Schwellenländer

Gute Chancen in den Emerging Markets

Emerging Markets sind einen Blick wert, denn Aktien und Bonds könnten nach Meinung von Assetmanagern in den kommenden Monaten gut performen. Erste Schwellenländer sind bereits im Zinssenkungszyklus.

Gute Chancen in den Emerging Markets

Gute Chancen in den Emerging Markets

Zinssenkungszyklus in den Schwellenländern ist bereits im Gang – Anleger sind nur gering in Aktien positioniert

Schwellenländer stehen vor attraktiven Performanceperspektiven, meinen Assetmanager. Sie sind dem Zinssenkungszyklus der Industrieländer voraus. Viele Anleger sind aber noch nicht stark vertreten. Sollten sie ihre Positionierungen hochfahren, könnte das Aktien ordentlich Rückenwind geben.

kjo Frankfurt

Investments in Aktien oder Bonds aus Schwellenländern (Emerging Markets) haben in den nächsten Monaten gute Perspektiven für eine solide Performance. Diese Einschätzung vertreten derzeit verschiedene Assetmanager. Sie verweisen darauf, dass die Emerging Markets beim Zinssenkungszyklus schon vor den meisten Industrieländern liegen. „In einigen Ländern Lateinamerikas haben die Notenbanker die Leitzinsen schon gesenkt. Konkret der Fall war das bereits in Brasilien, Chile, Kolumbien, Mexiko und Peru“, sagt Pascal Kielkopf, Kapitalmarktanalyst von HQ Trust. Die Gründe seien in der Entwicklung der lokalen Inflation zu finden. Um die Währung stabil zu halten, erhöhen die Zentralbanken der Schwellenländer bei steigenden Inflationsraten meist recht zügig die Zinsen. „In Brasilien etwa zog die Inflation bereits ab Sommer 2020 spürbar an. Als die Zentralbank im Februar 2021 begann, die Zinsen zu anzuheben, stand die Inflation bereits bei 5%.“ Im April 2022 habe sie mit 12% ihr Maximum erreicht und sei seitdem wieder deutlich zurückgekommen. Bei der ersten Zinssenkung im August 2023 lag die Inflation nur noch bei 4,5%.

EZB agiert wohl im Juni

In Europa haben mit Polen, Tschechien, Ungarn und der Schweiz zwar auch schon die ersten Länder Leitzinssenkungen gesehen. Aber bei der Europäischen Zentralbank (EZB) wird es erst im Juni mit der Zinswende nach unten so weit sein – so die einhellige Markterwartung. In den USA ist die erste Leitzinssenkung nach der Serie von Straffungen erst einmal aufgeschoben. Erst im zweiten Halbjahr rechnen Experten hier mit dem ersten Schritt der Fed. So sieht Christian Keller, Chefökonom bei Barclays, die US-Notenbank im September reagieren.

Die Emerging Markets bieten Chancen für eine Portfoliodiversifikation. „Schwellenländer können ein Engagement in Wirtschaftszyklen bieten, die sich deutlich von denen der entwickelten Märkte unterscheiden“, hält Arif Husain, Head of Fixed Income und Chief Investment Officer beim Vermögensverwalter T. Rowe Price, fest. Auch er verweist auf die Zinssenkungen der Notenbanken einiger Schwellenländer wie Brasilien oder Chile. Auch die unterschiedliche wirtschaftliche Struktur der verschiedenen Schwellenländer kann seiner Ansicht nach bedeuten, dass einige von makroökonomischen Trends profitieren können, die die meisten entwickelten Märkte belasten. Ein Anstieg der Energiepreise würde beispielsweise die Kreditwürdigkeit von Rohstoffexporteuren wie Kolumbien erhöhen, während Chile als weltweit größter Produzent dieses Metalls von den jüngsten Steigerungen der Kupferpreise profitiert habe.

Auch innerhalb der breiten Anlageklasse der Schwellenländeranleihen gebe es Möglichkeiten zur Diversifizierung. Der Sektor der ausländischen Staatsanleihen biete ein breites Spektrum an Bonität über mehr als 80 staatliche Emittenten, eine Vielzahl von hochwertigen Unternehmen und lokale Staatsanleihen ein Engagement bei den Zinssätzen. „Die Anleger können auch ein Währungsengagement als Bestandteil lokaler Schuldtitel und als weitere potenzielle Quelle für differenzierte Renditen einbeziehen“, so Husain.

Vor allem Unternehmensanleihen aus Schwellenländern würden eine hochwertige Möglichkeit bieten, sich in Unternehmen zu engagieren, die in ihren Branchen weltweit führend sind. „Darüber hinaus können Unternehmen, die von Backwarenherstellern bis hin zu Stahl- und Zementherstellern reichen, nicht nur auf ihrem Heimatmarkt, sondern auch auf den Märkten der Industrieländer eine bedeutende Präsenz haben.“ In einigen Fällen hätten Unternehmensemittenten aus Schwellenländern Kreditratings, die einer effektiven Obergrenze des entsprechenden Staates unterliegen. Dies führt dazu, dass Unternehmensanleihen ein niedrigeres Rating – und oft auch eine höhere Rendite – aufweisen, als es ihrer tatsächlichen fundamentalen Kreditqualität entspräche.

Starke Fehlbewertung

Aber nicht nur für Investments in Anleihen der Emerging Markets gibt es gute Gründe, sondern auch für die Aktien. Auch ihnen kommen stabile Währungen und Zinssenkungen, die die konjunkturelle Aktivität ankurbeln sollen, zugute. Die Aktienmärkte weisen attraktive Bewertungen auf. „Die Schwellenländer sind eine der am stärksten fehlbewerteten Assetklassen weltweit, wobei die Bewertungen im Vergleich zu den Aktien der Industrieländer weiterhin sehr attraktiv sind“, meint James Donald, Leiter der Emerging-Markets-Plattform von Lazard Asset Management. Auf der Grundlage eines Forward-Kurs-Gewinn-Verhältnisses würden die Schwellenländer mit dem 12,0-Fachen gehandelt, verglichen mit dem 18,9-Fachen für die entwickelten Märkte und dem 21,7-Fachen für die USA. Im Laufe der Zeit könne sich dieser Bewertungsabschlag gegenüber den Industrieländern von mehr als 30% aufgrund der insgesamt starken Fundamentaldaten der Emerging Markets zugunsten der Schwellenländer verringern. Er verweist auf ein stärkeres Gewinnwachstum, eine sich erholende Rentabilität, attraktive Free-Cashflow- und Dividendenrendite sowie einen sich ausweitenden Wachstumsvorteil.

Profitieren könnten Aktien aus Schwellenländern auch von einer Änderung der geringen Positionierung der Anleger. „Die Schwellenländer sind nach wie vor eine zu wenig beachtete Assetklasse“, so Donald. Globale Anleger seien nach Daten von J.P. Morgan nur zu 5,2% in EM-Aktien investiert. Eine Rückkehr zum Durchschnitt der vorigen 20 Jahre von 8,4% hätte Zuflüsse in Höhe von 912 Mrd. Dollar zur Folge, was etwa 62% des derzeit verwalteten EM-Aktienvermögens entspräche.