Im InterviewSvein Aage Aanes, DNB Asset Management

„Wir werden in diesem Jahr Zinssenkungen erleben“

Svein Aage Aanes, Fixed-Income-Experte bei DNB Asset Management, geht im Interview der Börsen-Zeitung auf die Zinsaussichten der internationalen Märkte ein. Er erwartet ein gutes Anleihejahr.

„Wir werden in diesem Jahr Zinssenkungen erleben“

Im Interview: Svein Aage Aanes

„Wir werden in diesem Jahr Zinssenkungen erleben“

Fixed-Income-Experte von DNB Asset Management rechnet mit einem guten Anleihejahr 2024

Svein Aage Aanes, Fixed-Income Experte bei DNB Asset Management rechnet in diesem Jahr mit Leitzinssenkungen in den großen Währungsräumen. Auch bei den Bondrenditen geht er von Rückgängen aus. 2024 sollte seiner Ansicht ein gutes Anleihejahr werden, auch für skandinavische Unternehmensanleihen.

Das Interview führte Kai Johannsen.

Herr Aanes, die Akteure an den internationalen Rentenmärkten stellen sich in diesem Jahr auf Zinssenkungen der Notenbanken und sinkende Renditen an den Bondmärkten in vielen Ländern ein. Teilen Sie diese Ansicht?

Ja, ich erwarte, dass wir in diesem Jahr Zinssenkungen erleben werden. Die Inflation geht zurück, und die Volkswirtschaften haben sich abgekühlt. Ich glaube, dass die Zentralbanken den Fuß ein wenig von der Bremse nehmen werden, ohne in diesem Jahr zu einer expansiven Politik überzugehen, da sie sich mit der Stabilisierung der Inflation anfreunden können. Wahrscheinlich werden die Volkswirtschaften eine etwas weniger straffe Geldpolitik benötigen, um das Narrativ der sanften Landung zu untermauern. Bei den Renditen längerer Laufzeiten ist das Bild komplizierter, da die Märkte bereits relativ aggressive Zinssenkungen der meisten Zentralbanken eingepreist haben. Meiner Meinung nach ist das Marktumfeld für Anleihen recht positiv, da wir in eine Phase der Zinssenkungen eintreten, aber es ist durchaus möglich, dass wir auf dem Weg dorthin Rückschläge erleben, da die Zinssenkungen im vierten Quartal 2023 in den Erwartungen der Märkte bereits ziemlich weit vorverlegt wurden.

Erwarten Sie in diesem Jahr eine sanfte Landung oder eine ausgeprägte Rezession in den großen Volkswirtschaften?

Dies ist eine schwierige Frage, da die Begriffe nicht genau definiert sind. Es wäre eine große geldpolitische Leistung, wenn die Zentralbanken in der Lage wären, den ersten echten Test eines Inflationsschocks seit Einführung des modernen geldpolitischen Paradigmas zu überstehen, ohne die Volkswirtschaften in eine Rezession zu stürzen. Es wäre eine großartige Leistung, wenn die Glaubwürdigkeit der Zentralbanken bei der Inflationsbekämpfung erhalten bliebe und gleichzeitig die Wirtschaft ins Gleichgewicht käme. Und gegenwärtig sieht es ziemlich gut aus. Aber ich muss zugeben, dass ich immer noch den Verdacht habe, dass die kumulierten Auswirkungen der Zinserhöhungen der vergangenen zwei Jahre zu einem stärkeren Abschwung führen könnten, als die Märkte derzeit erwarten.

Wie beurteilen Sie die wirtschaftlichen Aussichten in den skandinavischen Ländern, d.h. in Norwegen und Schweden?

Das Wirtschaftswachstum in Norwegen hat sich im vorigen Jahr abgeschwächt und lag in den vergangenen Quartalen nahe bei null. Wir gehen davon aus, dass die norwegischen Wachstumsraten in der ersten Hälfte des Jahres 2023 in etwa auf diesem Niveau bleiben und dann gegen Ende des Jahres etwas ansteigen werden, da die Reallöhne anziehen und sich die Aussichten für die Verbraucher etwas verbessern. Schweden gehört – ebenso wie Deutschland – seit einiger Zeit zu den schwächeren Volkswirtschaften in Europa. In Schweden haben wir auch Probleme auf den Immobilienmärkten gesehen. Wir gehen davon aus, dass das Wachstum in Schweden in der ersten Jahreshälfte 2024 schwach bleiben und im Gesamtjahr gegen null tendieren wird.

Welche Politik erwarten Sie vor diesem Hintergrund von der Norges Bank und der Riksbank?

Wir erwarten Zinssenkungen sowohl von der Riksbank als auch von der Norges Bank in diesem Jahr. Es ist recht wahrscheinlich, dass die Riksbank vor der norwegischen Zentralbank handeln wird. Unserer Ansicht nach könnte es gut möglich sein, dass im zweiten Quartal die erste Zinssenkung der Riksbank ansteht. In Norwegen werde ich wohl bis Ende des zweiten Quartals warten müssen, um eine erste Senkung zu sehen.

Wie sind vor diesem Hintergrund die Aussichten für norwegische und schwedische Staatsanleihen?

Die Aussichten für Anleihen im Allgemeinen, einschließlich norwegischer und schwedischer Staatsanleihen, sind recht annehmbar. Wir befinden uns in der Übergangsphase von Zinserhöhungen zu Zinssenkungen, und in solchen Phasen tendieren Anleihen zu einer recht starken Performance. Natürlich gibt es Risiken für kurzfristige Rückschläge aufgrund der sehr starken Performance im vierten Quartal 2023, aber ich denke, dass die Wahrscheinlichkeit für ein starkes Anleihejahr gut ist.

Wo sehen Sie die Renditen zehnjähriger norwegischer und schwedischer Staatsanleihen zur Jahresmitte und zum Ende dieses Jahres?

Glücklicherweise geben wir normalerweise keine Punktschätzungen für Anleiherenditen ab – wir tendieren eher dazu, die Wahrscheinlichkeiten verschiedener Ergebnisse zu betrachten. Aber ich bin bereit, eine Ausnahme zu machen, und dann wäre meine Schätzung 3,5% für die norwegische und 2,25% für die schwedische Zehnjahresrendite am Ende des zweiten Quartals. Für Ende 2024 würde die Schätzung 3,25% und 2% für die norwegische bzw. schwedische Rendite betragen. Ich rate jedoch jedem, diese Art von Schätzung mit Vorsicht zu genießen, denn es ist schon schwierig genug, die Richtung, wenn nicht gar die genauen Werte zu bestimmen.

Welche Emissionstätigkeit erwarten Sie auf dem norwegischen Markt für Unternehmensanleihen in den kommenden Monaten?

Das Jahr 2024 hat auf der Emissionsseite recht stark begonnen, und wir gehen davon aus, dass sich dies fortsetzen wird. Wir gehen nicht davon aus, dass 2024 ein Rekordjahr sein wird, wenn man den Finanzierungsbedarf der Banken etc. betrachtet. Aber wir glauben, dass dieses Jahr im Allgemeinen ein recht starkes Emissionsjahr sein wird.

Für welche Sektoren des norwegischen Marktes für Unternehmensanleihen sind Sie positiv gestimmt?

Die Credit Spreads für norwegische Unternehmen sind meiner Meinung nach recht attraktiv. Gegen Ende des vorigen Jahres kam es zu einer Spread-Einengung, aber die Spreads sind im Vergleich zu den historischen Niveaus immer noch recht ordentlich, und wir glauben, dass wir in diesem Jahr eine weitere Spread-Einengung erleben werden. Auf dem Investment-Grade-Markt sehen wir den Immobiliensektor als interessanten Sektor an, da sich die Credit Spreads für Unternehmen in diesem Sektor im Jahr 2022 erheblich ausgeweitet haben und immer noch recht hoch sind. Immobilien sind auch ein interessanter Sektor auf dem Hochzinsmarkt, ebenso wie diversifizierte Finanztitel.

Welche aktuellen Renditen und Spreads können Anleger derzeit im Durchschnitt im Investment-Grade- und High-Yield-Sektor erzielen?

Bei Hochzinsanleihen liegt die Rendite bei etwa 10%, und die Credit Spreads liegen derzeit im Durchschnitt bei etwas über 600 Basispunkten. Dabei ist zu beachten, dass sowohl die Zins- als auch die Kreditduration recht kurz sind, wobei die Zinsduration etwa ein Jahr und die Kreditduration etwa zwei Jahre beträgt. Bei Investment-Grade-Anleihen läge die Rendite bei etwas über 5% und die Kreditspanne je nach Produkttyp bei 130 bis 150 Basispunkten.

Und welche Sektoren werden sich auf dem norwegischen Markt für Unternehmensanleihen eher unterdurchschnittlich entwickeln?

Bei den Investment-Grade-Anlagen sehen die meisten Sektoren im Vergleich zu den historischen Spread-Niveaus doch recht gut aus. Auf dem Markt für Hochzinsanleihen können wir beobachten, dass Öldienstleister und einige Teilsektoren der Schifffahrt nach zwei Jahren starker Performance recht teuer geworden sind. Angesichts der geopolitischen Entwicklungen könnten diese Sektoren weiterhin gut abschneiden, aber die Credit Spreads bieten keinen großen Puffer für Überraschungen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.