GELD ODER BRIEF

Tesla verbraucht 8 000 Dollar pro Minute

Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt Börsen-Zeitung, 1.12.2017 "Man fragt sich schon, was zuerst passiert: Dass Elon Musk mit SpaceX zum Mars fliegt oder dass er mit Tesla schwarze Zahlen schreibt." Dieser Kommentar lässt sich in einer Studie von Frank...

Tesla verbraucht 8 000 Dollar pro Minute

Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt”Man fragt sich schon, was zuerst passiert: Dass Elon Musk mit SpaceX zum Mars fliegt oder dass er mit Tesla schwarze Zahlen schreibt.” Dieser Kommentar lässt sich in einer Studie von Frank Schwope, Analyst der Nord/LB, über den amerikanischen Elektroautohersteller Tesla finden. Schwope hat den Satz sogar noch gefettet, damit man ihn nicht überliest. Da SpaceX bislang noch keine konkreten Pläne über eine Marslandung kommuniziert hat, lässt sich schon aus dieser Aussage schließen, dass der Analyst nicht sehr zuversichtlich ist, was den Eintritt von Tesla in die Gewinnzone betrifft. Dementsprechend rät Schwope auch dazu, den Titel zu verkaufen. Mit dieser Meinung steht er nicht allein. Inzwischen rät die Mehrzahl der von Bloomberg erfassten Analysten dazu, die Aktie zu verkaufen (8 Häuser) oder nur noch im Depot zu halten (11 Häuser). Aktuell gibt es noch zehn Kaufempfehlungen. Dabei ist die Aktie 2017 gut gelaufen. Gegenüber dem Stand vom Jahresanfang hat sie sich um mehr als 40 % verteuert. Der Titel hat sich mit aktuell rund 307 Dollar aber bereits recht deutlich von seinem Allzeithoch von 389,61 Dollar entfernt, das Mitte September markiert worden war. Im Schnitt sehen die Analysten aktuell noch ein gemäßigtes Kurspotenzial von rund 9 %.Aktuell kommt Tesla noch auf eine Marktkapitalisierung von knapp 52 Mrd. Dollar. Der größte US-Autokonzern, General Motors, erreicht runde 62 Mrd. Dollar. Vor rund einem halben Jahr hatte es noch ganz anders ausgesehen. Da war es dem New-Economy-Wert Tesla gelungen, das Old-Economy-Unternehmen General Motors knapp hinter sich zu lassen. Dies hat sich allerdings inzwischen als ein kurzes Intermezzo erwiesen.Für den Rücksturz der Aktie von etwas mehr als 20 % gibt es einen guten Grund. Das Unternehmen hat erhebliche Probleme mit seinem neuen Volumenmodell Model 3, auf das Management wie auch Anleger und Analysten große Hoffnungen setzen. Noch vor einem Jahr hatte Musk für 2017 bereits 200 000 produzierte Fahrzeuge in Aussicht gestellt. Im Juli sprach Musk dann von einer “Produktionshölle” und kündigte für das dritte Quartal 1 500 Fahrzeuge des Typs an. Ende des Jahres sollten aber 5 000 Elektroautos pro Woche hergestellt werden. Im Oktober wurde dann bekannt gegeben, dass im dritten Quartal nur 260 Stück gebaut werden konnten. Und das Produktionsziel von 5 000 Fahrzeugen pro Woche soll nun erst gegen Ende des ersten Quartals 2018 erreicht werden. Auch wenn die Aktie als eine Wette auf den Erfolg der New Economy gesehen werden kann: Für die Produktion von Personenkraftwagen – gleich welchen Antriebs – benötigt man umfangreiches Know-how aus der Old Economy, das Tesla wohl bislang fehlt.Zeitgleich mit den erheblichen Schwierigkeiten des Model 3 hat Tesla neue Fahrzeugtypen angekündigt. So soll es einen neu aufgelegten Roadster-Sportwagen geben, dessen Preisliste bei 200 000 Dollar beginnt. Die ersten 1 000 Autos sollen in einer Sonderedition 250 000 Dollar pro Stück einbringen. Zudem will Tesla mit einem schweren Lastwagen das Lkw-Segment aufmischen. Dabei könnte es sich aber als ein Problem herausstellen, dass bei dem Tesla Semi Truck die für US-Kunden überaus wichtige Schlafkabine fehlt. Wie gut das Fahrzeug im Markt ankommt, lässt sich noch nicht sagen. Die Tesla-Fan-Website Electrek berichtet bisher von rund 200 Bestellungen. Immerhin haben DHL, Wal-Mart, Loblaws, Ryder und J.B. Hunt bereits Fahrzeuge geordert. Allerdings bezweifeln Analysten, dass die von Tesla präsentierten Modellrechnungen, gemäß denen der Elektrolastwagen im Betrieb deutlich billiger ist als Dieselmodelle, auf realistischen Annahmen beruhen. Zudem stellen sich Beobachter die Frage, wie Tesla die zusätzlichen Projekte angesichts der erheblichen Schwierigkeiten mit dem Model 3 bewältigen will. Zuletzt waren auch die Quartalszahlen alles andere als erfreulich. Der Verlust von 3,70 Dollar je Aktie im dritten Quartal fiel deutlich höher aus als vom Marktkonsens mit 2,79 Dollar erwartet. Zwar legten die Erlöse um 30 % zu, auf der Ergebnisseite ergab sich allerdings ein Rekordverlust.Die anhaltende Ertragsschwäche lässt sich an einigen alarmierend klingenden Zahlen ablesen. So verbrauchte das Unternehmen über die vergangenen zwölf Monate pro Minute rund 8 000 Dollar Cash, pro Stunde sind es 480 000 Dollar, wie US-Analysten ausgerechnet haben. Bislang war das für das Unternehmen aber kein Problem, weil sich stets Investoren fanden, die bereit waren, im Wege von Kapitalerhöhungen oder Anleiheemissionen Geld lockerzumachen. Und bislang sieht es auch nicht danach aus, dass Unternehmensgründer und Firmenchef Elon Musk in Zukunft große Probleme haben dürfte, neue Mittel aufzutreiben. Neue Mittel müssten spätestens bis August 2018 hereinkommen, denn bis dahin reicht die Liquidität noch, über die Tesla verfügt. Roadster zur FinanzierungIn diesem Zusammenhang lässt sich die Neuauflage des Tesla Roadster auch als eine Finanzierungsmaßnahme verstehen. Denn wenn sich die ersten 1 000 Fahrzeuge der “Founders”-Serie rasch verkaufen, würde das dem Unternehmen eine Cash-Infusion von immerhin 250 Mill. Dollar bringen. Da Tesla für weitere Reservierungen eine Anzahlung von 50 000 Dollar pro Fahrzeug verlangt, würden pro 5 000 Bestellungen jeweils 250 Mill. Dollar zusätzlich hereinkommen. So ist es nicht unwahrscheinlich, dass allein das neueste Roadster-Modell die Cash-Vorräte des Unternehmens um mehr als 500 Mill. Dollar aufbessert. Allerdings merken einige Analysten auch an, dass gemäß den bisher genannten technischen Daten sowohl der Roadster als auch der Tesla Semi Truck, der 2019 in Produktion gehen soll, deutliche Verbesserungen der Energiedichte der Batterie erfordern.Somit bleibt es dabei, dass die Tesla-Aktie eine Wette auf den Erfolg neuer Batterietechnologien bleibt. Wie es scheint, hat sich allerdings der Wetteinsatz deutlich erhöht.