Rentensysteme

Allianz bescheinigt deutschem Rentensystem nur Mittelmaß

Nur wenige Länder haben ein Rentensystem, das nachhaltig und angemessen ist. Im globalen Allianz-Rentenreport belegt Deutschland nur einen Platz im oberen Mittelfeld. Die Zeit, nachzujustieren, wird knapp, mahnen die Studienautoren.

Allianz bescheinigt deutschem Rentensystem nur Mittelmaß

Allianz-Studie mahnt global Rentenreformen an

Deutsches System im oberen Mittelfeld – Votum für eine „starke kapitalgedeckte Säule“

ba Frankfurt

Das deutsche Rentensystem ist Mittelmaß – wenn auch einer Allianz-Studie zufolge noch im oberen Bereich. Allerdings werde angesichts des demografischen Ausblicks die Zeit knapp, nachzujustieren. Denn bis 2050 werde der Altersquotient auf 53,6% steigen, das heißt, für jeden über 65-Jährigen stehen dann weniger als zwei Personen im Alter zwischen 15 und 64 zur Verfügung. Angesichts dieser Entwicklung sei Durchwursteln keine Option mehr, mahnt Michaela Grimm, Mitautorin des Allianz Global Pension Report 2023. „Deutschland braucht den großen Rentenwurf“, fordert sie. „Die sogenannte Aktienrente in ihrer jetzigen Form ist es leider nicht.“ Vielversprechender wäre es, konsequent die zweite (betriebliche) und dritte Säule (private Altersvorsorge) auszubauen. Noch eine verschenkte Legislaturperiode in Sachen Rentenreform könne sich Deutschland nicht leisten.

In der zweiten Ausgabe des Reports nach 2020 hat die Allianz mit Hilfe des „Allianz Pension Index“ (API) Nachhaltigkeit und Angemessenheit von 75 Rentensystemen rund um den Globus analysiert. Der Indikator besteht aus drei Säulen: Analyse der demografischen und fiskalischen Ausgangslage sowie Bestimmung der Nachhaltigkeit (z. B. Finanzierung und Beitragszeiten) und Angemessenheit (z. B. Verbreitungsgrad und Rentenhöhe) des Rentensystems. Insgesamt wird aus 40 Parametern eine gewichtete Summe zur Bewertung des jeweiligen Systems in einer Gesamtnote erstellt, die Werte reichen von 1 (sehr gut) bis 7 (sehr schlecht).

Die Gesamtnote aller untersuchten Rentensysteme von 3,6 – kaum mehr befriedigend – ist der Allianz zufolge nur eine kleine Verbesserung im Vergleich zur ersten Analyse 2020. Dies sei wegen des in den meisten Ländern deutlich eingeengten Spielraums durch Corona, Krieg und Energiekrise wenig überraschend, aber auch sehr enttäuschend. „Die Arbeit auf der Rentenbaustelle kommt nicht voran“, heißt es. Nur wenige Länder – wie etwa Frankreich mit einer Note von 3,4 oder China (3,2) – hätten mit Reformen ihr Scoring deutlich verbessert. Die wenigen Rentensysteme, die heute gut dastehen, hätten eine Sache gemeinsam: „Sie haben die Weichen sehr früh auf Nachhaltigkeit gestellt“ und könnten daher als Vorbild für viele Entwicklungsländer gelten, die ebenfalls noch über ein Zeitfenster zur Stabilisierung ihrer Rentensysteme verfügten. Während sich die politischen Entscheidungsträger in den Industrieländern mehr um Nachhaltigkeit sorgten, seien die Politiker in vielen Schwellenländern mit der wichtigen Aufgabe konfrontiert, die Reichweite des Rentensystems überhaupt erst zu erweitern. Nur acht Länder weisen eine Gesamtnote von 3,0 oder besser auf: Spitzenreiter ist Dänemark (2,2), gefolgt von Schweden und den Niederlanden mit einer Note von je 2,6. Am Ende der Tabelle rangieren mit einem Score von je 4,7 der Libanon und Sri Lanka.

Ein ideales, also nachhaltigeres und angemesseneres Rentensystem ist laut Studie in Reichweite – wenn eine starke
kapitalgedeckte Säule vorhanden sei. In vielen Ländern müssten die Rentenreformen mit Reformen des Jobmarktes be­ginnen: Ohne eine Erhöhung des Anteils am formellen Arbeitsmarkt in den Schwellenländern und mehr Integration älterer Arbeitnehmer in den Jobmarkt
in den Industrieländern „werden selbst gut gemeinte Rentenreformen nur magere Ergebnisse bringen“, mahnt die Allianz.