Rohstoffmärkte

Weizenpreis steigt weiter

Der Weizenpreis ist am Montag erneut gestiegen, nachdem das Ende des Schwarzmeerabkommens über die ukrainischen Getreideexporte in der vergangenen Woche bereits für einen Preissprung gesorgt hatte. Dabei haben die Preisavancen aber vor allem spekulativen Hintergrund, Weizenknappheit gibt es nicht.

Weizenpreis steigt weiter

Weizenpreis steigt weiter

Spekulativer Hintergrund – Weltweit genug Getreide verfügbar – Sanktionen belasten

Der Weizenpreis ist am Montag erneut gestiegen, nachdem das Ende des Schwarzmeerabkommens über die ukrainischen Getreideexporte in der vergangenen Woche bereits für einen Preissprung gesorgt hatte. Dabei haben die Preisavancen aber vor allem spekulativen Hintergrund, Weizenknappheit gibt es nicht.

ku Frankfurt

Die Entscheidung der russischen Regierung, das sogenannte Schwarzmeerabkommen über die Zulassung ukrainischer Getreideexporte über den Hafen Odessa nicht wieder zu verlängern und damit auslaufen zu lassen, hat zu deutlichen Preisreaktionen an den Terminmärkten für Getreide geführt. Am Montag gab es in Chicago beim Monatskontrakt für Weizen einen Preissprung von 5%, in der Vorwoche sogar von 10%.

Für besondere Sorgen sorgten zuletzt zwei Entwicklungen. So ist es bei russischen Bombenangriffen zu schweren Schäden der Infrastruktur in Odessa gekommen, so dass selbst eine theoretisch mögliche Einigung Russlands mit dem Westen zu keiner raschen Wiederaufnahme der Lieferungen führen würde. Außerdem warnt jetzt nicht nur Russland die Reedereien, ihre Schiffe zu Schaden kommen könnten, auch die Ukraine hat sämtliche Schiffstransporte in die russischen Schwarzmeerhäfen als Ziel deklariert.

Botschaft an Versicherer

Beide Regierungen zielen mit diesen Ankündigungen auf die Versicherer: Es ist völlig unmöglich, in einer derartigen Situation Schiffe für Fahrten in den betreffenden Gebieten zu versichern und keine Reederei würde ihre Schiffe ohne Versicherung auf den Weg schicken. Im Extremfall könnte es dazu kommen, dass nicht nur das ukrainische Getreide auf dem Weltmarkt ausfällt, sondern auch das russische, dessen Transporte zu einem großen Teil ebenfalls über das Schwarze Meer abgewickelt werden. Dies wäre allerdings ein Worst-Case-Szenario. So könnte beispielsweise der russische Staat Versicherungen für Schiffe anbieten und die Möglichkeiten der weitgehend zerstörten ukrainischen Marine, Schiffe im Schwarzen Meer anzugreifen, sind äußerst begrenzt.

Insbesondere westliche Regierungen haben mit Blick auf das Ende des Schwarzmeerabkommens betont, nun sei die Versorgung der Welt und insbesondere der armen Länder mit Getreide gefährdet, in vielen Ländern drohe eine Hungersnot. Die erste dieser beiden Aussagen ist eindeutig falsch, die zweite ist teilweise richtig, aber aus anderen Gründen als die von den Regierungen genannten. Weltweit gibt es ohne Zweifel mehr als genug Weizen. Das weltweit verfügbare Angebot, das sich aus aktueller Produktion und Lagerbeständen zusammensetzt, beträgt in der Saison 2023/24 nach Berechnungen von Refinitiv rund 1,05 Mrd. Tonnen. Dem steht ein Verbrauch von ziemlich genau 800 Mill. Tonnen gegenüber. Zwar fällt die geschätzte Produktion etwas geringer aus als der Verbrauch, aber es sind mehr als genug Lagerbestände vorhanden.

Zwar wird erwartet, dass die Ernte in der Ukraine in der aktuellen Saison nur noch 21 Mill. Tonnen beträgt, verglichen mit 33 Mill. Tonnen im der Saison 2021/22. Trotz des Ausfalls der Exporte über das Schwarze Meer fallen diese Mengen für den Weltmarkt aber nicht völlig aus, da nun große Mengen über Land zum rumänischen Hafen Constanta gebracht werden.  Über Constanta wurden in den ersten fünf Monaten des Jahres 12,2 Mill. Tonnen Getreide in alle Welt verschifft, ein Anstieg von 21% gegenüber Vorjahr. Experten schätzen, dass in der aktuellen Erntesaison bis zu 27 Millionen Tonnen ukrainischen Getreides über den rumänischen Hafen exportiert werden. Insofern dürfte klar sein, dass die deutlichen Anstiege der Preise für Weizen und auch andere Getreide an den großen Terminbörsen nicht auf Knappheit zurückzuführen sind, sondern einen spekulativen Hintergrund haben — was insbesondere für Chicago gilt, wo vornehmlich US-Getreide gehandelt wird. Gleichwohl könnte der Ausfall des Hafens Odessa zu Einbußen für die ukrainischen Produzenten führen, wozu aber ein anderer Faktor wesentlich beiträgt: Auf Drängen von Polen, Ungarn, der Slowakei, Rumänien und Bulgarien wird das EU-weite Importverbot für ukrainisches Getreide verlängert.

Schwierige Lage

Unbestritten ist, dass die Versorgungslage in den armen Ländern der Welt schwierig ist und dass in vielen dieser Staaten Hunger droht. Diese Länder waren aber gerade nicht Abnehmer ukrainischen Weizens über das Schwarze Meer. Gemäß UN-Daten sind 81% der Lieferungen im Rahmen des Abkommens entweder nach China oder in die westlichen Industrieländer gegangen, in der EU war Spanien als Abnehmer führend. Die armen Länder des globalen Südens leiden unter den Preissteigerungen. Vor allem aber macht ihnen zu schaffen, dass es teurer und schwieriger geworden ist, sich preisgünstigen Dünger für die eigene Getreideproduktion zu beschaffen. Für diese Länder waren Weißrussland und Russland wichtige Lieferanten von Dünger. Da aber auch die russischen und weißrussischen Banken, über die der Düngerhandel abgewickelt wurde, vom Westen aus dem Zahlungsnetzwerk Swift entfernt wurden, können die betroffenen Länder keinen Dünger mehr in Russland und Weißrussland kaufen. Die russische Regierung nennt dies als den Hauptgrund für die Kündigung des Abkommens. Damit nimmt die Nachfrage für Dünger aus anderen Quellen zu, was zu steigenden Preisen und Knappheit führt.

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