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Trump glättet die Wogen am EU-Gasmarkt

Während ein immer wahrscheinlicherer Wahlsieg Trumps in der europäischen Politik vor allem Stirnrunzeln auslöst, sorgt diese Perspektive am europäischen Gasmarkt für Entspannung, denn Trump dürfte den Genehmigungsstopp Bidens für LNG-Exportterminals sofort kippen.

Trump glättet die Wogen am EU-Gasmarkt

Trump glättet Wogen am EU-Gasmarkt

Kandidat dürfte nach seiner Wahl zum US-Präsidenten Genehmigungsstopp für amerikanische LNG-Exportterminals kippen

Während ein immer wahrscheinlicherer Wahlsieg Trumps in der europäischen Politik vor allem Stirnrunzeln auslöst, sorgt diese Perspektive am europäischen Gasmarkt für Entspannung, denn Trump dürfte den Genehmigungsstopp Bidens für LNG-Exportterminals sofort kippen.

ku Frankfurt

Ein Wahlsieg von Donald Trump in den amerikanischen Präsidentschaftswahlen am 5. November, der immer wahrscheinlicher wird, ist für viele Europäer nicht unbedingt das Wunschergebnis der Wahlen. Insbesondere viele europäische Politiker zeigen sich angesichts der sicherheitspolitischen Überzeugungen des Kandidaten von dieser Perspektive nicht besonders angetan. Es gibt jedoch in Europa das wichtige Segment der Energiemärkte, in dem ein erneuter Wahlsieg Trumps über den aktuellen Amtsinhaber Joe Biden Erleichterung auslöst. Es wird nämlich erwartet, dass Trump als Präsident gemäß den Vorschlägen der einflussreichen konservativen Heritage Foundation für sein Regierungsprogramm eine für die Sicherheit der europäischen Gasversorgung positive Entscheidung treffen würde.

Langfristige Perspektive

Im Blickpunkt steht dabei vor allem die langfristige Perspektive, denn kurzfristig ist die Versorgung der EU mit Erdgas gesichert, was in niedrigen Preisen resultiert. Am niederländischen virtuellen Übergabepunkt TTF ist die Megawattstunde Erdgas derzeit für 25,50 Euro zu haben. Auf dem Höhepunkt der europäischen Energiekrise im Jahr 2022 waren es zeitweise noch mehr als 300 Euro. Europa hat, auch bedingt durch die fortschreitende Deindustrialisierung in wichtigen Ländern wie Deutschland, 2023 rund 7% weniger Gas verbraucht als im Vorjahr. Zudem kündigt sich für 2024 ein gewisses Überangebot an, denn es werden im laufenden Jahr weltweit rund 60 neue Tankschiffe für verflüssigtes Erdgas (LNG) in Betrieb genommen. Diese Schiffe werden insbesondere auf der Verbindung zwischen den amerikanischen LNG-Terminals und Europa eingesetzt. Deutschland bezieht derzeit nicht weniger als 80% seines importierten LNG aus den USA. Da mögliche weitere Lieferanten aus dem Nahen Osten wie Katar oder auch aus Australien meist andere langjährige Kunden insbesondere aus Asien haben, können Deutschland und Europa von diesen Anbietern kaum etwas beziehen. Daher hat Russland nach wie vor eine nicht zu unterschätzende Rolle in der europäischen Gasversorgung, und zwar teilweise über die restlichen noch nicht zerstörten Leitungen, über direkte Lieferungen von LNG oder durch Lieferungen von Flüssiggas, die quasi umetikettiert werden und zumindest offiziell nicht als Lieferungen aus Russland gelten. Bekannt ist beispielsweise, dass Österreich noch 98% seines Gases aus Russland bezieht, wie die österreichische Energieministerin Leonore Gewessler jüngst zugegeben hat. Angesichts der nicht nachlassenden Konfrontation zwischen der EU und Russland müssen diese Lieferungen als unsicher gelten.

Europa und Deutschland sind also dringender denn je auf die USA als Lieferanten von LNG angewiesen. Daher schlug die Meldung wie eine Bombe ein, dass die Biden-Administration sämtliche Genehmigungsverfahren für Flüssiggasausfuhren aus den USA gestoppt hat. Es müssten erst neue Genehmigungskriterien erarbeitet werden, hieß es, was auf einen längerfristigen Stopp schließen lässt. Damit hat sich Biden einerseits dem Druck von Klimaaktivisten gebeugt. Andererseits wird aber auch vermutet, dass in der Auseinandersetzung der US-Bundesregierung mit Texas über die Zuwanderung an der Südgrenze der USA Druck auf den Bundesstaat ausgeübt werden soll.

Da Deutschland und Europa noch mehr russisches Gas durch Lieferungen vor allem aus den USA substituieren wollen, hat diese Entscheidung einen Donnerhall in der europäischen Politik ausgelöst. Gleichwohl ist der Gasmarkt derzeit auffällig entspannt. Dies dürfte vor allem daran liegen, dass, wie die Rohstoffexperten der Commerzbank anmerken, mit einem Machtwechsel in Washington die Entscheidung Bidens keinen Bestand haben dürfte. Die konservative amerikanische Heritage Foundation, einer der bedeutendsten Thinktanks in den USA, hat unter dem Namen "Project 2025" quasi bereits ein Regierungsprogramm für Donald Trump zusammengestellt. Die Stiftung hat auf der republikanischen Seite einen ähnlich großen Einfluss wie die Rand Corporation in Sachen Außen- und Sicherheitspolitik bei den Demokraten. Sie weist der Sicherheit der amerikanischen Versorgung mit (fossilen) Energien eine hohe Priorität zu und will auch die Exporte von LNG fördern, die bereits nach Berechnungen der Commerzbank 12% der US-Produktion ausmachen. Genehmigungsprozesse sollen vereinfacht oder ganz abgeschafft werden, was für einen Anstieg der Gasförderung in den USA sorgen dürfte. Als ein Ziel wird ausdrücklich genannt, dass neue Exportmärkte erschlossen werden sollen. Zudem sollen einige Abnehmerländer als bevorzugte Empfänger von US-Erdgas eingestuft werden – worauf sich Deutschland als enger amerikanischer Verbündeter im Ukraine-Krieg sicherlich Hoffnungen machen könnte. Ein stetiger Strom amerikanischen LNG-Flüssiggases könnte entscheidend dazu beitragen, die Preise am europäischen Gasmarkt langfristig in einem für die Verbraucher zumindest erträglichen Rahmen zu halten.

Blick auf den Aktienmarkt

Noch nicht endgültig geklärt ist indes, wie ein Wahlsieg Trumps am Aktienmarkt aufgenommen würde. Beide Bewerber für das Präsidentenamt nehmen jedenfalls die aktuelle Rally am US-Aktienmarkt für sich in Anspruch. Zumindest Biden hat mit Blick auf die expansive Fiskalpolitik der US-Regierung darauf ein gewisses Anrecht. Trumps zunehmend gute Wahlchencen haben die Hausse derweil zumindest nicht gestoppt. In der Vergangenheit waren demokratische Präsidenten oft besser für Aktionäre. Laut einer Untersuchung von Retirement Researcher legte der S&P500 unter ihnen in den vergangenen knapp 100 Jahren im Schnitt um 14,8% zu, bei Republikanern waren es nur 9,3%. Allerdings kam Trump selbst auf eine deutlich bessere Performance von rund 15%.

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