht genug: Der Gesamtertrag von Softbank Corp. dürfte mittelfristig schrumpfen, da Japans Mobilfunkbranche ein Preiskrieg bevorsteht. Marktführer NTT Docomo will die Tarife ab April bis zu 40 % senken, im Oktober 2019 stößt Rakuten als vierter Wettbewerber dazu. Auch die Investitionen für die 5G-Mobilfunktechnik drücken die Erträge.Es gibt noch andere IPO-Folgen: Erstens nutzte SBG die Telekomsparte oft als Sicherheit für eigene Kredite, aus ihrem Cash-flow (Marge 38 %) wurden sie bedient und abgetragen. Der geschrumpfte Besitzanteil und womöglich fallende Gewinne schränken diese Finanzierungsmöglichkeit für die Mutter ein. Zweitens wurden infolge des IPO alle Garantien der Telekomtochter für Anleihen und Kredite der Mutter aufgehoben. Beides macht SBG noch weniger kreditwürdig als ohnehin schon (Moody’s: “Ba 1”; S & P: “BB +”). Das erschwert die Aufnahme neuer Kredite und die Finanzierung von Investitionen. Zwar fließen die gesamten IPO-Einnahmen von 2,64 Bill. Yen (20,6 Mrd. Euro) – abzüglich geschätzter Investmentbank-Gebühren von 1,5 % – in die Kasse der Mutter. Aber damit trägt Son nicht etwa die horrend hohen SBG-Schulden von 12 Bill. Yen (94 Mrd. Euro, ohne Sprint-Schulden) ab, sondern will die Einnahmen für neue Beteiligungen ausgeben.Der Konzernchef weiß natürlich, dass der hohe Schuldenberg der eigentliche Malus von SBG an der Börse ist. Das erklärt einen weiteren Schachzug: Im Zuge der Trennung von der Mutter vor dem IPO zahlte die Telekomtochter einen SBG-Kredit über 1,6 Bill. Yen (12,5 Mrd. Euro) zurück. Zwar sprangen die Nettoschulden von Softbank Corp. dabei von 1,8 Bill. auf 3,4 Bill. Yen. Die hohe Nettoschuldenquote vom 2,8-Fachen des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) wird den Börsenwert der japanischen Telekomtochter dauerhaft belasten. Aber durch die Einnahme sinkt der SBG-Schuldenstand (ohne Sprint, Softbank Corp. und Vision Fund) mit Stand September von 8,4 Bill. Yen auf 7,1 Bill. Yen (55,5 Mrd. Euro). Zudem unterstreicht Son seine “vielfältigen” Finanzierungswege. Damit meint er externe Investoren wie die Staatsfonds von Saudi-Arabien und Abu Dhabi, die den ersten Softbank Vision Fund (SVF) ermöglichten. Kaum nachzuvollziehenOb und wie sich die Investitionen dieses Fonds mit 96,7 Mrd. Dollar Volumen (Oktober) rechnen, lässt sich bei SBG wie schon bei früheren Käufen und Verkäufen von Beteiligungen kaum nachvollziehen. Laut der Halbjahresbilanz für April bis September steuerte der SVF mit 1,4 Bill. Yen (10,9 Mrd. Euro) rund die Hälfte zum operativen SBG-Gewinn bei. Doch der SVF wird teilweise auf Kredit finanziert und zahlt Dividenden an die Eigner, während die Wertgewinne der einzelnen Beteiligungen in die SBG-Bilanz eingehen. Das verführt zu kreativer Buchführung, da der Wert von nicht gelisteten und meist unprofitablen Unternehmen mit hohem Bedarf für frisches Kapital heftig schwankt. Außerdem profitieren die Bewertungen der SVF-Beteiligungen bislang von der Anlegereuphorie für Technologieunternehmen. Sollte die Stimmung an der Börse gegen den Tech-Sektor drehen, könnten auch die SVF-Bewertungen schnell schrumpfen.Dieses Risiko unterscheidet den weltgrößten Beteiligungsfonds Softbank Group (wenn man den SVF mitrechnet) von dem Investment-Vehikel Berkshire Hathaway von Waffen Buffett mit Schwerpunkt auf Versicherungen und Old Economy. Dagegen erwartet der Japaner mit koreanischen Wurzeln den Siegeszug von künstlicher Intelligenz und des Internets der Dinge. Nach Sons Vision soll SBG “ihre Erbanlagen verstreuen” und bis 2040 Anteile an 5 000 Technologiefirmen besitzen. Letztlich müssen SBG-Aktionäre also einen langen Atem mitbringen und an die Midas-Fähigkeiten von Gründer Son glauben. Das größte kurzfristige Risiko für die SBG-Aktie besteht darin, dass die Fusion von Sprint und T-Mobile untersagt wird.