Kapitalmarktausblick

Zinssenkungen im Juni erwartet

Die Deutsche Bank geht in ihrem Kapitalmarktausblick 2024 davon aus, dass EZB und Fed im Juni erstmals die Leitzinsen senken werden. Am Aktienmarkt seien die "Magnificent 7" weiter eine gute Investition. Bei der aktuellen Budgetkrise des Bundeshaushalts sieht die Bank bereits einen möglichen Ausweg.

Zinssenkungen im Juni erwartet

Zinssenkungen im Juni erwartet

Deutsche Bank sieht in Kapitalmarktausblick gute Chancen für die wichtigsten Assetklassen

Die Deutsche Bank geht in ihrem Kapitalmarktausblick 2024 davon aus, dass EZB und Fed im Juni erstmals die Leitzinsen senken werden. Am Aktienmarkt seien die "Magnificent 7" weiter eine gute Investition. Bei der aktuellen Budgetkrise des Bundeshaushalts sieht die Bank bereits einen möglichen Ausweg.

Von Tobias Möllers, Frankfurt

Trotz eines geopolitischen und ökonomischen Umfelds, das auch 2024 herausfordernd bleiben dürfte, sieht die Deutsche Bank in ihrem Kapitalmarktausblick gute Aussichten für die wichtigsten Anlageklassen: „Bis Ende 2024 erwarten wir hohe einstellige Renditen bei Aktien und Anleihen“, erklärte Chefanlagestratege Ulrich Stephan.

Für das erste Halbjahr geht das Institut allerdings von einer Rezession in den Industrieländern aus. Dies gelte auch für die USA, wo die Rezession aber „eher kurz und nicht sehr tief“ ausfallen werde. Dennoch: „Die Weltkonjunktur im ersten Halbjahr sieht nicht so wirklich toll aus“, führt Chefvolkswirt Stefan Schneider aus.

Mit Blick auf das gesamte Jahr gehen die Fachleute der Deutschen Bank davon aus, dass die US-Wirtschaft 2024 um 0,6% und die Eurozone um 0,2% wachsen wird. Für Deutschland erwartet die Bank dagegen - nicht zuletzt aufgrund der Folgen des Verfassungsgerichtsurteils zum Haushalt - ein Minus: „Das BIP dürfte im kommenden Jahr erneut leicht um 0,2% sinken“, erwartet Schneider. Es wäre der zweite BIP-Rückgang in Folge.

Ausführlich äußerte sich Chefvolkswirt Schneider zu dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts und dessen Folgen für den Bundeshaushalt: Das Urteil könne zu einer Lücke von etwa 50 Mrd. Euro im Bundeshaushalt 2024 führen. Ein Teil dieser Lücke könne durch Einsparungen aufgefangen werden, aber eben nicht der volle Umfang. Während die Ampel-Koalition in Berlin noch nach Lösungen sucht und die Union poltert, malt Schneider schon ein Bild für die Zukunft: Ein „Transformationsfonds 2.0“, analog zum „Sondervermögen Bundeswehr“, und zwar „unter Einbeziehung der Union“ könne der Ausweg aus der Budgetkrise sein. Mit einer „klaren Zweckbindung“ sei ein solcher Fonds die wahrscheinlichere Lösung für das Dilemma als eine Reform der Schuldenbremse - für die ebenfalls eine Zustimmung der Union benötigt würde. Eine solche Einigung zwischen Ampel und Union könne den kontraktiven Impuls des Urteils um etwa die Hälfte auf einen halben Prozentpunkt des BIP reduzieren.

Obwohl die Deutsche Bank davon ausgeht, dass die Inflation auch mittelfristig eher über als unter 2% liegen wird, erwartet das Institut zur Jahresmitte Leitzinssenkungen. Wohl mit Blick auf die später gestarteten Zinsanhebungen in Europa spricht die Bank von Fed-Zinssenkungen „erst“ im Juni und EZB-Zinssenkungen „schon“ im Juni. „Wir glauben, dass die Fed den Leitzins zur Jahresmitte um 175 Basispunkte senken wird“, erklärt Schneider. In der Eurozone erwartet die Deutsche Leitzinssenkungen um je 100 Basispunkte in den Jahren 2024 und 2025.

Politisch sieht die Deutsche Bank das „größte Wahljahr in der Geschichte“ auf uns zukommen. Neben den Präsidentschaftswahlen in den USA und den Europawahlen stehen auch Urnengänge in so unterschiedlichen Ländern wie Portugal, Österreich, Finnland, Indien, Russland und Taiwan auf der Agenda. 41% der Weltbevölkerung in 40 Ländern sind zur Wahl aufgerufen.

„Endlich mal wieder Renditen“

Was bedeutet all dies nun für das Portfolio? Chefstratege Stephan freut sich zunächst über die Entwicklung am Anleihemarkt: „Es gibt endlich mal wieder Renditen.“ Die Deutsche Bank halte sich hierbei eher bei Investment Grade als bei High Yield auf und bevorzuge Unternehmens- gegenüber Staatsanleihen. Grundsätzlich seien Anleihen nach diesem beeindruckenden Comeback wieder ein vollwertiger Bestandteil des Anlageuniversums. Investment Grade-Anleihen böten interessante Realrenditen bei niedrigen Ausfallquoten. Bei High Yields sei die Deutsche dagegen „etwas vorsichtig“.

Geradezu ins Schwärmen gerät Stephan, als die Sprache auf den Aktienmarkt und die „Magnificent 7“ (Alphabet, Amazon, Apple, Meta, Microsoft, Nvidia und Tesla, Anmerkung der Redaktion) kommt: „Man kann aus den Magnificent 7 gar nicht rausgehen!“ Diese Unternehmen seien nicht verschuldet, wachsen weiterhin, KI verspreche neues Potenzial, sodass diese hochprofitablen Wachstumsaktien zu Recht so hoch bewertet seien und wie eine selbsterfüllende Prophezeiung weiter wachsen würden.

In Europa positioniert sich die Deutsche Bank aber auch bei Value-Titeln. Die Bewertung etwa von Industrieunternehmen sei aktuell deutlich niedriger als in den USA. Europäische Aktien seien im historischen Vergleich und relativ zu anderen Märkten interessant bewertet. Optimistisch zeigte sich Stephan auch mit Blick auf den japanischen Markt, den immer noch relativ moderate Bewertungen kennzeichnen würden. Auch seien japanische Aktien eine gute Möglichkeit, um indirekt an den Wachstumschancen Chinas zu partizipieren. Beim Reich der Mitte selbst ist Stephan dagegen vorsichtig. Das Sentiment sei komplett gegen China, sagte er mit Blick auf die Immobilienkrise und die Spannungen mit den USA. Chinesische Aktien seien zwar preiswert, ein Investment erfordere aber sehr viel Mut.

Grundsätzlich sieht Stephan am Aktienmarkt ein Aufwärtspotenzial von knapp 10%. Das Kursziel beim Dax setzt er für Ende 2024 trotzdem eher bescheiden bei 16.600 Zählern. Diversifizierung werde in Zukunft eine noch deutlich größere Rolle spielen als in der Vergangenheit.

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