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Jetzt wird’s kleinteilig

Die lang ersehnte Zinswende bringt viele Sparkassen und kleine Banken ins Rotieren.

Jetzt wird’s kleinteilig

Deutschland kann keine Krise? Von wegen. Corona, Inflationsschock, Krieg in der Ukraine, das Ende des billigen Gases und nun auch noch das Ende des Immobilienbooms – mit immer höherer Schlagzahl scheint sich ein externer Schock an den anderen zu reihen. Und jedes Mal wieder stellt sich jeder, der die bedrohliche Erfahrung der Finanzkrise von 2008/09 miterlebt hat, die Frage, ob die Banken nun wieder ins Wanken geraten, eine neue Kernschmelze droht.

Im Fall der Pandemie ist es nicht so weit gekommen. Das mag auch daran gelegen haben, dass man die volkswirtschaftlichen Risiken der aufgrund ihrer Neuartigkeit besonders unheimlichen Krankheit zunächst überschätzte. Vor allem aber setzten die Bundesregierung und Notenbanker alles daran, die Folgen für die Unternehmen abzufedern.

Im Falle der darauffolgenden Schocks ist dies ungleich schwieriger. Zumindest mit Blick auf die Rückkehr der Inflation ist die seit der Finanz- und darauffolgenden Staatsschuldenkrise ge­pflegte und während der Coronakrise verstärkte ultralockere Geldpolitik eine der Ursachen. Die Geldpresse weiterlaufen zu lassen, verbietet sich daher, auch wenn den Unternehmen angesichts der explodierenden Energiepreise die Freude an Investitionen vergangen ist.

Wer nun aber aus dem im vergangenen Jahrzehnt im Bankensektor angestimmten Klagelied über die fatalen Folgen der nie­drigen und negativen Zinsen für das Geschäft ableitet, dass der Branche nun goldene Zeiten bevorstehen, der irrt. Zwar kommen die steigenden Zinsen den Banken und Sparkassen mittel- bis langfristig zugute, wie der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Mark Branson, am Montag anlässlich der Vorstellung des Risikoberichts seiner Behörde einräumte. Zunächst aber treiben die Aufseher jedoch die Anpassungsschwierigkeiten in Teilen der Branche infolge der abrupten geldpolitischen Wendung um.

Vergleicht man die Lage mit der Situation vor dem großen Bankenbeben, fällt die komfortable Kapitalausstattung auf, mit der insbesondere die großen Banken aufwarten können. 15 Jahre beherzte, manche sagen auch übertriebene Regulierung des Bankensektors haben ihre Wirkung nicht verfehlt. Die großen Finanzkonzerne haben nicht nur genügend Kapital, um einen Konjunktureinbruch überstehen zu können, sondern verfügen auch über mehrfachen Stresstests unterzogene Geschäftsmodelle, die sie weniger krisenanfällig machen.

Weniger rosig sieht die Lage offenbar bei den kleineren Instituten aus, den Regionalbanken, Sparkassen und Kreditgenossen. Hier fürchtet die Aufsicht in den kommenden Monaten die eine oder andere unangenehme Überraschung. Nachdem die Zinswende den Anleihemarkt hat abstürzen lassen, belasten die Wertpapiere in den Beständen insbesondere die Profitabilität. Insbesondere dort, wo an der Absicherung des Zinsrisikos gespart wurde. 2022 konnte dies nach Angaben der BaFin durch die Bewertungsreserven aufgefangen werden. Doch kommt der Anstieg der Kreditausfälle, könnte es eng werden. Die Arbeit der Wirtschaftsprüfer und Bankenaufseher wird äußerst kleinteilig werden müssen, um Gefahren rechtzeitig zu erkennen.

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