Vanguard setzt auf Verständlichkeit

Globaler ETF-Riese will auch in Deutschland zulegen - Marktwachstum ruft Regulierer auf den Plan

Vanguard setzt auf Verständlichkeit

Börsengehandelte Fonds (ETFs) werden auch in Europa stärker nachgefragt. Auch der vom ETF-Pionier John Bogle gegründete Riese Vanguard will in Deutschland zulegen, wie der für Kontinentaleuropa zuständige Vertriebschef Thomas Merz am Rande einer Konferenz in Frankfurt erklärte.Von Dietegen Müller, FrankfurtDer ETF-Riese Vanguard will in Europa und namentlich auch in Deutschland sein Geschäft ausbauen. “Wir sind erst seit knapp einem Jahr über unser Büro in Frankfurt/Main auch im deutschen Markt präsent, aber sehen bereits eine gute Nachfrage nach unseren Produkten”, sagt Thomas Merz, Vertriebsleiter für Europa (ohne Großbritannien) bei Vanguard, im Gespräch.Genaue Zahlen konnte Merz nicht geben, da im ETF-Markt jeweils nicht klar sei, wer – ausgehend vom Market Making – der Endkäufer ist. “Wir stellen aber fest, dass wir heute zu einer ganzen Bandbreite an Anbietern von Anlagelösungen sprechen, seien dies Versicherungen, Banken oder Sparplananbieter oder kleinere Regionalbanken.” Diese Kunden hätten sich über die vergangenen Jahre nach und nach für ETFs zu interessieren begonnen. “Unsere Philosophie ist Einfachheit, breite Diversifizierung, Verständlichkeit. Zugleich wollen wir nicht zu viele verschiedene Produkte im Portfolio haben”, so Merz am Rande einer gemeinsamen ETF-Konferenz des Finanzdatendienstleisters Bloomberg und Vanguards in Frankfurt.Angesprochen auf den Preisdruck meint der frühere UBS-Manager, es freue ihn, wenn der Markt günstigere Bausteine hervorbringen könne, und Vanguard sei bereit, hier mitzugehen. “Wir bieten zum Beispiel einen ETF auf den Global Aggregate Bond Index mit Währungsabsicherung in Euro zu 10 Basispunkten an”, sagte Merz. “Die Kosten lassen sich senken, wenn sich Skaleneffekte heben lassen”. Regional gebe es womöglich andere Konditionen, wenn etwa eine lokale Depotstelle genutzt werden müsse, da müsse dann erst Größe aufgebaut werden, damit sich auch kostendämpfende Effekte ergeben. “Sehr konservativ”Möglich sei auch eine Kostenminderung durch den Einsatz von Wertpapierleihe, doch gehe Vanguard hier sehr konservativ vor. “Wir machen nur in Aktien-ETF Aktienleihe und halten stets die Basiswerte im Fonds, replizieren also nicht Teile des Index oder den ganzen Index mit Derivaten.” Dementsprechend kann Merz der Diskussion über mögliche systemische Risiken der steigenden Zahl investierten Anlagevermögens in ETFs nicht zu viel abgewinnen. “Wenn ein ETF alle Vermögenswerte des nachzubildenden Index hält, sehe ich kein Problem, warum daraus eine Gefahr für die Marktstabilität erwachsen soll.”Die teilweise zu beobachtenden großen Preisdifferenzen zwischen ETFs und dem zugrundeliegenden Indizes seien markttechnischen Faktoren geschuldet und vor allem in den USA zu beobachten gewesen. “Solche Wertunterschiede können auftauchen, wenn ein Market Maker sich nicht richtig absichern kann, etwa weil das dazu notwendige Derivat gerade nicht handelbar ist, und deshalb höhere Geld-Brief-Spannen stellen muss”, sagte Merz. In Europa sei das Problem nicht vorhanden, da bei großen Marktschwankungen eine automatische Handelsunterbrechung zum Einsatz komme und dabei der Handel im Derivat genauso wie im ETF unterbrochen werden. “Dadurch sind Spill-over-Effekte auf den Aktienmarkt sehr unwahrscheinlich.”Während andere ETF-Anbieter bereits auf den Zug mit nachhaltigen Produkten aufgesprungen sind, ist Vanguard beim populärer werdenden Thema der ESG-Faktoren, also von Aspekten der Umwelt, des Sozialen und der guten Unternehmensführung, zurückhaltend, sagte Merz. Vanguard untersuche noch, ob sich ein Anlageerfolg damit verbinde. “Wir betreiben intern noch eine Untersuchung, ob das ESG-Thema tatsächlich einen Mehrwert bietet. Wir können es nicht vertreten, wenn wir ein Produkt auflegen, das dem Kunden ein falsches Versprechen gibt.” Andererseits nehme der ETF-Anbieter aber seine Rolle als Großaktionär bei vielen Unternehmen ernst und “engagiere” sich etwa in der Kommunikation mit dem Management. ReputationsrisikoDie ETF-Branche ist seit einiger Zeit verstärkt auf den Radar der Aufsicht geraten. Allein schon die wachsenden in ETFs verwalteten Gelder bringt die Sorge mit sich, dass daraus neue, womöglich nicht bekannte Risiken entstehen. Im Juni betrug laut Bloomberg das Marktvolumen in Europa rund 775 Mrd. Euro, davon 509 Mrd. Euro in Aktien-ETFs und 203 Mrd. Euro in Renten-ETFs. Die mögliche stärkere Regulierung sieht auch Sean Hagerty, Managing Director von Vanguard, als mögliches Risiko. Wenn Assets zu dünn geschnitten würden oder zu illiquid seien, berge dies Risiken, die die Reputation der gesamten ETF-Branche in Mitleidenschaft ziehen könnten, so Hagerty.Andererseits geht er von deutlich anziehenden Volumina aus, der Markt für Indexprodukte sei in Europa nur halb so groß wie in den USA. Dabei würden Portfolios mit einem Kern-ETF – also einem börsengehandelten Fonds auf einen breiten Index – nicht zuletzt auch deshalb eine bessere Performance erzielen, weil “Indexing Geduld hervorbringt”, so Hagerty. Es werde also konstanter und weniger transaktionsgetrieben investiert. “Die Revolution beginnt in Europa gerade erst.”