Bondmärkte

"Wir müssen den Social-Bond-Markt vorantreiben"

Die CEB als multilaterale Entwicklungsbank mit sozialer Ausrichtung ist auch im Bereich der Social Bonds sehr aktiv, und zwar bei den Social Inclusion Bonds. Diesen Markt wollen die Verantwortlichen in den kommenden Jahren vorantreiben.

"Wir müssen den Social-Bond-Markt vorantreiben"

IM INTERVIEW: FELIX GROTE

"Wir müssen den Social-Bond-Markt vorantreiben"

Europas multilaterale Entwicklungsbank ist in Social Inclusion Bonds sehr aktiv – Refinanzierung auf Euro und Dollar fokussiert – Rekord-Funding-Programm

Die CEB, Europas multilaterale Entwicklungsbank, ist sehr stark im Bereich der Sozialanleihen emissionsseitig engagiert und will dieses Marktsegment auch in den nächsten Jahren vorantreiben. Die Hauptrefinanzierungswährungen sind Euro und Dollar. In diesem Jahr stemmt das Haus ein Rekordrefinanzierungsprogramm.

Herr Grote, welchen konkreten Auftrag hat die CEB als multilaterale, europäische Förderinstitution?

Die CEB ist Europas einzige multilaterale Entwicklungsbank mit einer rein sozialen Ausrichtung. Ging es in den Anfangsjahren insbesondere um Hilfe für Flüchtlinge und Vertriebene, hat sich der Handlungsrahmen der CEB über die Jahrzehnte und in Abstimmung an die Erfordernisse unserer Mitgliedstaaten auf andere Kompetenzbereiche erweitert. Der heutige Auftrag lautet, durch die Förderung sozialer Investitionsprojekte den sozialen Zusammenhalt in Europa zu stärken. Ganz konkret bedeutet dies, dass die CEB soziale Projekte finanziert, die benachteiligten Menschen in den Bereichen Gesundheit und Sozialfürsorge, Bildung, Verwaltungs- und Justizinfrastruktur, historisches und kulturelles Erbe, sozialer Wohnungsbau, regionale Entwicklung, Natur- oder Umweltkatastrophen, Umweltschutz, KKMU-Finanzierung sowie Mikrofinanz zugutekommen. Die CEB ist dabei auch immer wieder in Krisensituationen gefordert, wie z.B. Covid 19, der Krieg in der Ukraine oder das Erdbeben in der Türkei.

Wer steht hinter der CEB, und wie hoch sind gezeichnetes und eingezahltes Kapital der CEB?

Die CEB wurde 1956 von acht Mitgliedstaaten des Europarats gegründet. Deutschland ist übrigens Gründungsmitglied und mit 16,4% des Eigenkapitals neben Frankreich und Italien einer der drei Hauptanteilseigner. Über die Jahre ist die CEB stetig an Mitgliedern gewachsen und gerade jetzt im Juni ist die Ukraine der CEB als 43. Mitgliedstaat beigetreten. Vor dem Hintergrund der aktuellen Krise und als Kernstück unseres neuen strategischen Entwicklungsplans 2023 bis 2027 haben unsere Mitgliedstaaten zudem Ende vergangenen Jahres einstimmig eine historische Kapitalerhöhung in Höhe von 4,25 Mrd. Euro beschlossen, davon 1,2 Mrd. Euro in Form von eingezahltem Kapital. Damit wird die CEB zukünftig eine noch aktivere Rolle bei der Bewältigung dieser und anderer sozialer Krisen spielen können.

Wie hoch ist das ausgereichte Kreditvolumen?

Per Ende vorigen Jahres hatte die CEB Kredite in Höhe von knapp 20 Mrd. Euro ausstehen und damit 5% mehr als im Vorjahr. 36 neue Projekte mit einem Kreditvolumen von 4,2 Mrd. Euro wurden allein 2022 genehmigt.

Wer sind Ihre größten Kreditnehmer?

Mit Blick auf das Gesamtportfolio liegen Spanien und Polen aktuell vorne. Deutschland steht mittlerweile mit 6% an fünfter Stelle, eine Entwicklung, die 2016 im Zuge der Flüchtlingskrise begann. Bezogen auf das vergangene Jahr gehörten Projekte in Italien, Polen, Spanien, Deutschland, der Tschechischen Republik und der Türkei zu den größten Empfängern von CEB-Krediten. Dazu zählen soziale Bauprojekte für Flüchtlinge oder Erdbebenopfer, Ausbildungsinitiativen oder Gesundheitsförderung.

Welche konkreten sozialen Ziele hat sich die CEB für die nächsten fünf Jahre gesetzt?

Für den Zeitraum 2023 bis 2027 verfolgt die CEB drei übergeordnete Ziele. Erstens: flexibel auf die sich abzeichnenden Herausforderungen im Bereich der sozialen Entwicklung und Integration reagieren; zweitens: Investitionen in die Unterstützung und Integration von Flüchtlingen und Migranten in ihren Aufnahmegemeinschaften; und drittens Unterstützung des Wiederaufbaubedarfs der sozialen Infrastruktur unseres neuen Mitglieds Ukraine. Mit dem Beitritt können wir nun auch direkt vor Ort soziale Projekte finanzieren.

Über welches Rating verfügt die CEB?

Mit dem Upgrade von Fitch zurück zu "AAA" sind wir seit vorigem Monat wieder mit dem Höchstrating von allen führenden Ratingagenturen ausgestattet. Hier hat sicherlich auch die erwähnte Kapitalerhöhung eine Rolle gespielt, sowohl finanziell als auch als Symbol der gewachsenen politischen Bedeutung der Bank. Die CEB kann nun gestärkt nach vorne schauen und ist damit auch für etwaige Projekte in der Ukraine bereit.

Wie hoch ist das diesjährige Refinanzierungsvolumen der Bank, und wo stehen Sie beim Funding-Fortschritt aktuell?

In diesem Jahr beläuft sich unser Funding-Programm auf 7 Mrd. Euro, ein Rekord im Vergleich zu den Vorjahren, 2020 standen wir noch bei weniger als 5 Mrd. Euro. Dank der wiederholt starken und breiten Unterstützung durch unsere Investoren sind wir aktuell schon zu 80% durchfinanziert. Generell ist unsere Vorgehensweise, bis zur Sommerpause mehr als zwei Drittel unseres jährlichen Refinanzierungsbedarfs zu decken.

Welcher Anteil der Refinanzierung entfällt auf Ihre Hauptwährung Euro, wie hoch ist das ausstehende Bondvolumen im Euro, und um wie viele Bonds handelt es sich dabei?

Sowohl Euro als auch Dollar sind unsere strategischen Hauptwährungen, in beiden bringen wir jeweils mindestens zwei Benchmark-Anleihen pro Jahr. Im Euro fokussieren wir uns auf sieben- sowie zehnjährige Laufzeiten und haben aktuell 21 Anleihen mit einem Gesamtvolumen von 17 Mrd. Euro ausstehen. Im Dollar liegt der Laufzeitenschwerpunkt bei drei sowie fünf Jahren und das ausstehende Volumen beträgt 7,5 Mrd. Dollar, verteilt auf acht Anleihen.

In welchen Währungen sind Sie außerdem auf der Funding-Seite aktiv?

Das restliche Funding-Programm teilen wir in unsere sogenannten Diversifizierungs- und Optimierungsmärkte auf, zu Ersteren gehören z.B. britisches Pfund, australischer Dollar oder Schweizer Franken, zu Letzteren Hongkong-Dollar oder die skandinavischen Währungen.

Welche sektorale Investorenverteilung haben Sie im Durchschnitt betrachtet im Euro und im Dollar?

Im Euro ca. 40% Banken/Treasuries, 30% Fondsmanager, 25% Zentralbanken und 5% Versicherungen/Pensionsfonds. Im Dollar ca. 45% Zentralbanken, 35% Banken/Treasuries, 18% Fondsmanager und 2% Versicherungen/Pensionsfonds. Wobei hinzuzufügen ist, dass die Unterschiede natürlich nicht nur währungs-, sondern auch laufzeitenbedingt sind. 

Und wie sieht es in diesen beiden Währungen mit der regionalen Verteilung Ihrer Investoren aus?

Im Euro ca. 80% Europa, 15% Asien und der Rest Amerika. Im Dollar jeweils ca. 25% Amerika und Asien, 40% Europa und 10% Naher Osten. Die unterschiedliche Verteilung war auch einer der Gründe, unsere Social Inclusion Bonds seit 2020 auch im Dollar zu begeben, seit vorigem Jahr auch im großvolumigen Format.

Nehmen Sie auch Private Placements vor?

PPs sind definitiv ein wichtiges Element unserer diversifizierten Refinanzierungsstrategie. Im vorigen Jahr hatten wir jedoch vermehrt Anfragen nach Aufstockungen ausstehender Anleihen, vor allem im Euro. Allgemein können wir auf Investorenanfragen sehr flexibel reagieren.

Die CEB gilt als Pionier der Social Inclusion Bonds. Können Sie dieses Instrument bitte kurz charakterisieren: Für welche Zwecke kommen die Gelder aus der Anleihe zum Einsatz?

Unsere Sozialanleihen, die wir in Anlehnung an unser Mandat Social Inclusion Bonds – SIB – nennen, begeben wir in der Tat schon seit 2017, nachdem wir ein Jahr zuvor in einer Arbeitsgruppe unter der Leitung der International Capital Market Association – ICMA – mit den Social Bond Principles zunächst die Rahmenbedingungen für diesen neuen Markt vorbereitet hatten. Als soziale Entwicklungsbank möchten wir mehr Visibilität für die soziale Komponente von Nachhaltigkeit schaffen. Die Gelder aus den SIB kommen in den folgenden Projektkategorien zum Einsatz: sozialer Wohnungsbau, Bildung, Unterstützung für MSMEs und Gesundheit – Letztere hatten wir im April 2020 in Hinblick auf Covid 19 hinzugefügt. Mit unseren SIB waren wir zudem im vergangenen Jahr die Ersten, die damit unsere Mitgliedstaaten bei der Aufnahme und Betreuung ukrainischer Flüchtlinge unterstützen. Dieses besondere Engagement wurde von der Fachzeitschrift "Environmental Finance" mit der Auszeichnung „Social Bond of the Year“ gewürdigt.

Wie hoch ist das Volumen der Social Inclusion Bonds der CEB aktuell, und was planen Sie noch für dieses Jahr und auch 2024?

2017 hatten wir mit einer – damals noch 500 Mill. schweren – jährlichen Euro-Anleihe begonnen, seit 2020 und als Reaktion auf Covid 19 begeben wir unsere SIB auch jährlich im Dollar, und seit diesem Jahr zudem in schwedischen Kronen sowie kanadischem Dollar. Schon 2022 war ein Rekordjahr für uns. Mehr als 34% unseres gesamten Refinanzierungsprogramms entfielen auf SIB. Alles in allem haben wir in den vergangenen sechs Jahren SIB für mehr als 8 Mrd. Euro begeben. Im vorigen Jahr haben wir zudem unsere jährliche Berichterstattung von Bond per Bond auf Portfoliobasis umgestellt. Dank dieser neuen Flexibilität erwarten wir, dass 2024 für unsere SIB wiederum ein gutes Jahr wird, inklusive Aufstockungen sowie neuer Währungen. Auch künftig wollen wir unserer Vorreiterrolle gerecht werden und die weitere Marktentwicklung mit nützlichen Innovationen begleiten, hoffentlich andere Emittenten dafür begeistern und letztlich dem Gesamtmarkt für Sozialanleihen zu neuem Wachstum verhelfen. Wir müssen den Social-Bond-Markt vorantreiben.

Das Interview führte Kai Johannsen.

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