Devisenwoche

Unsicherheit drückt nigerianische Währung

Sinkende Industrieinvestitionen, schrumpfender Konsum aufgrund der hohen Inflation und eine rückläufige Ölproduktion verhindern eine stärkere Dynamik der Konjunktur.

Unsicherheit drückt nigerianische Währung

Devisenwoche

Unsicherheit drückt auf den Wert der Naira

Von Olivera Antonijevic*)

In der Vergangenheit hat die nigerianische Zentralbank die Landeswährung Naira stark reguliert. Mit der neu gewählten Regierung wurde auch ein neues Team an die Spitze der Notenbank berufen. Dieses hat nun das Wechselkurssystem flexibilisiert. Der Erfolg dieser Reform ist noch nicht ganz klar und sorgt auch bei den Anleger:innen für Unsicherheit.

Für die Bevölkerung Nigerias – rund 215 Millionen Einwohner:innen – stand das Jahr im Zeichen der Parlamentswahlen, die im Februar stattfanden und mit Präsident Bola Tinubu eine neue Regierung an die politische Spitze des Staates brachten. In einem Land, in dem es an wirtschaftlichen Perspektiven mangelt, ist mit der neuen Regierung für viele Nigerianer:innen die Hoffnung auf einen Neuanfang verbunden. Neben der großen Herausforderung, mehr in Bildung, Gesundheit und Infrastruktur zu investieren, sieht sich die neue Regierung mit einer anhaltenden Verschlechterung der Staatsverschuldung und der Staatseinnahmen konfrontiert. Nigeria gehört zwar zu den ölreichsten Ländern Afrikas, eine nachhaltige Belebung der Wirtschaft blieb jedoch bislang aus. Sinkende Industrieinvestitionen, schrumpfender Konsum aufgrund der hohen Inflation und rückläufige Ölproduktion verhindern eine stärkere Dynamik der Konjunktur.

Der Einfluss der Ölproduktion auf die nigerianische Handelsbilanz hat auch unmittelbare Auswirkungen auf die Geld- und Wechselkurspolitik der nigerianischen Zentralbank. Noch bis vor Amtsantritt
Tinubus wurde mit Kapitalkontrollen ein stark gesteuertes Devisenregime betrieben. Devisenbeschränkungen hatten schließlich zur Folge, dass Parallelmärkte entstanden, in denen die Kurse weit von den offiziellen Kursen abwichen. Die Abschaffung des bisherigen Wechselkurssystems gehört zu den bedeutenden Maßnahmen Tinubus. Bereits im ersten Monat der neuen Regierung wurde die Währung Naira für den Handel freigegeben. Infolgedessen wertete die Naira um 40% ab und glich sich kurzzeitig dem Parallelmarktkurs an. Unterstützt durch ein neues Team an der Spitze der Zentralbank, dürfte sich ein flexibles Wechselkurssystem langfristig positiv auf das Wirtschaftsprofil von Nigeria auswirken und den Weg für ausländische Investitionen ebnen. Aus aktueller Sicht aber werden mit der Wechselkursreform seitens der Anleger:innen noch Bedenken zum Ausdruck gebracht, die sich in einer stark schwankenden Naira widerspiegeln. Der Markt fordert mehr Klarheit und Transparenz in der Neuausrichtung der Devisen- und Geldpolitik. Insbesondere die Notwendigkeit zur Devisenstabilisierung bei derzeitigen Ölpreisen und Produktionsniveaus, während einer anhaltenden Devisenknappheit, die sich als Nebenprodukt der Devisenbeschränkungen ge­bildet hat, bereitet Sorgen. Die zuletzt angekündigten Änderungen der Zentralbank zu Währungs- und Preisstabilität dürften eine zukunftsweisende Orientierung bieten, um die hohe Inflation in den Griff zu bekommen und die angeschlagene Naira zu festigen.

Begrenzte Raffineriekapazitäten

Obwohl Nigeria der größte Rohölproduzent Afrikas ist, kann es von diesem Ressourcenreichtum nur beschränkt profitieren. Begrenzte Raffineriekapazitäten erfordern zusätzliche Treibstoffimporte, die vom Land subventioniert werden. Die Subventionen entsprechen in etwa 2% des BIP und stellen den größten Posten der Importe dar. Die Abschaffung der Treibstoffsubventionen ist eine weitere wichtige Maßnahme, die aber eine Verdreifachung des Benzinpreises und einen Preisanstieg von Nahrungsmitteln bis hin zu Transportkosten nach sich gezogen hat. Mit dem Wegfall hat sich die ohnehin hohe Inflation verschärft. Das stellt die konsequente Haltung der Regierung hinsichtlich der umgesetzten Reform infrage. Andererseits würde es eine enorme fiskalische Entlastung bedeuten und neue Spielräume schaffen. Außerdem wird mit Ende 2023 die Inbetriebnahme einer Mega-Raffinerie erwartet, die die inländische Nachfrage zum Großteil decken soll, so dass kaum noch Treibstoffimporte notwendig sein werden.

Mit der Währungsreform und der Abschaffung der Treibstoffsubventionen hat die neue Regierung wichtige Weichen für mehr Investitionen gestellt. Weitere Reformimpulse sind notwendig, um strukturelle Schwächen der nigerianischen Wirtschaft nachhaltig zu beheben. Das Spektrum an Aufgaben ist sehr groß. Die hohe Staatsverschuldung und das Budgetdefizit schränken den Handlungsspielraum für Änderungen ein. Gleichzeit ist zu beobachten, dass die Produktion von Rohöl, dessen Exporte den größten Teil der Wirtschaftsleistung Nigerias ausmachen, seit einigen Jahren rückläufig ist. Das offenbart, wie eingeschränkt Nigeria bei den Möglichkeiten ist, zusätzliche Einnahmen zu generieren. Die Gefahr einer nachlassenden Reformdynamik ist durchaus real; auch wenn der Wille der Regierung da ist, fehlt die Zuverlässigkeit, diese durchzuziehen. Für eine stärkere Währung braucht es neben der transparenten Kommunikation der Zentralbank auch Öleinnahmen. Diese Zielvorgabe wird derzeit nicht erfüllt und bringt die Naira weiter unter Druck. Das bringt Unsicherheit in den Markt. Zieht man zusätzlich die hohe Inflation und die angeschlagene globale Wirtschaft ins Kalkül, bleiben derzeit wenige Argumente für ein Investment. Zusammengefasst spricht das für eine moderate vorsichtige Betrachtung, auch wenn Nigeria ein Markt ist, der langfristig durchaus Chancen bieten kann.

*) Fondsmanagerin im Team „Anleihen, CEE & Global Emerging Markets“ bei Raiffeisen Capital Management